Herr, lass Hirn regnen!

5 verbreitete Irrglauben (von vielen) Vorab gesagt: Warum ich niemanden für dumm erklären möchte Im Podcast The Sceptics Guide to the Universe [1] diskutieren die Sceptical Rogues darüber, dass Wissenschaftler nicht gerne über Pseudowissenschaft sprächen. Eine gewisse Abscheu vor dieser geistigen Schmuddelecke sei zwar verständlich, aber für die Wissenschaftskommunikation als Ganzes nicht gut, denn über den Umweg von Widersprüchen und Enttäuschungen würden die Menschen sich von der Wissenschaft abwenden. Mir fällt dazu die folgende Analogie ein: Wenn ich Menschen vom Nutzen des Pilzesammelns überzeugen möchte, davon, wie einfach, nützlich und gesund diese Tätigkeit und ihr Ergebnis doch seien, darf ich nicht vergessen, die Existenz von giftigen Pilzen zu erwähnen, und wie man sie erkennt und vermeidet. Wenn sich jemand vergiftet oder jemanden kennt, dem das passiert ist, ist es mit meiner Glaubwürdigkeit als Pilzsammel-Befürworterin nämlich vorbei. Auch sonst ist die Wissenschaftskommunikation teilweise so lückenhaft gewesen, dass sie manchmal mehr Schaden als Nutzen gestiftet hat. Was oft nicht genügend verstanden wird (und das ist nicht die Schuld der Zuhörer!) ist, das Wissenschaft ein Verfahren zur stetigen Weiterentwicklung von Wissen ist, mit Fehlern und Irrtümern, aber auch eingebauten Korrekturmechanismen, und eben nicht eine Sammlung von unverrückbaren Wahrheiten, die man nach und nach ausgräbt wie antike Goldmünzen. Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen dieses Zitat wird Johann Jakob Baron von Uexküll zugeschrieben. Gerade in Zeiten der Pandemie hat es sich gezeigt, dass Theorien immer nur auf Basis der vorhandenen Daten erstellt werden können, und wenn mehr Daten dazukommen, wie im Verlauf einer noch nie so dagewesenen Krankheit, müssen eben die Theorien revidiert und angepasst werden. Wichtig ist aber, dass alle Theorien sich nur auf bekannte und reproduzierbare Fakten stützen,sie für Kritik und Revision offen sind, ohne gleich eine feindselige Verschwörung anzunehmen, undalle Fakten mit einbeziehen nicht nur die, welche die Theorie stützen. Ohne diese Regeln für wissenschaftliches Arbeiten gibt es nämlich keine Chance, zu Theorien zu gelangen, die auch auf längere Sicht Bestand haben und nutzbringend sind. Psiram hat es im Beitrag über Pseudowissenschaft besser und ausführlicher erklärt, als ich es hier kann, mit einigen netten Bildern als Zugabe. Auf jeden Fall lesenswert! Trotzdem, es gibt ein paar zählebige Annahmen, die ich persönlich besonders ärgerlich finde und daher ansprechen möchte. Einige meiner unwissenschaftlichen Lieblingsaufreger Essen von GMOs verändert die eigenen Gene Gentechnisch veränderte Produkte, ohne Zweifel, enthalten Toxine und stellen eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit [dar]. Toxine so wie in Tabak, Alkoholika und gar Apfelkernen? Ja, es ist absolut zu erwarten, dass gentechnisch veränderte Organismen Stoffwechselvorgänge und -produkte haben, die sich von ihren unveränderten Vorgängern unterscheiden. Das ist erwünscht, sonst müsste man sie ja nicht verändern. Deswegen sind die daraus hergestellten Lebensmittel nicht automatisch giftig. Trotzdem gehören Lebens- und Futtermittel aus GMOs zu den bestuntersuchten überhaupt.Einschleusen von genetisch veränderten Nahrungsmitteln führt zum Auftreten von neuen Mikroorganismen mit Antibiotika-Resistenzgenen. Als ob die Mikros uns und unsere Gentechnik dazu bräuchten! Es ist eher so, dass gentechnisch veränderte Mikroorganismen empfindlicher sind als unveränderte: Man