Erstveröffentlichung im August 2015 in der Zeitschrift Astrologie Heute (Nr. 176) Eines der meistdiskutierten Prognosemodelle der modernen Zukunftsforschung ist der Kondratieff-Zyklus. Dieser geht davon aus, dass es im globalen Wirtschaftsleben ein regelmäßiges Muster von Aufschwung und Abschwung gibt, welches sich über 50 bis 60 Jahre erstreckt. Ausgangspunkt sind kollektive Paradigmenwechsel aufgrund von neuen Basistechnologien, welche Wirtschaft und Gesellschaft revolutionieren. Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Christof Niederwieser hat in seinen Forschungen einen engen Zusammenhang des Kondratieff-Zyklus mit dem astrologischen Uranus-Pluto-Zyklus identifiziert und auf dieser Grundlage das Modell zum Astro-Kondratieff erweitert. Zyklen sind die Grundlage des astrologischen Weltbilds. Der Kreislauf von Geburt, Wachstum, Höhepunkt, Rückzug und Neubeginn spiegelt sich vom Mondzyklus über den Lauf der Sonne und Planeten durch den Tierkreis bis hin zu den Aspekten der Planeten zueinander. Aus diesem Geflecht astrologischer Zyklen entsteht die individuelle Zeitqualität eines Moments, einer Phase, einer Epoche. Nikolai Kondratieff Auch in anderen Wissenschaften spielen Zyklen eine Rolle. In Philosophie und Geschichte finden sich beispielsweise die Kreisläufe der Staatsformen von Platon, Aristoteles und Cicero oder die Kulturkreislehren von Giambattista Vico, Leo Frobenius, Oswald Spengler und Arnold Toynbee. Aus den Wirtschaftswissenschaften kennen wir Konjunkturzyklen, Börsenzyklen oder den Produktlebenszyklus. Und es stellt sich die Frage, inwieweit diese Zyklen Entsprechungen in astrologischen Konstellationen finden. Einer der wohl bekanntesten Zyklen der Volkswirtschaftslehre ist der Kondratieff-Zyklus, benannt nach seinem Entdecker Nikolai Kondratieff (1892 – 1938), dem ersten Direktor des Konjunkturinstituts in Moskau. 1926 veröffentlichte er den Artikel „Die langen Wellen der Konjunktur“ und wies darin empirisch einen Zyklus von 45 bis 60 Jahren nach. Er untersuchte einen Großteil des damals zur Verfügung stehenden historischen Datenmaterials: die langfristige Entwicklung der Warenpreis-Indizes, Zinsraten, Staatsanleihen, Außenhandelsumsätze, Kohle-, Stahl-, und Roheisenproduktion, Privatersparnisse oder der Gehälter verschiedener Branchen. Der Zyklus zeigte sich im Großteil dieser Datenreihen deutlich. Stets folgte einer Aufschwungphase von ca. 25 Jahren eine ähnlich lange Abschwungphase. Neue Basistechnologien als Konjunkturmotor Schließlich ging er der Frage nach, welche empirischen Muster mit diesem Zyklus verbunden sind. Und er fand einen starken zeitlichen Zusammenhang mit beachtlichen Veränderungen des Wirtschaftslebens. Zu Beginn jedes Zyklus stehen technische Innovationen, welche die Produktion und die Märkte revolutionieren. Dabei zählt nicht der Zeitpunkt der Erfindung, sondern jener, zu welchem die neuen Technologien erstmals breite praktische Anwendung finden und so viel Kapital akkumulieren können, dass Investitionen in den neuen Markt profitabel werden. So leitete die Industrielle Revolution mit den Innovationen Dampfmaschine und mechanischer Webstuhl den ersten Zyklus ein. Diese Basistechnologien führten etwa ab 1790 zu einem 25-jährigen Wirtschaftsaufschwung. Die neuen Industrien erlebten einen gewaltigen Boom. Um 1815 war der Höhepunkt dieser Technologien erreicht. Das Wachstumspotential war ausgeschöpft. Es folgten Abschwung und schließlich Rezession. Während dieser Abschwungphase des ersten Zyklus wurden die Basistechnologien des zweiten Zyklus erfunden. Kondratieff nennt vor allem die Erfindung der verkehrstauglichen Dampflokomotive (1824), der Turbine (1824-27), des Portlandzements (1824), der Erntemaschine (1831), des Telegraphen (1832), der Rotations-Druckmaschine (1846) und der Saatmaschine (1847).