Die Buchbranchenkrise und ihre bitteren Folgen für Verlagsautoren

Über die schwärenden Wunden einer einst goldenen Branche Die Buchbranchenkrise ist größtenteils hausgemacht – und die Autorinnen und Autoren müssen Köpfe, Herz und ihre Buchbabys dafür hinhalten. Dieses Thema hat mich jahrelang beschäftigt, ist immer noch aktuell und bewegte mich 2019 schließlich dazu, neue Pfade zu beschreiten. Der Originaltext zu diesem Blogpost ist im Sommer 2018 entstanden. Die Original-Passagen beginnen nach dem ersten Beitragsbild. Zum Hintergrund: Damals musste ich mit ansehen, wie meine Bücher immer öfter als Totgeburten zur Welt kamen, weil die Verlage ihre Marketingversprechen nicht einhielten – und ich war nicht allein damit. Zahlreiche Autorinnen und Autoren fühlten sich ohnmächtig und hilflos angesichts dieser fatalen Entwicklung, die sich abzeichnete: Immer mehr Bücher pro Programm, immer mehr Lizenzen aus dem Ausland, immer weniger Raum und Marketing für deutsche Autorinnen und Autoren und ihre Titel, chronisch überarbeitete Lektorinnen und Lektoren usw. Heute empfehle ich meinen Autorinnen & Autoren deshalb gerade bei Seelenbüchern, den Weg des Selfpublishing zu gehen und das eigene Licht selbst zu führen. Selfpublishing auf Verlagsniveau (und besser!) ist möglich und dir können dabei keine bösen Überraschungen passieren, wie ich und viele andere schreibende Seelen sie damals erlebt haben Lies selbst: Hier beginnt der Blogartikel von 2018: Es ist mir sehr schwer gefallen, ein Release-Foto von meinem frisch gedruckten Buch zu machen – ich musste mehrmals Anlauf nehmen und mein Herz zwickte und zwackte dabei. Früher hüpfte es vor Freude, wenn ich das erste Exemplar meiner eigenen Romane in den Händen hielt. Was ist geschehen? Es ist nicht leicht, diese Frage zu beantworten und dabei sachlich zu bleiben. Dennoch möchte ich es versuchen und vorweg klarstellen, dass ich dabei niemanden anprangern, beschuldigen oder gar beleidigen möchte. Es gibt für mich nicht „die bösen Anderen“, auch möchte ich mich nicht als Opfer betrachten, denn das macht starr und unbeweglich und niemand hat mich unter vorgehaltener Pistole gezwungen, meine Verlags-Verträge einzugehen. Das habe ich frei und bei vollem Bewusstsein entschieden. Doch es ist noch nie eine Krankheit geheilt worden, indem man ihre Symptome ignorierte und es verweigerte, ihnen auf den Grund zu gehen. Missstände müssen angesehen und benannt werden – und die Buchbranche ist voller schwärender Wunden, die nur mit Liebe, Kreativität und Mut geheilt werden können. Ich weiß um das Dilemma der Lektorinnen kurz vorm (oder im) Burnout, die sich zwischen unzähligen Sitzungen, Manuskripten und To-do-Listen aufreiben, von gestressten Programmleitern, denen das Wasser bis zum Halse steht, von überarbeiteten Grafikern, deren Kreativität längst verhungert ist, weil alles nach Niedlich-Schema-F laufen muss, von Verlagsvertretern, die niemals ausreichend Zeit haben, die Überfülle des aktuellen Programms sinnvoll vorzustellen, und Buchhändlern, die längst den Überblick verloren haben (man müsste sieben Köpfe haben, um ihn zu bewahren) und zur Sicherheit nur noch Bestseller-Lizenzen einkaufen. Ohne kreatives Marketing keine Erfolge mehr – und das bleibt aus Doch ich bin Autorin und erzähle deshalb meine Geschichte, nicht die der anderen (wann beginnt ihr euer Schweigen zu brechen?). Denn „Mein Date mit den Sternen“ ist symptomatisch für die Krise, in der wir alle stecken und aus der wir uns nur gemeinsam befreien können. Nachdem die Diamantkrieger-Saga mir gezeigt hatte, dass ohne eine solide, maßgeschneiderte Bewerbung heute keine Erfolge mehr geschrieben werden können und diese nicht mehr selbstverständlich ist, war ich bei der Planung von „Mein Date mit den Sternen“ bereits sehr zurückhaltend. Doch das Gespräch mit dem