hat ihnen ein Gen eingeschleust, damit sie etwa ein bestimmtes Molekül produzieren, welches der Mensch haben will, sie selbst jedoch nicht brauchen. Das kostet Stoffwechselenergie und bewirkt, dass die Mikroorganismen nur in einer kontrollierten Umgebung, frei von anderer mikrobieller Konkurrenz, gedeihen können.Lebensmittel mit GMO verändern das menschliche Erbgut. (Leider) nein. Alles, was wir essen, enthält Gene, ausgenommen von reinen Chemikalien wie Wasser, Kochsalz, Lebensmittelfarbe oder Haushaltszucker. Diese Gene gehen nicht in unser Genom über, ob sie nun modifiziert waren oder nicht. Nur Retroviren (wie HIV) schaffen es, ihr Genom in die Zellen ihrer Wirte einzuschleusen. Cool wäre es eigentlich schon: Wenn ich mich auf Katzensteak und Lupinenkaffee beschränken würde, bekäme ich demnächst eine übermenschliche Flexibilität und könnte Stickstoff aus der Luft fixieren, was mich dann, wenn die letzte Katze gegessen ist, frei machen würde von externer Eiweißzufuhr. Na ja Und nicht vergessen: Seit der Neolithischen Revolution vor ca. 10.000 Jahren verändern wir die Gene der Tiere und Pflanzen, die wir essen. Man vergleiche Holzäpfel mit Äpfeln, Schlehen mit Mirabellen, oder Mais mit Teosinte. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat man den mühseligen Prozess in radioaktiven Gärten beschleunigt. Das macht man heute nicht mehr so, aber viele der damals erhaltenen Mutanten züchten und essen wir noch heute. Bio ist immer besser Die Idee, dass naturnah besser ist als verstädtert, industrialisiert und synthetisch, scheint in den meisten Zivilisationen ab einer gewissen Höhe aufzutauchen. Die alten Römer betonten den Wert der eigenen Landwirtschaft, auf die man sich zurückziehen konnte, wenn die Politik in der Hauptstadt einem den Verstand zu rauben drohte. In Frankreich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war eine Art Schäferromantik in Mode. Unsere Vorstellungen, samt Dingen wie Reformhäusern, der Anti-Korsett-Bewegung, Schrebergärten und auch die Grundlagen des ökologischen Landbaus stammen aus der Lebensreformbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts. [2] Ein grundlegender Artikel über Geschichte und Definition des ökologischen Landbaus findet sich bei Wikipedia. Stark verkürzt kann man sagen, dass in dieser Form der Landwirtschaft auf alle Mittel verzichtet werden muss, die in der Natur nicht vorkommen. Das bedeutet natürlich auch, dass manches etwa wirksamer Schutz vor Pilzbefall auf dem Acker nicht durchgeführt werden kann, denn ein eigentliches Fungizid hat die ökologische Landwirtschaft nicht. Der Flächenertrag ist ohne Mineraldüngung geringer und die Böden laugen stärker aus. Da schon jetzt die verfügbare Anbaufläche knapp ist, um die Weltbevölkerung zu ernähren, würde ein von manchen befürworteter totaler Umstieg auf ökologischen Landbau [3] wahrscheinlich zu einer Hungerkatastrophe führen. Dann, so wird gekontert, müssen wir eben mehr pflanzliche Lebensmittel herstellen, denn die erzeugen mehr Kalorien pro Hektar als Fleisch. Mal ganz davon abgesehen, dass es weite Landstriche gibt, die sich nur für die Viehhaltung, aber nicht für den Ackerbau eignen womit wollen wir die vielen Äcker denn düngen, wenn dafür nur Mist verwendet werden darf? Mit (arzneimittelbelastetem) Menschenmist? Was ich mir wünschen würde ist eine evidenzbasierte Landwirtschaft. Antibiotika als Masthilfsstoffe sind unbedingt abzulehnen, aber einer Milchkuh mit Mastitis keine Antibiotika zu geben ist Tierquälerei. Soviel wie möglich mit Fruchtwechsel, Gründüngung und anderen grünen Methoden