[i] Die zunehmende praktische Nutzung dieser Neuerungen leitete ab 1850 den zweiten Zyklus ein. Neuer Wachstumstreiber und Konjunkturmotor waren die Bereiche Massentransport und Kommunikation. Eisenbahn- und Telegraphennetze wurden über die Länder gezogen. Für ein Vierteljahrhundert erlebte die Wirtschaft einen gewaltigen Boom bis 1873 die Spekulationsblase auf Eisenbahnaktien platzte. Der Gründerkrach leitete einen etwa zwanzigjährigen ökonomischen Abschwung ein. In den 1890ern begann der dritte Zyklus. Neue Basisinnovation war die Elektrizität. Sie sorgte für unzählige neue Produkte und Wirtschaftszweige. In Verbindung mit der Erfindung des Fließbands entstand so die moderne Massenproduktion. Der dritte Zyklus brachte den Übergang zur Konsumgesellschaft. Kondratieff war 1926 der Ansicht, dass auch dieser Zyklus die Grenzen seines Wachstums erreicht habe und eine Krisenzeit bevorstand.[ii] Er sollte Recht behalten. Drei Jahre nach seiner Veröffentlichung leitete der „Schwarze Donnerstag“ die bis dato schwerste Weltwirtschaftskrise der Geschichte ein und stürzte das globale Wirtschaftssystem in eine Dekade der Depression. Der Kondratieff-Zyklus Der Kondratieff-Zyklus heute Kondratieffs Theorie war anfangs nur in Insiderkreisen bekannt. Dies änderte sich 1939, als der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter (1883 1950) sein Werk „Konjunkturzyklen“ veröffentlichte. Er behandelte darin eingehend den Kondratieffzyklus, bestätigte ihn auf Basis der jährlichen Großhandelspreise der USA und gab ihm auch seinen Namen.[iii] Die Reaktionen in der Volkswirtschaftslehre waren gespalten, nicht zuletzt da drei Wiederholungen zu wenig waren, um von einem endgültigen Beweis der langen Wellen sprechen zu können. Umso interessanter ist die Frage, inwieweit sich das Kondratieff-Muster in den vergangenen 70 Jahren bestätigt hat. Im beginnenden 21. Jahrhundert sind die langen Wellen nach wie vor ein vieldiskutiertes Thema, vor allem in den Bereichen Innovations- und Zukunftsforschung. Autoren wie Leo Nefiodow, Carlota Perez oder Erik Händeler gehen davon aus, dass es seit den Zeiten von Kondratieff und Schumpeter zwei weitere Wellen gegeben hat, welche das Muster fortschreiben. Die Abbildung zeigt den üblicherweise angenommenen Verlauf: Demnach begann Mitte der 1940er Jahre mit dem aufstrebenden Automobilsektor und der Flugindustrie der vierte Kondratieff-Zyklus. Zentrales Leitthema war die individuelle Mobilität. Im Laufe von 30 Jahren expandierte dieser neue Markt so rasch, dass schließlich in den Industriestaaten fast jeder Haushalt motorisiert war und Flugreisen auch für den Massenmarkt erschwinglich wurden. Höhe- und Wendepunkt ist markiert durch die Ölkrisen der 1970er Jahre. Von da an ging die Wirtschaft wieder bergab und das Wachstum musste sich eine neue Basisinnovation suchen. Der fünfte Kondratieff nahm schließlich