Kleinkrieg mit Worten

Kleinkrieg mit Worten Immer wieder ärgere ich mich, wenn Menschen ungenau in ihrer Wortwahl sind und selbstverständlich voraussetzen, dass andere sie verstehen. Okay, okay, natürlich weiß ich, dass Abwechslung beim Schreiben normalerweise erwünscht ist, als ein Zeichen guten Stils angesehen wird und das Lesen angenehmer macht usw. usw. Ich rede hier aber nicht von Prosatexten, sondern von Verträgen, Formularen, Geschäftsbeziehungen. Und Geschäftsbeziehungen, die andere übervorteilen, ärgern mich noch mehr. Die Abbuchung Vor etwa zwei Wochen beschloss ich, mich zur Wehr zu setzen. Anlass: Eine Abbuchung von TotalAV über 117,81 Euro von meinem PayPalkonto. Was zur Hölle ist TotalAV, fragte ich mich und machte mich erst einmal im Internet schlau. Virenschutz! Aha, ich wüsste nicht, dass ich den von dieser Firma hätte oder bestellt hätte. Also schrieb ich an TotalAV und an PayPal. PayPal schrieb mir daraufhin zurück, die Zahlung wäre rechtens, sie hätten eine Einzugsberechtigung, ich solle mich direkt an den Verkäufer wenden. Eine Antwort ohne Antwort Nun, das hatte ich sehr direkt getan mit den Worten: „Diese Abbuchung ist nicht rechtens, ich habe keinerlei Bestellung oder Abo bei Ihnen. Bitte buchen Sie den Betrag umgehend zurück.“ Die Antwort kam sehr bald und begann mit dem Satz: „Ich bin wirklich überrascht zu hören, dass Sie Ihren Schutz bei uns kündigen möchten.“ Anschließend wurde ich über die Vorzüge von TotalAV aufgeklärt. Hallo? Das war genau so ein Moment, der mich wütend macht. Also schrieb ich wieder sehr direkt: „Ich möchte nichts kündigen, da ich gar nichts bestellt habe. Ich möchte mein Geld zurück.“ Nachhaken Inzwischen hatte ich nachgeschaut und gesehen, dass ich einmal vor zwei Jahren einen Virenschutz für meinen Laptop bestellt hatte, der rund 35 Euro kostete. Die Antwort ließ dieses Mal schon etwas länger auf sich warten, weshalb ich noch einmal schrieb: „Leider habe ich noch keine befriedigende Antwort von Ihnen bekommen. Bitte weisen Sie mir nach, dass ich nach wie vor ein Abo bei Ihnen habe. Meines Erachtens ist das schon lange abgelaufen. Und ich brauche nichts zu kündigen, was nicht existent ist. Bitte um Aufklärung.“ Penetrant sein Zwei Tage später war die Antwort wie folgt: „Wie schade, dass Sie nicht länger bei uns bleiben möchten. Ich habe Ihre Kündigung beantragt. Sie erhalten diesbezüglich in Kürze eine E-Mail.“ Was genau hatten die nicht verstanden? Das Wort „kündigen“ wirkte auf mich wie ein Streichholz, dass man an eine Lunte hält. Ich war bereit, denen die Hölle heiß zu machen und schrieb: „Nochmals, wie bereits geschrieben: Meines Wissens habe ich kein Abo mehr bei Ihnen. Wann soll ich das denn abgeschlossen oder verlängert haben? Können Sie mir das nachweisen? Andernfalls bitte ich um Rückzahlung des abgebuchten Betrages.“ Endlich erhielt ich eine etwas befriedigendere Antwort: „Ich kann bestätigen, dass Sie derzeit unser Antivirus PRO-Paket für eine jährliche Laufzeit zum anfänglichen Preis von nur 34,51 € abonniert haben, das Sie zum vollständigen Virenschutz für 8 Geräte berechtigt. Das Abonnement wurde am 2021-08-22 erworben.“ Das Gesetz bemühen 8 Geräte? Ich fass es nicht! Ich bin Einzelunternehmerin ohne irgendwelche Mitarbeitenden. Ich habe genau einen PC und einen Laptop – immer schon. Hatte ich etwa vor einem Jahr verlängert? Ich bin, wie immer, geneigt, den Fehler bei mir zu suchen. Aber schwer vorstellbar, dass ich einen Schutz für 8 Geräte beauftragt habe. Den restlichen Sermon der Antwort über die diversen Möglichkeiten, Änderungen an meinem Konto vorzunehmen, erspare ich Ihnen. Aber mein Drang, das alles nicht einfach hinzunehmen, war unzähmbar. Ich schrieb: „Wie ich sehe, handelt es sich um ein automatisch verlängertes Abonnement. Die neuen Regelungen für fairere Verbraucherverträge, die seit dem 1. März 2022 in Kraft sind, erlauben eine monatliche Kündigung. Da der eingezogene Betrag aber für 1 Jahr gilt, müsste ich bei einer sofortigen Kündigung 108,00 Euro zurückerhalten. Bitte bestätigen Sie mir diesen Sachverhalt und nehmen Sie für den Fall der Rückzahlung meine Kündigung entgegen.“ Stornieren statt kündigen? Die Antwort darauf verstand ich nun gar nicht mehr: „Ich kann Ihrem Konto entnehmen, dass zuvor eine Stornierungsanfrage gestellt wurde. Bitte beachten Sie, dass wir von Ihnen verlangen, Ihre Angaben zu bestätigen und diesen Vorgang abzuschließen, um Ihre Anfrage zu erfüllen. Befolgen Sie die Stornierungsschritte bis zum Ende, um den Stornierungsprozess abzuschließen. Klicken Sie hier, um darauf zuzugreifen.“ Stornierungsanfrage? Dass für eine Stornierung die gleiche Logik gilt wie für eine Kündigung – geschenkt! Ich hatte keine Stornierungsanfrage gestellt. Vielleicht etwa vor einem Jahr? Wieder diese Frage. Ich folgte dem Link und bekam zwei Möglichkeiten zur Auswahl: „deaktivieren“ und „kündigen“. Beides entspricht nach meinem Verständnis keiner Stornierung. Also schrieb ich wieder, inzwischen von grimmiger Lust beflügelt: „Können Sie mir bitte sagen: 1. Wann wurde diese Stornierungsanfrage gestellt? 2. Welchen Button genau ich betätigen muss, um den Vorgang fortzusetzen? Mir werden unter dem Link, den Sie mir geschickt haben 2 Optionen angeboten: „deaktivieren“ und „kündigen“. Da steht nicht stornieren. 3. Wenn ich „kündige“ und der TotalAV Schutz sofort endet, bekomme ich dann den abgebuchten Betrag zurück?“ Es scheint, dass sie endgültig von meinem penetranten Wortgefecht genervt waren. Heute Morgen bekam ich eine Nachricht von PayPal: „Der Fall wurde zu Ihren Gunsten entschieden. Wir haben Ihnen eine Rückzahlung über 117,81 EUR ausgestellt.“ Der Beitrag Kleinkrieg mit Worten erschien zuerst auf atemwort storytelling.

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