erreichen wie sinnvoll ist, aber durch Düngung die Böden erhalten. Ehemaliger Regenwald ergibt schließlich auch keinen sonderlich guten Acker. Und wir sollten die seltsame Besessenheit aufgeben, nur die gesündesten Lebensmittel essen zu wollen. Dies erreichen wir zumindest nicht dadurch, dass wir konsequent Bio kaufen, denn in Kontrollen von Rückständen, Pilzgiften etc. schneiden Bio-Lebensmittel nicht besser ab. Grenzwerte gelten für alle Lebensmittel, und bei Leuten, die Alkohol, Zigaretten und/oder große Mengen hochverarbeiteter Lebensmittel [4] zu sich nehmen, wirkt diese Besorgnis unverhältnismäßig. Mein Tipp für eine gesunde Ernährung lautet: Wenn ich es mit der Hand aus einer Rascheltüte direkt in den Mund stopfen kann, sollte ich eher weniger davon essen. Plastik ist niemals die nachhaltigste Variante Kunststoffe, ob in der Medizintechnik oder als Lebensmittelverpackung, retten Leben. Sie haben jedoch das Problem, dass sie nicht verrotten und wir es nun einmal gewohnt sind, Müll wegzuwerfen, der sich dann in mehreren Jahrzehnten schon irgendwie selbst beseitigen wird. Bilder wie dieses sind nicht nur magenverdrehend, sondern auch herzzerreißend. Trotzdem gehört mehr zur Entscheidung, welches Material man wählt, als einfach Plastik nein danke. Oft hat man nicht wirklich die Wahl, zum Beispiel ist die Zahl der Milchzapfsäulen, die es in meiner Grundschulzeit noch in einigen Lebensmittelläden gab, sehr gering geworden. Wer Milch will, muss meist die Flasche oder den Tetrapack dazunehmen. So gerne ich möchte, ich kann mein Gemüse in der Selbstbedienung nicht lose in meinen Korb schichten, es muss für die Auswaage in einen Beutel oder ein Netz. Was möchte ich mit meiner Entscheidung für Papier, Plastik, beschichtetes Gewebe, Kunststoffnetz oder was auch immer erreichen? Möchte ich nicht zum Plastikstrudel im Ozean beitragen? Möchte ich die CO2-Erzeugung minimieren? Wenn ich einen Baumwollbeutel benutze, wie viele Pestizide sind auf die Pflanze versprüht worden? Wenn es Papier ist wie nachhaltig war die Holzwirtschaft? Wie weit brauchte der Gegenstand, um zu mir zu kommen? Und wichtigste Frage von allen: Wie oft werde ich ihn benutzen? Wenn ich eine Einkaufstasche aus beschichtetem Gewebe nur einmal benutze, wäre ein einfacher Plastikbeutel tatsächlich besser gewesen. Der wiegt weniger und enthält somit auch weniger Kunststoff. Ich muss die Tasche viele Male benutzen, damit sich ihr ökologischer Mehrwert entfalten kann. Das gleiche gilt für Glas versus PET-Flaschen: Eine Glasflasche zu erschmelzen ist wesentlich energieaufwändiger als eine PET-Flasche, ob erstere nun aus Recyclingglas oder aus neuem Glas besteht. Die Glasflasche muss ohne Umschmelzen viele Male wiederverwendet werden, ehe sie nachhaltiger ist als die Kunststoffflasche. Wenn sie nach einer Benutzung im Altglascontainer landet, nützt es nicht viel, dass sie kein Plastik ist. Was ich selbst mache? Ich trinke Leitungswasser (unseres ist ganz hervorragend), habe immer ein paar Stoffbeutel in der Handtasche und Gemüsenetze im Einkaufskorb. Ein lächerliches Mikrotröpfchen auf einem heißen Stein. Ach ja, und Trinkhalme lehne ich ab. Darauf kann ich mir viel einbilden Natürliche Vitamine sind wirksamer als künstliche Die Tatsache, dass ihre Vitamine aus Früchten und Gemüsen anstatt aus einem Synthesereaktor kommen benutzen einige Hersteller als Alleinstellungsmerkmal für das Vermarkten ihrer Produkte. Ascorbinsäure zum Beispiel Vitamin C ist aber immer gleich, egal ob synthetisiert oder aus Zitronen extrahiert. Das Problem mit den Vitaminpräparaten ist