in den 1980er Jahren seinen Anfang mit der aufstrebenden Informationstechnologie. Computer wurden zum Werkzeug für jedermann. Internet und Mobiltelefone breiteten sich aus und verknüpften alsbald Millionen von Menschen miteinander. Elektronische Produkte dominierten zunehmend den Markt. Als 2001 schließlich die New Economy Blase platzte, sahen viele Kondratieff-Anhänger den Höhepunkt dieser Welle gekommen und prognostizierten für die Zukunft eine Talbewegung, in der sich die Basisinnovationen des kommenden sechsten Kondratieff entwickeln würden. Als Favoriten werden vor allem die Bereiche Umweltschutz, ganzheitliche Gesundheit und Bio/Medizintechnik gehandelt und unter dem Leitthema „Gesundheit für Mensch und Umwelt“ zusammengefasst.[iv] Kritik des Kondratieff-Modells Das Kondratieff-Modell ist bis heute populär. Als eine der ganz wenigen volkswirtschaftlichen Theorien erlaubt es konkrete langfristige Wirtschaftsprognosen. Und es erklärt anschaulich die großen Wachstumstreiber der vergangenen 200 Jahre. Über Details wie die genaue zeitliche Abgrenzung oder die Bezeichnung der Leitmotive gehen die Meinungen zwar auseinander. Doch sind sich viele Forscher einig, dass an den Kondratieffwellen „etwas dran ist“. Dennoch gibt es einige Kritikpunkte, insbesondere methodologischer Natur. So ist umstritten, ob sich das Wellenmuster auch tatsächlich in empirischen Wirtschaftsdaten nachweisen lässt. Sucht man nämlich in statistischen Zeitreihen nach der gleichförmigen Wellenform, so wird man nicht sofort fündig. Die Daten verschiedener Jahrzehnte und Jahrhunderte sind nicht direkt miteinander vergleichbar, sondern müssen zuerst „geglättet“ werden. Methoden der Datenerhebung ändern sich im Lauf der Zeit. Verschiedene Länder berechnen Indikatoren unterschiedlich. Zusammensetzung und Definition von Branchen und Warenkörben ändern sich. Die Datenreihen müssen um Faktoren wie die Inflation oder Währungsumstellungen bereinigt werden und so weiter. Die Methoden der Datenbearbeitung bestimmen dabei wesentlich die endgültige Form der Kurve. Und je nach Methode erhält man schließlich die Kondratieffwelle oder auch nicht. Kondratieff-Jünger umgehen dieses Problem elegant, indem sie bei der grafischen Darstellung des Zyklus zwar die Jahrzehnte auf der X-Achse angeben. Die Y-Achse bleibt aber in der Regel unbeschriftet. Auf makroökonomischer Ebene lassen sich die langen Wellen tatsächlich nicht nachweisen, räumt die venezolanische Innovationsforscherin Carlota Perez ein. „Schaut man aber auf die Ebene der Innovationen und bezieht auch gesellschaftliche und soziale Aspekte mit ein, dann sind die langen Wellen klar erkennbar auch wenn sich die Veränderungen nicht oder erst später im BIP zeigen oder sich große Wellen überlappen.“[v] Neben diesen methodologischen Unschärfen gibt es auch inhaltliche Kritikpunkte. Betrachtet man die Fortschreibung des Zyklus durch Kondratieffs Nachfolger, so ergeben sich einige Unstimmigkeiten zum tatsächlichen Zeitgeschehen: Abschwung des Elektrizitäts-Kondratieff bereits ab 1920? Kondratieff selbst prognostizierte 1926, dass der Abschwung der Elektrizitäts-Welle unmittelbar bevorstünde. Seine Nachfolger legten den Höhepunkt in die Zeit um den 1. Weltkrieg. Dies erfolgte wohl in erster Linie aus Symmetriegründen, da sonst zu wenig Zeit für den Abschwung bis zum Beginn des