Cernunnos

Cernunnos ist Vielen bekannt als "Hirschgott" - Darstellungen zB auf dem Kessel von Gundestrup, der einen im Lotussitz verweilende Gestalt (Gott oder Schamane?) mit Hirschgeweih, umgeben von Tieren zeigt.
 Cernunnos 1 und 2 Cernunnos ist Vielen bekannt als "Hirschgott", der "Grüne Mann" oder der Gott des Waldes der Kelten - Darstellungen zB auf dem Silberkessel von Gundestrup, der einen im Lotussitz verweilende Gestalt (Gott, Mensch oder Schamane?) mit Hirschgeweih, umgeben von Tieren zeigt. Sein vermutlich latinisierter Name bedeutet soviel wie “der Gehörnte”. Zu dieser Ikonografie finden sich Entsprechungen in Pashupati (Herr der Tiere) der frühen Kultur der Draviden, welche nach Ende der Eiszeit (9000 Jahre v.u.Z) in Südindien aufkam und aus dessen Kultur der schamanische Shivaismus hervorkam. Der wilde Shiva "Shiva Rudra" teilt sich auch einige Wesenszüge mit dem germanischen Gott Odin / Wotan / Wodan. Im advaitisch-tantrischen Shivaismus Kashmirs wird der menschliche Körper als Zugang zu geistigen Erkenntnis-Räumen verehrt und nicht etwa wie in körperfeindlichen, alles Natürliche dämonisierenden patriarchalen Theologien als sündiges, zu überwindendes Übel betrachtet. Die Verehrung der Natur und Mutter Erde als göttlich-weibliche Quelle allen Seins findet sich bei allen indigenen Völkern der Welt, so auch bei den Indigenen Europas. Weite Teile davon auch bei den Kelten und Germanen, welches sich im hohen Ansehen der Frau als Heilerin, Priesterin, Seherin aber auch als Kriegerin und Fürstin zeigt. An vielen Stellen Europas fanden sich in der Frühgeschichte bereits Darstellungen des von Tieren umgebenen Geweihgottes zB in Höhlen-Malereien, die Jagdszenen darstellen und später als Relief auf Gefäßen (Kessel von Gundestrup). In vorgeschichtlicher Zeit gingen der Jagd schamanische Rituale voraus, in welchen sich die Jäger mit den Seelen der Tiere verbanden, um einerseits bei der Jagd erfolgreich zu sein und andererseits um dem Geist des Tieres in Dankbarkeit zu huldigen. Solch magische Verbindungen zu Naturwesen und Tiergeistern vollzog sich zB über Bemalung der Körper der Jäger und Malereien auf Felswänden. Die indigenen Jagdbeuter hatten für das Genährt-Sein aus Mutter Natur ein natürliches Bewusstsein religiöser Dankbarkeit - gejagt wurde, um das Überleben des Stammes zu sichern, wobei sämtliche Bestandteile des erlegten Tieres Verwendung fanden. Auch ist die Ähnlichkeit des „Wilden Mannes“ oder „Grünen Mannes“ als Symbol des Waldgottes und Hüter der Natur und des Tierreiches zu einigen Darstellungen des Shiva Rudra in der hinduistischen Kultur des Industales offensichtlich. Kelten, Germanen und alle anderen Indigenen betrachteten die Natur mit all ihren Wesen als heilig. Sie verehrten ihre Götter als Personifizierungen wirkender Naturkräfte in heiligen Hainen, unter alten Eichen- und Lindenbäumen und an besonderen Kraftplätzen wie Quellen, Seen oder Höhlen. Solche Orte der Verehrung von Naturgöttern wurden später vom christlichen Klerus zerstört oder mit christlichen Bauwerken oder Deutungen überlagert. Die Religion der Indigenen auszumerzen, um damit ihre innere Verbindung zu ihrer Kultur und ihren Ahnen zu brechen, war eine Methode der monotheistischen Machthaber, aus ursprünglich freien Indigenen ein Volk von Leibeigenen zu machen, welche das Feudalwesen aus christlichen und weltlichen Alleinherrschern mit den Erträgen ihrer Arbeit zu finanzieren hatten. Die Geschichten um die sagenhafte Gestalt Robin Hood (ein Symbol des Grünen Mannes, der in Harmonie mit der Natur und ihren Wesen im Wald lebt) beleuchten diesen Zusammenhang auf anschauliche Weise. Im Zug der Zwangskonvertierung zum neuen Glauben an den fremden Wüstengott, sollte aus dessen Buch über die folgenden Jahrhunderte der Satz "Macht Euch die Erde untertan“ über die mehr und mehr entwurzelten Menschen tönen. Auch die christliche Erfindung des Teufels wurde bewusst manipulativ mit Merkmalen wie Hörnern und Hufen ausgestattet, um den mythischen Naturwesen der Ureinwohner einen dämonischen Anstrich zu geben und diese von ihrer Naturverehrung abzubringen. Der verheerende Plan, das lebensfremde und inhumane Glaubenssystem um einen monotheistischen Gott auf das irdische Leben anzuwenden, an dessen Spitze nur noch ein Mann steht, dem Alles untertan zu sein hat und an welchem Erde und Menschen heute noch leiden, ist in die Tat umgesetzt worden. In Zeiten einer immer offensichtlicher werdenden Zerstörung der Erde durch gewissenlose und ausbeuterische Machenschaften seelisch entwurzelter Egomanen, kann Cernunnos als ein heilsames Symbol für den in die Natur eingebundenen und sie verehrenden Menschen gesehen werden. Peter Engelhardt

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