damaligen Verlagsleiter – gerade neu dabei und voller Tatendrang und Umbruchsgeist – überzeugte mich, meinem bisherigen Team treu zu bleiben. Dass der wichtigste Mensch in diesem Gespräch das Haus schon Monate vor dem Erscheinen des ersten Bandes wieder verlassen würde – übrigens nichts Ungewöhnliches in der Branche; die Fluktuation ist immens –, konnte ich damals nicht ahnen. Als ich es erfuhr, schrillten bei mir bereits die ersten Alarmglocken, doch mir wurde mehrfach versichert, dass sich nichts an dem, was wir gemeinsam besprochen hatten, ändern würde. Leider bestätigte sich das nicht. Aus vier Seiten in der Vorschau wurden zwei, auch den mündlich zugesicherten Schwerpunkt bekam mein Titel nicht mehr. Die Coverausstattung wurde ebenfalls abgespeckt, ohne dass ich darüber informiert wurde (auch das ist kein Einzelfall; bei der Diamantkrieger-Saga wurde ich eiskalt überrascht – wir bekommen derartige Infos oft nur, wenn wir nachhaken). Ich habe von etlichen Kollegen ähnliche Vorgänge berichtet bekommen, weshalb ich allen Autoren, die diesen Beitrag lesen, dringend empfehlen möchte, derartige Zusagen in den Vertrag setzen zu lassen. Und zwar so, dass es keine Fluchtwege gibt! Schließlich sichern wir unsere Abgabetermine und den Umfang des Skripts auch schriftlich zu – und wenn wir uns nicht daran halten, bekommen wir unser Honorar nicht. Als es auf den Erscheinungstermin zuging (ich hatte längst zur vollen Zufriedenheit der Redaktion abgegeben und alle Zeitvorhaben erfüllt), spürte ich das, was viele Autoren seit Jahren feststellen: Die Energie versickert, bevor das Buch auf dem Markt kommt. Das liegt meiner Wahrnehmung nach in erster Linie daran, dass die Verlagsmitarbeiter schon mit den nachfolgenden Titeln ausgelastet sind und nur noch Zeit für die Schwerpunkt-Titel – in der Regel Lizenzen aus dem englischsprachigen Raum – übrig haben. Es ist die Überfülle, an der die Branche zugrunde geht! Doch ich sah nicht ein, jetzt schon zu resignieren, auch wenn in einem Gespräch klar wurde, dass „wir nicht mehr machen können“, sprich: es keine Werbemaßnahmen außer dem üblichen Verschicken von Rezensionsexemplaren (was keine Werbung ist, sondern das Verschenken von Büchern) und dem Standard-Presseverteiler inklusive Social-Media-Mindestmaß (der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein) geben wird. Es gelang meiner Agentin und mir noch, eine Instagram-Verlosungsaktion herauszuleiern, doch aus Erfahrung wussten wir beide: Das alleine reicht nie und nimmer aus, um ein Buch zu einem Erfolg zu machen. Also wurde ich selbst aktiv. Ich suchte per Social Media Sternenbuchbotschafter für den Start der Reihe, die vor dem Erscheinen in regelmäßigen Abständen Päckchen mit Infos und Rätseln zum ersten Band plus Sternen-Goodies geschickt bekamen und darüber berichten durften. Ich habe den Inhalt nicht nur selbst gebastelt und ausgesucht, sondern auch bezahlt (Achtung – laut Vertrag ist für solche Ausgaben eigentlich der Verlag zuständig!), und hatte die Hoffnung, damit Aufmerksamkeit für die Reihe wecken zu können. Das hat mich viele Stunden Arbeit gekostet und ich bereue keine einzige. Ich hatte wunderbare Sternenbuchbotschafter und war (noch) voller Zuversicht, mit dieser Eigeninitiative etwas bewirken zu können. Auf meinen Social-Media-Kanälen postete ich zudem immer wieder Bilder mit Vorab-Textschnipseln und zum Erscheinen des ersten Bandes investierte ich in Facebook-Werbeanzeigen. Doch das alleine genügte mir nicht: Ich wollte überdies das Feuer im Verlag neu erwecken und schickte meinem Team zu Weihnachten ein liebevoll geschnürtes Paket mit allerlei Goodies im Cover-Look, die ich extra hatte anfertigen lassen – zum Beispiel Duschgels im „Mein-Date-mit-den-Sternen“-Design. Dazu gab es natürlich auch etwas zum Naschen und ein paar Vorfreude-Zeilen. Das