Automobil-Kondratieff in den 1940ern bleiben würde. Abgesehen vom generellen Wirtschaftseinbruch durch den 1. Weltkrieg war die Elektrotechnik um 1920 aber noch lange nicht an ihre Wachstumsgrenze gelangt. Individuelle Mobilität erst ab den 1940er Jahren? Für Automobil und Flugindustrie wird der Beginn der Welle erst ab den 1940er Jahren postuliert. Die Basistechnologien beider Bereiche hatten aber bereits um 1900 Marktreife erlangt. Seither boomten Automobilbranche und Flugunternehmen und waren auch sehr bald für den Massenmarkt erschwinglich. So wurden bereits zwischen 1908 und 1927 allein von Fords „Model T“ über 15 Millionen Stück verkauft. Vom Beginn eines Booms der „individuellen Mobilität“ erst ab ca. 1945 zu sprechen ist insofern nicht plausibel. Abschwung des IT-Kondratieff bereits ab 2001? Um die Jahrtausendwende wurde von den meisten Kondratieff-Anhängern angenommen, dass der Zyklus Informationstechnologie mit dem Platzen der New Economy Blase 2001 seinen Höhepunkt überschritten hatte und sich seither im Abschwung befindet. Das Gegenteil war der Fall: durch Smartphones und Tablets boomt Mikroelektronik heute mehr denn je. Das Internet-Business hat erst nach Platzen der Blase lukrative und tragfähige Geschäftsmodelle entwickelt und zählt seit Jahren zu einer der größten Wachstumsbranchen weltweit. IT-Firmen wie Apple, Google, Facebook oder Samsung gehören mittlerweile zu den wertvollsten Marken der Welt. Tendenz weiterhin steigend. Von einem Abschwung der IT-Welle war in den vergangenen 15 Jahren keine Spur. Was war geschehen? Hat sich das Kondratieff-Muster nach seiner Entdeckung in den 1920er Jahren in Luft aufgelöst? Oder wurde das Modell von Kondratieffs Nachfolgern in der steten Jagd nach dem nächsten Trend falsch fortgeschrieben? Hierauf kann die Astrologie eine deutliche Antwort geben. Der Kondratieffzyklus und Uranus-Pluto Sucht man in der Astrologie nach einem langwelligen Zyklus, der aufgrund neuer Basistechnologien tiefgreifende Umwälzungen des Wirtschaftslebens und der Gesellschaft auslöst, verbunden mit neuen Machtsystemen und Denkmodellen, mit einschneidenden kollektiven Paradigmenwechseln, dann gibt es einen Archetypen, der diese Inhalte sehr gut wiederspiegelt: Uranus-Pluto. Neue Einfälle und technische Erfindungen (Uranus) sprengen althergebrachte Machtsysteme und Denkmodelle (Pluto) und werden zum neuen Leitbild für die Massen (Pluto). Am massivsten tritt dieser Archetyp bei den mundanen Hauptaspekten in den Zeitgeist: Konjunktion, Opposition und Quadrat. Prof. Richard Tarnas empfiehlt in seinem Werk „Cosmos and Psyche“ einen Orbis von 15° für die Konjunktion/Opposition und 10° für die Quadrate.[vi] Dies hat sich in meinen Forschungen bestätigt. Denn gerade beim Ein- und Austritt in diese Orben finden sich zahlreiche große Revolutionen und Wirtschaftskrisen als die offensichtlichsten Manifestationen des Umbruchs. Daraus ergibt sich eine Kernphase von etwa 7 bis 10 Jahren, in welcher der technologisch induzierte Paradigmenwechsel kulminiert. Vergleicht man nun die astrologischen Uranus-Pluto-Auslösungen mit den Wendepunkten der Kondratieffwellen, so tritt erstaunliches zu Tage: sie sind bis zur Entdeckung in den 1920er Jahren identisch. Dabei markieren die Konjunktion und die Opposition den Beginn der Kondratieffzyklen. Die Quadrate fallen genau in die