HEL

HEL ist die germanische Göttin der Unterwelt und des Totenreiches (Hehlheim). Sie ist es, die im Reich der Anderswelt die natürlich aus dem Leben geschiedenen Menschen mit den gütigen Armen der großen Mutter empfängt. HEL, 2020, Kohle, Kreide, Erdpigmente und Acrylfarben auf Leinwand 80 x 120 cm HEL ist die germanische Göttin der Unterwelt und des Totenreiches (Hehlheim). Sie ist es, die im Reich der Anderswelt die natürlich aus dem Leben geschiedenen Menschen mit den gütigen Armen der großen Mutter empfängt. Die ehrenvoll gefallenen Krieger hingegen werden von ihrer Walküre nach Walhalla, in die Hallen Odins geleitet. Die zwei Seiten ihrer Erscheinung - in vielen Darstellungen hat HEL eine schwarze und eine weiße Gesichtshälfte - deuten auf die Dualität der irdischen Ebene hin. So ist ihr auch als Rune die Hagall zugeordnet, welche ebenso das Ineinandergreifen zweier Gegensätze zeigt, analog dem Sechsstern oder der Blume des Lebens, um so die Ganzheit und den Kreislauf des Lebens darzustellen. Im Gylfaginning der Snorri-EDDA wird HEL als die Tochter von Loki und die Schwester der Midgardschlange und des Fenriswolfes bezeichnet. In ihrem Namen HEL klingen sowohl die Begriffe „verhehlen“ als auch Höhle (Geborgenheit im Schoß der Mutter), Halle und hell an. Ihr Reich - Hehlheim - ist für Irdische unsichtbar, also verhehlt, verborgen. Gewöhnlich ist der Mensch erst nach dem Tod imstande, hinter die Schleier der sichtbaren Welt in die Anderswelt zu blicken. Menschen, welche das Reich der HEL betreten durften, dann aber zurück ins irdische Leben geschickt wurden, berichten von hell erleuchteten Hallen, in denen sie ihren verstorbenen Verwandten und Freunden wieder begegneten. Könnte also Helheim auch nicht zugleich eine lichtvolle Halle, eine hell erleuchtete Heimat der Seele bedeuten? In der Völuspa, einem der ältesten Lieder der EDDA wird Helheim als „unkalter“ Ort (okolnir) beschrieben. Wie auch andere Göttinnen der nordischen Mythologie mit Jahreszeiten in Verbindung gebracht werden - zB Ostara mit dem Frühling und Frigg mit dem Sommer - wird HEL mit dem Winter assoziiert. Auch dieser bedeckt die Natur mit einer weißen Schneedecke, verhüllt und verschleiert das Leben darunter. Mag der Winter auch vom Stand der Sonne her die dunkle Jahreszeit sein, so sind doch manche Winternächte bei klarem Sternenhimmel durch die vom Vollmond beleuchtete Schneedecke fast taghell. In Verbindung mit der „Hölle“ der Christen wurde das Reich der Göttin HEL erst im Mittelalter durch den christlichen Klerus gebracht - der Ort wurde dämonisiert, genauso wie viele Sitten, Gebräuche und Naturrituale der indigenen Bevölkerung, um den teilweise noch tief in der Naturreligion verwurzelten Menschen, Angst vor dem Tod einzupflanzen. Diese wurde noch durch alle möglichen Schauergeschichten geschürt, um sie von der Kraft der Verbindung zur eigenen Kultur und zu ihren Ahnen zu trennen. In diesem Zug wurde zB auch Helheim (auch als Niflhel bezeichnet) vom christlichen Mönch Snorri, welcher als erster die Überlieferungen der Nordischen Mythologie in der EDDA aufzeichnete, behandelt und mit diversen Eigenschaften belegt. HELs Halle heißt dort Eljuðnir (die Feuchte), ihr Teller und Besteck „Hunger“, ihr Knecht Ganglati (der Langsame), das Bett Kör (die Krankheit) usw. All diese Verzerrungen wurden vom Klerus der EinMannGott-Religion bewusst als Werkzeug zur Machtausübung über die einfache Landbevölkerung eingesetzt, um diese durch Angst vor dem Jenseits gefügig zu machen. Diese Praktik gipfelte im 15. Jahrhundert im Verkauf von Ablassbriefen durch die römisch-katholische Kirche, mit welchem man sich selbst oder Familienmitglieder vom Höllenfeuer freikaufen konnte, was beträchtliche Summen in die Kassen der Kirche spülte. lt;div> Angesichts der Verehrung aller Erscheinungen und Kreisläufe der Natur unserer indigenen Vorfahren, ist es kaum vorstellbar, dass sie den Tod oder die Unterwelt als das Schreckliche wahrnahmen, das später von fremden, monotheistischen Religionen daraus gemacht wurde. In vielen Aspekten kommt HEL auch der Göttin HOLLA (auch HOLLE, HOLDA, HULDR, PERCHT) sehr nahe, in deren Reich man durch Gewässer oder Moore gelangen kann. Seen und Moore galten - vielleicht auch aus diesem Grund - den Germanen und Kelten als heilige Orte. Im bekannten Märchen von FRAU HOLLE betritt die Goldmarie durch einen Brunnen das Reich dieser Göttin und wird nach einer Läuterungszeit von ihr wieder in die irdische Welt entlassen, was Tod, Läuterung der Seele und Wiedergeburt symbolisiert. Unsere indigenen Urahnen gaben sich mit Verehrung und Vertrauen in die Hände der großen Mutter Natur, ihrer weißen Göttin mit den vielen Namen. Peter Engelhardt

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