Produkt ist immer nur so stark wie die Energie im verantwortlichen Team Ich hatte von meiner Seite alles getan, was ich tun konnte, um das Versickern der Energie zu verhindern. Doch eine Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Das ist die wertvolle Lektion, die ich aus dieser Geschichte lernen durfte (und das meine ich völlig ironiefrei): Ich kann bei einer Teamarbeit in ein Produkt, eine Beziehung, ein Projekt, eine Idee (ein Buch ist ein bisschen von allem) so viel Energie und Schaffenskraft investieren, wie ich will – wenn auf der anderen Seite kein fruchtbarer Boden dafür vorhanden ist, wird selbst das robusteste Pflänzchen vertrocknen. Das erschütternde Fazit: Schon Monate vor dem Erscheinen des zweiten Bandes wurde mir angedeutet, dass es möglicherweise keinen dritten geben wird. Der Verkauf von Band 2 müsse jetzt den Verkauf von Band 1 ankurbeln (was schlichtweg unmöglich ist), damit die Reihe fortgesetzt werden kann. Geplant waren ursprünglich mindestens (!) sechs Bände. Es wäre so bitter, wenn die Reihe schon nach dem zweiten Band (wir haben sieben Planeten!) eingestellt würde – bitter um eine Geschichte, die vielen Jugendlichen zu mehr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl verhelfen könnte, bitter um meine Träume und Ideen, die nicht wahrwerden könnten, obwohl ich von meiner Seite alles dafür getan habe, bitter um die Rechte, die nun beim Verlag liegen und mir die Hände binden. Doch vor allem wäre es bitter, weil die Geschichte von „Mein Date mit den Sternen“ nur eines von zahlreichen Beispielen in deutschen Verlagshäusern ist, die heute auf diese Weise ablaufen, und uns deutschsprachigen Autoren regelmäßig das Herz zu brechen und die Existenz zu ruinieren drohen. Ich weiß, dass mein Beispiel wie so vieles in der Welt eine Verkettung von Umständen, Meinungen und Entscheidungen ist, bei denen der Vertrieb oft weitaus mehr Einfluss hat als die Redaktion (deren Mitarbeiter ich schätze!), aber das darf uns verdammt noch mal nicht wegschauen lassen. Von Mitleid werden wir nicht satt – und uns bemitleidet auch niemand. Viele von uns Autoren haben schon keine Kraft mehr, weiterzumachen, sind frustriert, müde, haben massive Existenzängste, trauen sich nicht mehr, jene Liebe in ihre Bücher fließen zu lassen, wie sie früher selbstverständlich und ein Bedürfnis war. Manche Autoren sprechen von Totgeburten – ein hartes Wort, doch es ist zutreffend. Wir bringen Totgeburten zur Welt und das schmerzt immens. Also lasst uns gemeinsam die Krise auflösen und ein echtes Happy End schreiben. Andernfalls nehmen wir die Sache eben selbst in die Hand. Ohne Verlage. Das ist keine Drohung, sondern eine Handlungskonsequenz, die erfolgen wird, wenn sich nichts ändert. Denn wir sind es, in deren Herzen die Ideen zur Welt kommen. Nachtrag: Die Reihe Mein Date mit den Sternen wurde nach dem zweiten Band eingestellt. Bis heute liegen die Rechte beim Verlag. Diese Erfahrung hat mich dazu bewegt, ins Selfpublishing zu wechseln und diesen Weg auch meinen Autorinnen und Autoren zu empfehlen. Für die meisten meiner Romane kann ich die Rechte noch nicht zurückfordern, da die Ebooks sich gut verkaufen und die Verlage auf diese Einnahmen nicht verzichten wollen. Das ist bitter – und war eine wichtige Lernerfahrung für mich. Newsletter für Seelenschreiber In meinem Newsletter für Herz- & Seelenschreibende versorge ich dich regelmäßig mit wertvollen Impulsen für deine erfüllte Autorenlaufbahn und deine lichtvollen Veröffentlichungen auf Verlagsniveau. Du erfährst als erstes von neuen Specials und kannst bei Fragen direkt auf den jeweiligen Newsletter antworten. Newsletter abonnieren Der Beitrag Die Buchbranchenkrise und ihre bitteren Folgen für Verlagsautoren erschien zuerst auf Bettina Kyrala Belitz.

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