Jahre, in denen die Zyklen ihren Höhepunkt erreichen und der Abschwung beginnt. Horoskop Nikolai Kondratieff (16.03.1892, Witschuga = 04.03.1892 julianisch, RR X) Es scheint, dass Nikolai Kondratieff (16.03.1892, Witschuga) ein feines Gespür für Zeitgeist-Qualitäten hatte und den Zyklus mit einer Mischung aus Intuition (Sonne-Jupiter-Konjunktion in den letzten Fische-Graden…) und harter Detailarbeit an rauen Datenmengen (…in Opposition zu Saturn Ende Jungfrau) entdeckt hat. Eine Beeinflussung durch die Astrologie kann dabei ausgeschlossen werden, da Pluto erst vier Jahre nach Veröffentlichung der „Theorie der langen Wellen“ entdeckt wurde. Danach driften die Wendepunkte des Kondratieffzyklus und die Uranus-Pluto-Auslösungen deutlich auseinander. Ab dem von Kondratieffs Nachfolgern postulierten Automobil-Zyklus Mitte der 1940er Jahre besteht kein Zusammenhang mehr. Dies lässt sich einfach erklären: Pluto hat eine stark elliptische Umlaufbahn. So braucht er in Sonnennähe nur 11 Jahre, um das Zeichen Skorpion zu durchlaufen. In Sonnenferne hingegen dauert der Durchlauf des Zeichens Stier 31 Jahre. Dadurch verläuft auch der Uranus-Pluto-Zyklus sehr unregelmäßig. Befindet sich Pluto in den fernen Zeichen, so vergehen nur 50-60 Jahre zwischen Konjunktion und Opposition. Dies war im von Kondratieff untersuchten Zeitraum 1790 bis 1920 der Fall. Kommt Pluto in Sonnennähe, so verlängert sich die Periode erheblich. Von der letzten Konjunktion Mitte der 1960er Jahre bis zur nächsten Opposition Mitte der 2040er Jahre vergehen 80 Jahre. Allein bis zum aktuellen Quadrat dauerte es ganze 50 Jahre, was einer 50-jährigen Aufschwungphase entspricht. Nehmen Kondratieffs Anhänger gemeinhin an, dass sich die letzten beiden Zyklen deutlich verkürzt haben auf etwa 35 Jahre, so legt der Uranus-Pluto-Zyklus das Gegenteil nahe: die aktuelle Kondratieff-Welle dauert mit 80 Jahren besonders lange. Der Dritte Astro-Kondratieff 1900-1965: Globale Vernetzung Wie sieht nun der astrologische Kondratieff-Zyklus aus, der direkt an Nikolai Kondratieff anknüpfend die Periodizität von Uranus-Pluto berücksichtigt? Die erste Welle (Dampfmaschine) und die zweite Welle (Eisenbahn) sind deckungsgleich. Auch die dritte Welle beginnt synchron um das Jahr 1900. Jedoch beschränkt sich diese nicht auf Elektrotechnik und Massenproduktion. Sie beinhaltet auch die Bereiche Automobil, Flugindustrie und Massenmedien, welche in diesem Zeitraum ebenfalls zur Marktreife gelangten und ihr rasantes Wachstum begannen. Umfassende Elektrifizierung aller Lebensbereiche, Massenproduktion am Fließband, die ersten Automobilkonzerne, das Motorrad, die ersten Luftfahrtunternehmen, Linien-Zeppeline und Motorflugzeuge, Transatlantik-Funk, Radio, Kino, all das entstand während der wenigen Jahre als Uranus im Schützen und Pluto in den Zwillingen in Opposition standen. Wir sehen hier nicht nur die Uranus-Pluto-Signatur des technologisch induzierten Paradigmenwechsels bestätigt. Durch die Position im Tierkreis lässt auch die Morphologie genauer beschreiben: Die Zwillinge-Schütze-Achse steht für Bewegung und Vermittlung zwischen der kleinen Welt der unmittelbaren Nachbarschaft und der großen Welt, die hinter dem Horizont liegt. Pluto in Zwillinge wälzt dabei Bereiche wie Technik, Kommunikation, Medien, Funktionelles, Fortbewegung, Handel um. Die