Digitaler Euro in der technischen Vorbereitung

Der digitale Euro befindet sich jetzt in der Vorbereitungsphase, so entschied die Europäische Zentralbank (EZB) im Oktober 2023. Grundlage ist der Abschlussbericht einer Projektgruppe, die nach zweijähriger Analyse und mehreren Marktkonsultationen konkrete Vorschläge zur Gestaltung von Central Bank-issued Digital Cash (CBDC) für den Euroraum vorgelegt hat. Ab jetzt soll es um technische Untersuchungen und Testläufe gehen. Außerdem werden die für die Abwicklung nötigen Regeln und Standards („Scheme“) erarbeitet und mögliche Infrastrukturanbieter ausgewählt. Ob ein digitaler Euro tatsächlich emittiert wird, entscheidet die EZB erst nach diesen Vorbereitungen, für die sie etwa zwei Jahre veranschlagt. Allerdings darf sie diese Entscheidung erst treffen, wenn es eine gesetzliche Grundlage dafür gibt. Digitaler Euro gleichberechtigtes Zahlungsmittel Derzeit wird das von der EU-Kommission vorgelegte Gesetzespaket zur „Einführung des Digitalen Euros“ im Europäischen Parlament und im Rat behandelt. Eine Verabschiedung ist ab 2025 zu erwarten. Der Gesetzesentwurf spricht der EZB das Recht zu, über seine Einführung zu entscheiden. Er soll als Bezahllösung im Euroraum überall einsetzbar sein, weshalb Banken und andere Zahlungsdienstleister verpflichtet werden sollen, ihren Privatkunden kostenlos Konten und Zahlungen im digitalen Euro anzubieten. Der Einzelhandel – stationär wie online – soll verpflichtet werden, dann Zahlungen in der neuen elektronischen Währung anzunehmen. Für die Nutzer funktionieren diese ähnlich wie die derzeit bereits etablierten unbaren Zahlungen per App, Karte oder wie beim Online-Banking. Ob sie den digitalen Euro verwenden oder andere von den Geschäften akzeptierte Zahlungsarten nutzen, steht ihnen frei. Bei der Ausgestaltung des digitalen Bargelds, das zumindest vorerst nicht verzinst werden und nicht programmierbar sein soll, das heißt, dass dessen Nutzung nicht eingeschränkt werden kann, würde die EZB weitgehende Kompetenzen und Befugnisse erhalten. Insbesondere läge es allein in ihrem Ermessen, ob und in welcher Höhe ein Haltelimit je Nutzer eingeführt werden würde, das den Umtausch von Bankeinlagen in den digitalen Euro begrenzt. Diese Entscheidungen können weitreichende Konsequenzen für das Finanzsystem im Euroraum haben, nicht zuletzt auch für die Kreditvergabe. Langfristig könnte eine Verschiebung von Bankeinlagen zu Zentralbankgeld den Einfluss der EZB stärken und private Akteure schwächen. Außerdem würde der Staat mit dem digitalen Euro in den bargeldlosen Zahlungsverkehrsmarkt eingreifen, auf dem es bereits zahlreiche privatwirtschaftliche Lösungen gibt. Es ist deshalb zu begrüßen, dass eine breite Diskussion angestoßen wird, ob auch Verbrauchern und Unternehmen Zentralbankgeld in digitaler Form zur Verfügung stehen sollte. Die erhofften Vorteile und potenziellen Nachteile müssen von dem Gesetzgeber sorgfältig abgewogen werden. Eine öffentliche, sachliche Diskussion ist ebenfalls nötig, um die Pläne und den beabsichtigten Nutzen des digitalen Euros der breiteren Öffentlichkeit näherzubringen. Wholesale-CBDC weniger kontrovers Leichter und weniger kontrovers wäre es für die EZB hingegen, wenn sie das existierende digitale Zentralbankgeld – die Guthaben der Banken bei der EZB – technisch auf eine neue, innovative Infrastruktur heben würde, und zwar auf die Distributed Ledger Technology (DLT). Eine solche Lösung wird häufig als Wholesale-CBDC bezeichnet. Hier wären Effizienzgewinne möglich, die überdies deutlich weniger technischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand erfordern. Durch das nur auf DLT-Basis mögliche Atomic Settlement können Zug-um-Zug-Geschäfte – zum Beispiel Wertpapiere bezahlen, Wertpapiere liefern – in einer einzigen Transaktion erfolgen. Kapitalmarkttransaktionen würden schneller und mit deutlich geringerem Risiko abgewickelt werden. Die EZB hatte im April angekündigt, die Möglichkeiten zur Abwicklung von solchen Transaktionen auf einer DLT-Infrastruktur auszuloten. Fazit: Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld für jedermann – Retail-CBDC – könnte sowohl Vorteile als auch Probleme mit sich bringen, und es braucht dafür noch viel Überzeugungsarbeit. Die Einführung von Wholesale-CBDC wäre jedoch nur eine technische Weiterentwicklung, die die EZB aus guten Gründen vorantreibt. Heike Mai ist Volkswirtin bei Deutsche Bank Research. Tipp: Sie möchten gerne weitere Fachartikel aus der aktuellen BANKINGNEWS 297 lesen? Dann lesen Sie hier den aktuellen Leitartikel zum Thema DORA und warum sich die Banken mit den kommenden Regelungen zur Verbesserung der Informationssicherheit arrangiert haben. Der Beitrag Digitaler Euro in der technischen Vorbereitung erschien zuerst auf BANKINGCLUB.

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