Der Deutsche Bauernverband (DBV) ist ein mchtiger Lobbyverband mit engen Beziehungen zur Politik. Dies ist historisch mit der Entwicklung in der alten BRD zu erklren. Der Landwirtschaft kam nach dem 2. Weltkrieg eine herausragende Rolle zur Sicherstellung der Ernhrung der Bevlkerung zu. Entsprechend gro war die Bedeutung der Bauern in den Drfern. Sie waren zudem vielfach engagiert in Vereinen, bei der Feuerwehr, in Gemeinderten, Kommunal- und Landesparlamenten bis hin zum Bundestag. Und sie waren allesamt Mitglied im Deutschen Bauernverband. Vertreter des Bauernverbandes saen demzufolge an den Schaltzentralen der Macht und bestimmen ber Jahrzehnte die Agrarpolitik entscheidend mit. Selbst heute noch werden Prsidenten des Bauernverbandes als Landwirtschaftsminister vereidigt wie jngst Werner Schwarz in Schleswig-Holstein. Im Laufe der Zeit wurde die Landwirtschaft jedoch wesentlich heterogener. Betriebe spezialisierten sich auf einzelne Produktionsbereiche wie Ackerbau, Schweine- oder Geflgelhaltung, kobetriebe kamen hinzu. Mit der Wiedervereinigung wurde zudem die Eigentumsstruktur heterogener und zu den im Westen berwiegend vorherrschenden Familienbetrieben gesellten sich sehr groe Betriebe als Juristische Personen in Form von Agrargenossenschaften oder GmbHs. Dennoch hatte der Deutsche Bauernverband weiterhin den Anspruch, alle Betriebe zu vertreten und begab sich damit in ein Dilemma. Zu gro sind die Interessensunterschiede dieses heterogenen Haufens, die zudem zum Teil vllig verschiedene Vorstellungen von der Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland haben. Daher entstanden im Laufe der Jahre weitere Interessensvertretungen wie die AbL (Arbeitsgemeinschaft buerliche Landwirtschaft), die kleinere Familienbetriebe vertritt (darunter auch viele kobetriebe), die koverbnde als Interessenvertreter der kobauern oder als Spezialitt im Osten der Bauernbund, der sich als Vertreter der Familienbetriebe in Ostdeutschlands sieht und als Gegenpol zum Bauernverband als Vertreter der Agrargenossenschaften begreift. Als jngste Entwicklung entstand Land schafft Verbindung (LsV), ein loser Zusammenschluss von Landwirten, der sich vor allem aus unzufriedenen Mitgliedern des Bauernverbandes speist. Gerade lokale Aktionen der derzeitigen Proteste werden im Namen von LsV organisiert. Whrend es beim DBV feste Strukturen und damit eine institutionelle Kontrolle gibt, verbreiten einzelne Stimmen im Namen des LsV hingegen auch Klimawandelleugner- und Verschwrungstheorien. Man sollte meinen, Bauern seien geerdet genug, um solch abstrusen Theorien zu widerstehen. Dem ist aber leider nicht immer so. Parallel zu der Entwicklung der landwirtschaftlichen Interessensvertretung vollzog sich aber auch eine Entwicklung, wonach Vertreter des Deutschen Bauernverbandes zunehmend Positionen in Aufsichtsrten der Agrarindustrie besetzten, so z.B. in Unternehmen der Fleisch- und Milchindustrie oder Dngemittel- und Pflanzenschutzmittelindustrie. Der aktuelle Prsident Rukwied beispielsweise sitzt unter anderem im Aufsichtsrat der Sdzucker AG und der BayWa AG (ein international ttiger Konzern der Agrarindustrie mit Sitz in Mnchen). Hier tut sich ein echter Interessenskonflikt auf. Einerseits kassieren die DBV-Vertreter als Aufsichtsrte nicht unerhebliche Summen fr ihre mter. Andererseits profitieren diese Firmen direkt von niedrigen Preisen landwirtschaftlicher Rohprodukte. Da kann es schon mal schwerfallen, sich einzig fr die Bauern einzusetzen. Tatschlich hat der DBV meiner Meinung nach in der Vergangenheit nicht wirklich Position bezogen und gesagt wofr er steht. Vielmehr war die Strategie ber Jahrzehnte, Vernderungen mglichst lange hinauszuzgern und den Status quo so lange wie mglich zu sichern. Damit hat er aber die schleichende Entwicklung des Hfesterbens und der Industrialisierung der Landwirtschaft stillschweigend akzeptiert wenn nicht sogar bewusst befrdert. Ein Beispiel der jngeren Vergangenheit dafr ist die Blockade des Bauernverbandes gegenber Gesetzesinitiativen, um die massive Steigerung der Preise von Ackerland und den Verkauf landwirtschaftlicher Flchen an auerlandwirtschaftliche Investoren einzudmmen. Hier lsst er sich in Ostdeutschland von den LPG-Nachfolgebetrieben (die auch die grten Beitragszahler sind) in Geiselhaft nehmen und leistet damit der Industrialisierung der Landwirtschaft weiter Vorschub. Auch die Notwendigkeit, die Nitratbelastung des Grundwassers durch die Landwirtschaft, einzudmmen, hat der DBV ber viele Jahre verschleppt. Erst als hohe Strafzahlungen durch die EU drohten, hat er notgedrungen eine konstruktive Rolle eingenommen. Dabei heraus gekommen ist eine schnell gestrickte und fachlich fragwrdige Dngeverordnung, die einen riesigen Brokratieaufwand fr die Betriebe bedeutet bei vergleichsweise geringem Nutzen, und die seit Inkrafttreten stndig berarbeitet wird und die Bauern mit laufend wechselnden Vorschriften konfrontiert. Aktuell kann sich der DBV wieder als Interessenvertreter aller Bauern profilieren, denn Agrardiesel und Kfz-Steuer betreffen alle Betriebe. Daher hlt er auch starr an der Position der Rcknahme der Krzungen fest und lsst sich nicht auf Diskussionen zur inhaltlichen Ausrichtung von Subventionen ein. Doch an dieser Debatte kommt der DBV in Zukunft nicht vorbei. Dann muss er sich positionieren, fr welche Landwirtschaft er steht. Ein weiter so kann es auch fr den Deutschen Bauernverband nicht geben.
Am kommenden Montag, 08.01.2024, finden bundesweit Demonstrationen und Kundgebungen der Landwirte statt. Der Stadt- und Landkreis Karlsruhe sind auch betroffen.
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