behäbigen, massiven Apparaturen der Materieumwälzung von Pluto im Widder/Stier (Zweite Welle Massenmobilität), lernen nun in den Zwillingen das Laufen, werden flink und geschmeidig, feingliedrig und differenziert. Anstelle der trägen Großmaschinerien der zweiten Welle flitzen nun wendige Insektenschwärme spezialisierter Technologien in alle Richtungen über den Erdball und verästeln sich in sämtliche Lebensbereiche hinein. Die materiellen Nervenbahnen werden um den Globus gelegt. Uranus im Schützen gibt dabei die Stoßrichtung vor: in alle Horizonte gleichzeitig – The Sky is no Limit. Der Zyklus der „Globalen Vernetzung“ (dieses Leitmotiv umfasst auch den Beginn der „individuellen Mobilität“ und der „modernen Konsumgesellschaft“ als Unterthemen) stößt zu Beginn der Quadratur (1928-1937) an seine Grenzen. Ein Jahrzehnt der Weltwirtschaftskrise und das Aufkommen faschistischer Diktaturen fallen in diesen Zeitraum und markieren den Wendepunkt in die Abschwungphase. Dem Zweiten Weltkrieg folgt in vielen Ländern ein Wirtschaftswunder, welches aber nicht auf neuen Basisinnovationen gründet, sondern auf dem Wiederaufbau. Erst in den 1960er Jahren wird der Zeitgeist wieder von einer Flut neuer Ideen und radikalen Paradigmenwechseln erfasst. Der Vierte Astro-Kondratieff 1965-2045: Information Pünktlich zur folgenden Uranus-Pluto-Konjunktion in der Jungfrau (1961-1971) kommt der nächste Innovationsschub. Einerseits findet der Zyklus der „Globalen Vernetzung“ seine Vollendung durch die Eroberung des Weltraums: Ab 1962 beginnt die Ära der zivilen Kommunikationssatelliten. Die menschliche Expansion in den Raum wird gekrönt durch die erste bemannte Mondlandung 1969 und die erste Weltraumstation Saljut 1 im Jahr 1971. Damit erreicht die Ausdehnung der globalen Vernetzung vorerst ihren Höhepunkt. Die materiellen Verbindungen und Verkehrswege im Sinne der Zwillinge/Schütze-Achse sind gelegt. Die Nervenbahnen der globalisierten Menschheit haben ihr Netz um den Globus gespannt. Ab den 1960ern verlagert sich der Fokus auf die innere Expansion. Im Sinne der Jungfrau widmen sich die neuen Basis-Innovationen zunehmend der Qualität und Quantität der durchs globale Nervensystem gejagten Einheiten. Diese werden immer kleiner, differenzierter, detaillierter, komplexer, schneller. Die Basis-Technologie des Vierten Astro-Kondratieff: Der erste Mikrochip Intel 4004 So entstanden in den 1960er Jahren die Basistechnologien für den neuen Zyklus: der moderne Computer, das Internet (ursprünglich „Arpanet“), die Informationstechnologie, Elektronik und Nanotechnologie. Was für den ersten Astro-Kondratieff die Dampfmaschine war, ist für den Vierten Astro-Kondratieff der Mikroprozessor, der gegen Ende der Uranus-Pluto-Auslösung 1971 erstmals Marktreife erlangte in Form des „Intel 4004“. Leitthema des aktuellen Astro-Kondratieff ist die „Information“. Und die Jungfrau zieht alle Register, um ein Maximum an Information zu generieren, zu analysieren und zu verwerten. Ihre Charakteristika prägen seither den Zeitgeist: Optimierung, Rationalisierung, Perfektionierung, Differenzierung, Spezialisierung, Systemisierung, Detailorientierung, Miniaturisierung. Wie der Berliner Astrologe Werner Held betont, ergeben sich daraus die jungfrautypischen Begriffe des sozialen Strukturwandels: die Dienstleistungsgesellschaft, die Wissensgesellschaft, aber auch die Sicherheits- und Kontrollgesellschaft.