Ausgabe 21: Simon Hartmann

Artikel als PDF herunterladen In der nordenglischen Grafschaft Yorkshire thront über dem Wear-Fluss die Kathedrale zu Durham. Viele Kämpfe hat dieses Gotteshaus „half Church of God, half castle ›gainst the Scot” schon erlebt. Eines der bunten Kirchenfenster ist der Royal-Air-Force gewidmet und thematisiert die „Schlacht von England“. Aus vielen farbenprächtigen Flachglas-Teilen setzt sich das Bild eines Air-Force-Piloten zusammen, der auf einem schwarzen Falken steht – ein Sinnbild für die Jagdflugzeuge aus der Hawker-Reihe. Er wird von einem Erzengel gehütet. Unter den Fittichen von Falke, Soldat und Engel ruht in Sicherheit die Stadt Durham. Die hier gezeigte Einheit von Bürgerschaft, Armee und göttlichem Schutz illustriert, dass viele Gesellschaften so ganz anders von ihren Streitkräften denken als die deutsche. Viele dieser Eindrücke habe ich auf meinen Reisen im Ausland gesammelt. Sie haben für mich ein Bild geprägt, wie eine demokratische, moderne Armee aussehen sollte. In diesem Essay möchte ich, wie bei einem Mosaik, die unterschiedlichen Erfahrungen zusammenfügen und so die Gesamtidee greifbarer machen. Das mag gerade in diesen Tagen der „Zeitenwende“ eine lohnende Aufgabe sein. ISTANBUL Ein für mich einschneidendes Ereignis waren die Geschehnisse um den türkischen Putschversuch vom 15. Juli 2016, die ich vor Ort als Student miterlebte. Kampfjets der Putschisten jagten so schnell und tief über die Dächer der Häuser, dass sie die Schallmauer durchbrachen, und wir alle dachten: Die Stadt wird bombardiert. Schlecht bewaffnete Zivilist:innen strömten in heldenhafter Courage auf die öffentlichen Plätze, um ihre Republik zu verteidigen. Diese Tage waren eine grollende Warnung für jede liberale Demokratie. Gleiches gilt für die völkerrechtswidrige Invasion in Nordsyrien. Über die Fähigkeiten der türkischen Armee hingegen bin ich immer wieder erstaunt: Sie ist nicht nur zweitgrößte Truppenstellerin in der NATO, auch qualitativ leistet sie einen wichtigen Beitrag zum Bündnis. Als die meisten anderen westlichen Staaten kopflos aus Afghanistan geflohen waren, sicherten kurz darauf türkische Soldaten den Flughafen von Kabul. BOCHUM Mit einem deutschen Afghanistan-Veteran habe ich oft über die Bundeswehr diskutiert. Trotz mancher Debatten über „Haltungsprobleme“ und die mangelhafte Technik hat er mich gelehrt, das Gründungsideal der Bundeswehr zu schätzen: Eine Armee aus Staatsbürger:innen in Uniform, die nur in strengsten Ausnahmefällen unsere Plätze im Inland betritt, und der sich jeder entziehen kann, wenn sein Gewissen es befiehlt. Das ist für mich eine einzigartige Eigenschaft der deutschen Streitkräfte. Denn die Parlamentsarmee will fest umgürtet sein mit dem gesellschaftlichen Band, das freiheitlich-demokratische Grundordnung heißt. DURHAM Die schmerzliche Stimmung im Gottesdienst erinnerte mich an Karfreitag. Der „Remembrance Day“, mit dem die britische Gesellschaft ihrer toten Soldat:innen gedenkt, wurde in meiner englischen Kirchengemeinde voller Anteilnahme zelebriert. Der Prediger berichtete von einem Scharfschützen aus unserer Mitte, der nach seinem Einsatz im Irak ständig über seine Rolle als Herr über Leben und Tod grübeln müsse und dessen Seele daran zu zerbersten drohe. Schon in den Wochen vor dem Feiertag hatten sich die sonst so verfeindeten Politiker:innen beider Lager die stilisierte Mohnblume ans Revers geheftet. Ich sah das Zeichen der Solidarität in Schaufenstern, auf der Straße, oft im Fernsehen. Die britische Gesellschaft debattiert jeden November aufs Neue all die großen ethischen Fragen der Friedenspolitik und hinterfragt ganz konkret die Kriegsziele aktueller Konflikte. Die deutsche Öffentlichkeit übte sich bisher bei diesen Themen in Ignoranz. BRÜSSEL Während meiner Traineezeit bei der EU Kommission lernte ich viele Kolleg:innen kennen, die im NATO-Hauptquartier arbeiteten. Unter all den Organisationen, die in der europäischen Hauptstadt tätig sind, ist die NATO für mich das größte, aber auch fragilste Wunder. Männer und Frauen in Zivil oder Uniform arbeiten hier miteinander, man spricht unterschiedliche Sprachen, bringt die besten Eigenschaften verschiedener Disziplinen zusammen, schafft tagtäglich durch diese Vielfalt ein Stück der transatlantischen Identität. Doch all das beruht nur auf dem guten Willen der Nationen – und bis vor kurzem diskutierte man in den Hauptstädten ernsthaft die Abwicklung des Bündnisses. Es ist symbolhaft, dass das neue Hauptquartier trotz des eisernen, trutzigen „NATO Stars“ am Fahnenplatz vor allem aus zerbrechlichem Glas und filigranem Stahl zu bestehen scheint. Wie also soll die Idee jener Bundeswehr, die ich mir für die Zukunft vorstelle, zusammengefügt sein? Welches Gesamtbild ergibt sich aus den einzelnen Mosaiksteinen? Dem türkischen Vorbild sollten wir nur ganz punktuell folgen: Wir müssen mehr in den Militärhaushalt investieren. Unser Kriegsgerät muss auf dem neusten Stand der Technik sein. Vor allem die digitale Abwehr muss gestärkt werden.Unsere Gesellschaft muss lernen, sich, wie die Briten, mit dem Krieg politisch zu befassen: Kriegspolitik muss sich immer neu begründen. Veteranen verdienen unsere Anerkennung. Kein Soldat, der nach einem freien Tag mit der Bahn zur Kaserne fährt, soll lange grübeln müssen, ob er sich in Uniform zeigt.In Brüssel spürt man die starke Beziehung von Bundeswehr und NATO: Wenn uns Afghanistan etwas gelehrt hat, dann doch dass alle europäischen Initiativen zum Ziel haben müssen, die NATO zu stärken. Wir dürfen daneben keine neue, aber schwächere Allianz errichten. Gleichzeitig kann die Bundeswehr viel von der Diversität der NATO lernen. Denn hier zeigt sich, dass Vielfalt eine Stärke ist.Bei allen Reformen soll die Bundeswehr fest zu ihren Gründungsideen stehen: Die Armee sei beseelt von dem liberalen Ethos unserer Demokratie. Denn das ist der stärkste Schild, wie Karl Popper sagen würde, der offenen Gesellschaft vor ihren Feinden.

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