Kommt jetzt die Zeit der Biokunststoffe aus Erneuerbaren?

Seit Jahrzehnten ist das Thema der Bio-Kunststoffe auf Basis erneuerbarer Rohstoffe eine Geschichte der unerfüllten Hoffnungen für den Verpackungsbereich. Die neue PPWR könnte nun Bewegung in die Sache bringen. Quasi durch die Hintertür und für den (absehbaren) Fall, dass sich die in der PPWR festgelegten Rezyklat-Einsatzquoten nicht erreichen lassen. Die Regulatoren haben deshalb bereits ein Auge auf Bio-Kunststoffe aus erneuerbaren Quellen geworfen. Sie sollen als Lückenfüller zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele dienen. Aber ist das realistisch? Haben diese Kunststoffe das Potential zum Quotenfüller? Und wenn ja, welche – und bis wann? Die PPWR als Treiber? Artikel 7 der neuen Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) behandelt das Thema des Mindestrezyklatanteils in Kunststoffverpackungen. Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht offensichtlich ist: Hier findet sich ein möglicher Treiber für den Markt und den Einsatz biobasierter Polymere. Denn die Einführung und vor allem die Erfüllung vorgeschriebener Quoten für die Verwendung von Rezyklaten in Lebensmittelanwendungen hängt stark mit der Frage des chemischen Recyclings zusammen. Konkret definieren die Absätze 1 und 2 von Artikel 7 Mindestprozentsätze an recycelten Materialien, die aus Verbraucher-Kunststoffabfällen gewonnen wurden für die Zieljahre 2030 und 2040. Knackpunkt Chemisches Recycling Es stellt sich allerdings die Frage, ob die dafür benötigten Mengen an Rezyklat überhaupt zur Verfügung stehen können. Viel hängt davon ab, ob und welche Formen des Chemischen Recyclings zur Gewinnung von Rezyklat zugelassen werden. Bis 2028 (bzw. 3 Jahre nach Inkrafttreten der PPWR) soll die EU-Kommission dazu einen Legislativvorschlag präsentieren. Sollten bis dahin keine geeigneten Recyclingtechnologien für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt verfügbar sein, die den Anforderungen der Verordnung (EU) 2022/1616 entsprechen und die nötigen Rezyklatmengen sicherstellen, bliebe als Ausweg, die Nachhaltigkeitsanforderungen über biobasierte Rohstoffe anstelle von recycelten Inhalten aus Verbraucher-Kunststoffabfällen abzudecken (Artikel 7a). Konkret heißt es: Bis 2028 [3 Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung] überprüft die Kommission den Stand der technologischen Entwicklung und die Umweltverträglichkeit von biobasierten Kunststoffverpackungen unter Berücksichtigung der in Artikel 29 der Richtlinie (EU) 2018/2001 (Bioenergie) festgelegten Nachhaltigkeitskriterien; Gegebenenfalls legt die Kommission auf der Grundlage dieser Überprüfung einen Vorschlag für einen Rechtsakt vor, um: Nachhaltigkeitsanforderungen für biobasierte Ausgangsstoffe in Kunststoffverpackungen festzulegen; Zielvorgaben für die verstärkte Verwendung von biobasierten Rohstoffen in Kunststoffverpackungen festzulegen; die Möglichkeit einzuführen, die in Artikel 7 Absätze 1 und 2 dieser Verordnung festgelegten Zielvorgaben zu erreichen, indem biobasierte Kunststoffrohstoffe anstelle von recycelten Inhalten aus Nach-Gebrauchs-Kunststoffabfällen verwendet werden, falls keine geeigneten Recyclingtechnologien für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt verfügbar sind, die den Anforderungen der Verordnung (EU) 2022/1616 entsprechen; gegebenenfalls die Definition des biobasierten Kunststoffs in Artikel 3 Nummer 41b zu ändern. Ausweg zur „linearen“ Quotenerfüllung? Auch wenn dieser „Ausweg“ sicherlich nicht zirkulär im Sinne der Kreislaufwirtschaft wäre, würde er zumindest (einigermaßen plötzlich und unerwartet) einen Ausweg zur Quotenerfüllung bieten, bei dem zumindest der erwünschte weitere Rückgang des Einsatzes von fossilen Rohstoffen forciert würde. Aber wie sieht es konkret bei Rezyklat und bei den Biokunststoffen aus? Rezyklat: Menge und Verfügbarkeit Es war nicht zuletzt die Kunststoffindustrie, die frühzeitig und kontinuierlich darauf hingewiesen hat, dass für die Erfüllung der Quoten im Bereich der Food-Contact-Anwendungen gerade bei den Massen-Kunststoffen PE und PP eine Verfünffachung der aktuell verfügbaren PCR-Mengen bis 2030 erforderlich wäre. Neben der Quantität stellt sich darüber hinaus die Frage der Verfügbarkeit für die Verpackungsindustrie. Die Frage der PCR-Mengen, die 2030 aus chemischem bzw. „fortschrittlichem“ Recycling zur Verfügung stehen, lässt sich heute kaum seriös beantworten. Viel hängt davon ab, welche Verfahren zur Produktion anerkannten Rezyklats zugelassen werden bzw. bis dahin zugelassen sind. Darüber hinaus ist die Frage, ob das entsprechende PCR-Material im Wettbewerb mit anderen Industrien wie beispielsweise Haushaltsgeräten oder Consumer Electronics überhaupt für Verpackungen zur Verfügung steht und bezahlbar ist. Hat Biokunststoff das Potential zum Quotenfüller? Also Biokunststoff? Die Frage ist, ob die Entwicklung hier bereits weit genug fortgeschritten ist, um als Quotenfüller zu dienen. Aktuell werden Biokunststoffe für eine steigende Zahl unterschiedlicher Anwendungen eingesetzt. Das reicht von Verpackungen und Konsumgütern bis hin zu Elektronik, Automobil und Textilien. Nach Angaben des nova-Institut bleiben Verpackungen jedoch auch 2023 mit 43 % Marktanteil das größte Segment für Biokunststoffe. 