[vii] Immer detaillierter, immer genauer, immer präziser, immer regulierter, immer am arbeiten, sortieren, absichern. Die Jungfrau ist der Spähtrupp, der das Revier und die Erlebniswelten des Löwen unermüdlich erweitert und dabei selbst auf das Leben vergisst. ADHS, Multitasking, permanente Informationsüberflutung, Überwachungswahn durch Big Data, Heerscharen von Compliance Managern die versuchen, ihre Unternehmen durch die wuchernden Dschungel neuer Regulierungen und Gesetze zu navigieren – nun da wir uns in der Kernphase des Uranus-Pluto-Quadrats befinden (Exaktheit 2012-2015), kommen vermehrt die Schattenseiten zum Vorschein. Der Vierte Astro-Kondratieff hat seinen Höhepunkt erreicht. Der astrologische Kondratieff-Zyklus von Dr. Christof Niederwieser Der Blick in die Zukunft Der Astro-Kondratieff erklärt nicht nur anschaulich die großen technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrhunderte. Er erlaubt auch einen konkreten Ausblick auf die Zukunft. Wie geht es weiter nachdem der Informations-Zyklus aktuell an seinem Wendepunkt angelangt ist? Welche gesellschaftspolitischen Implikationen sind in den kommenden Jahren zu erwarten? Welche derzeit entwickelten Innovationen haben das Zeug, als neue Basis-Technologien den Fünften Astro-Kondratieff ab den 2040er Jahren zu prägen? Nicht nur für die Politik, auch für die strategische Unternehmensführung, das Innovationsmanagement und für die langfristige Investitionsplanung sind diese Fragen von essentieller Bedeutung. Der Astro-Kondratieff kann hier wertvolle Antworten geben. Der Neo-Kondratieff In diesem ersten Artikel aus dem Jahr 2015 habe ich ein paar grundlegende Eckpfeiler des astrologischen Kondratieffzyklus skizziert. Eine noch ausführlichere und aktuellere Darlegung gibt es in meinem Buch PROGNOSTIK 03: Trends & Zyklen der Zeit (Zukunftsverlag 2020) im Kapitel Der Neo-Kondratieff von Christof Niederwieser. Literatur Ulrich EBERL: Zukunft 2050 – Wie wir schon heute die Zukunft erfinden, Beltz & Gelberg, Weinheim 2011 Erik HÄNDELER: Die Geschichte der Zukunft – Sozialverhalten heute und der Wohlstand von mor-gen (Kondratieffs Globalsicht), Brendow Verlag, Moers 2005 Nikolai KONDRATIEFF: The Long Wave Cycle, Richardson & Snyder, New York 1984 Anja MÜLLER: Das Comeback von Kondratieff, Handelsblatt vom 18.04.2010 Leo NEFIODOW: Der sechste Kondratieff – Wege zur Produktivität und Vollbeschäftigung im Zeital-ter der Information, Rhein-Sieg Verlag, Sankt Augustin 2001 Joseph SCHUMPETER: Konjunkturzyklen – Eine theoretische, historische und statistische Analyse des kapitalistischen Prozesses, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1961 Richard TARNAS: Cosmos and Psyche – Intimations of a New World View, Plume: New York 2007 Werner HELD: Die 10 großen astrologischen Weltbeweger – die Langsamläuferzyklen von Jupiter bis Pluto, Rockradio-Sendung „Kosmos & Psyche“ am 13.05.2014 Quellen [i] Kondratieff (1984), S. 60ff [ii] Kondratieff (1984), S. 103ff [iii] Schumpeter (1939), S. 481ff [iv] Eberl (2011), S. 12f, Nefiodow (2001), Händeler (2005) [v] Müller (2010) [vi] Tarnas (2007), S. 148 [vii] Held (2014), 12min00 ff Der Beitrag Der astrologische Kondratieff-Zyklus erschien zuerst auf Dr. Christof Niederwieser.
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