ein ganz anderes, das National Institute of Health hat eine (sehr moderate) Zusammenfassung dazu. In Kürze: Zusätzliche Vitamine werden an verschiedenen Stellen in die Lebensmittel eingeschleust, etwa Vitamin C in Fruchtsäfte, wo sie als Stabilisator dienen, oder Vitaminzusätze im Tierfutter, die auch den Vitamingehalt des Fleisches erhöhen. Oft enthalten auch Frühstücksprodukte, irgendwelche Riegel etc. Vitaminzusätze. Wir nehmen also schon eine schwer zu quantifizierende Menge an zusätzlichen Vitaminen ein.Mehr. Ist. Nicht. Besser. Ehrlich! Zusätzliche Vitamine verleihen keine Superkräfte. Mehr als genug bringt nichts.Die tatsächlichen Verhältnisse können extrem verwickelt sein, man lese etwa diesen Beitrag über die Auswirkungen der verschiedenen Isomere von Tocopherol (d-alpha-Tocopherol ist Vitamin E) auf den Stoffwechsel. So richtig wissen wir nicht, was wir tun, wenn wir Vitamine nehmen, und hohe Dosen können durchaus Wechselwirkungen etwa mit Medikamenten haben. Als Konsequenz kann man sagen: Vitaminreiche Lebensmittel sind besser als egal welche Vitaminpräparate. Also Finger weg von Vitaminpräparaten [5], wenn der Arzt sie nicht als Reaktion auf einen festgestellten Mangel verordnet hat. Und selbst in diesen Fällen sollte man versuchen, nach einer Anfangsphase, in der ein akuter Mangel behoben wird, die Vitamine aus Lebensmitteln zu bekommen. Dies geht nicht immer: Wer etwa eine Magenresektion hatte, kann nicht mehr alle Vitamine so aufnehmen wie die Natur es vorgesehen hat und ist lebenslänglich auf Vitamingaben angewiesen. Magie gibt es wirklich Wie soll man den Glauben an Grander Wasser, Homöopathie oder an Bestellungen beim Universum [6] denn sonst nennen als Glauben an Wunder und Magie? Zu guter Letzt Es gibt noch zahlreiche Punkte, die ich hier abhandeln könnte, aber der Beitrag ist ohnehin schon viel zu lang. Respekt, wenn Sie es bis hierher geschafft haben! Weitere Beispiele wären: Computerspiele machen aggressivDie Pharmaindustrie will uns schadenEs gibt vergessene antike SupergeheimnisseWer am plausibelsten klingt hat rechtE-Mobilität ist grundsätzlich nachhaltig So kurz vor Weihnachten möchte ich Sie aber vor einer Überladung bewahren. Die haben wir wahrscheinlich alle, auch wenn wir vor dem Monitor und nicht mehr in glitzernden, dauerbeschallten Einkaufspassagen einkaufen (ach, die gute alte Zeit). Ich wünsche Ihnen ein fröhliches Fest und für 2022 alles, was man vernünftigerweise erwarten kann. Ja, es ist gelegentlich trübselig, rational und ein Skeptiker zu sein aber trotzdem. Herzliche Grüße [1] Folge vom 20. November 2021[2] Siehe zum Beispiel in dieser Folge des Podcasts Hoaxilla.[3] So wie es Sri Lanka dieses Jahr versucht, aber wieder fallen gelassen hat: https://www.sn.at/wirtschaft/welt/sri-lanka-laesst-plaene-fuer-bio-anbau-fallen-111353557[4] Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich keine Anhängerin von ausschließlich Rohkost bin! Schon unsere fernen Vorfahren der Gattung homo erectus haben gekocht und gegrillt. [5] Vor allem: Größte Vorsicht mit Vitaminpräparaten in Form von Bonbons oder Gummibärchen, vor allem wenn Kinder im Hause sind! [6] Dies ist definitiv kein Affiliate Link und ich empfehle das Buch nicht!

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Meine heutige Meinung mag aufregen –allemal tut sie es bei mir selbst: Ich bin dabei zu erkennen, dass ich meine Meinung öfter sein lassen muss. Diese Einsicht tut erst mal Der Beitrag Lass mal deine Meinung! erschien zuerst auf Auxkvisit – ein Blog aus

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