5 Biokunststoffpolymere decken mehr als 90% der gesamten weltweiten Produktionskapazität für Verpackungsanwendungen ab: PLA, PE, SCPC, PBAT (erneuerbar oder fossil basiert) und PHA Schaut man nach Massenkunststoffen, die direkt als baugleiche Drop-In-Materialien Verwendung finden könnten, reduziert sich die relevante Verfügbarkeit aktuell auf Bio-PE. PE: Beispiel Tetra Pak und Braskem 2014 brachte Tetra Pak die erste „Tetra Rex“ auf den Markt. Der Getränkekarton wird als weltweit erste und einzige Getränkekartonverpackung beworben, die ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Als Verschlussmaterial setzt man biobasiertes PE ein. Bis 2022 hat Tetra Pak mehr als eine halbe Milliarde Packungen Tetra Rex® Plant-based ausgeliefert, den weltweit ersten Getränkekarton, der vollständig aus erneuerbaren Materialien hergestellt wurde. Seit 2019 ist Tetra Pak zusammen mit seinem Zulieferer Braskem das erste Unternehmen, das auf der Grundlage des Bonsucro-Standards für nachhaltiges Zuckerrohr sogenannte verantwortungsvoll beschaffte, pflanzliche Polymere verwendet. Braskem treibt die Entwicklung als globaler Marktführer seit 2010 voran und beliefert auch mit seinem auf Zuckerrohr basierenden Bio-PE auch den europäischen Markt. Das Unternehmen hat jüngst im Rahmen eines Joint Ventures mit SCG Chemicals weitere Investitionen für sein Bio-PE angekündigt. Die Partner planen, in Thailand jährlich 200.000 Tonnen biobasierter Polyethylen unter der Marke Im greenTM zu produzieren. In Bezug auf biobasiertes Polypropylen evaluiert Braskem aktuell die Möglichkeiten. Das heißt aber eben auch, dass kurzfristig keine biobasierte Lösung für den Massenkunststoff PP zu erwarten ist. PEF als Hoffnungsträger? Schon einige Zeit wird diskutiert, ob PEF (Polyethylenfuranoat) nicht das bessere PET ist. Tatsächlich könnte PEF ein enormes Potenzial in den Bereichen Verpackung, Textilien und Folien haben. Das sind Wachstumsmärkten mit einem Wert von über 200 Milliarden Dollar. Der Hauptbaustein des biobasierten Polymers ist FDCA (2,5-Furandicarbonsäure) und wird aus Zuckern von Weizen, Mais oder Zuckerrüben gewonnen. Wenn die Technologie voll entwickelt ist, soll PEF auch aus Zellulose und damit aus land- und forstwirtschaftlichen Abfallströmen hergestellt werden. PEF ist das Hauptprodukt des in Amsterdam ansässigen Unternehmens Avantium, das sich als Pionier im aufstrebenden Sektor der erneuerbaren und nachhaltigen Chemie sieht. PEF wird als neuartiger, pflanzenbasierter und recycelbarer Kunststoff mit einer leistungsstarken Kombination aus Umwelt- und Leistungsmerkmalen vertrieben. Laut nova-Institut verfügt PEF im Vergleich zu PET über verbesserte Barriereeigenschaften, ist mechanisch und chemisch recycelbar und kann auch im Rahmen des etablierten PET-Recyclings mitrecycelt werden. Als Killeranwendung wird die Substitution von PET bei der Flaschenherstellung angesehen. Darüber hinaus, sollen aber auch Flaschen auf Papierbasis mit Barrier-PEF beschichtet werden. Noch dieses Jahr soll die weltweit erste kommerzielle FDCA-Anlage in Betrieb gehen. Die Situation bei kompostierbaren Kunststoffen Ein regulatorischer Anschub ist für biologisch abbaubare bzw. kompostierbare Kunststoffe ist in Europa nicht zu erwarten. Allerdings haben in diesem Segment PLA, stärkebasierte Polymere und PBAT eine deutlich positive Entwicklung hingelegt. Ihr Stellenwert in einer Circular Economy hängt jedoch auch von ihrer Recyclingfähigkeit und den für das Recycling erforderlichen Sortier- und Recyclinglösungen ab. Diese sind momentan noch nicht in Sicht. Fazit Über Jahrzehnte war das Thema der Bio-Kunststoffe auf Basis erneuerbarer Rohstoffe eine Geschichte der unerfüllten Hoffnungen für den Verpackungsbereich. Anders als beispielsweise in der Automobilindustrie (Bio-Ethanol) gab es aber auch nie einen Wachstumstreiber in Form regulatorischer Unterstützung. Die in der PPWR ausgedrückten Anerkennung von Bio-Kunststoffen auf der Basis erneuerbarer Rohstoffe als Quotenfüller könnte ein Game Changer sein – wenn auch nur für die Drop-In-Materialien. Zu erwarten ist auch, dass bis zur Entscheidung der EU im Jahre 2028 von Seiten der Industrie keine weiteren Kapazitätserweiterungen angeschoben werden, außer den bereits angekündigten.

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