Muh!

"Spende Blut beim Roten Kreuz" stand auf dem Zettel, der neulich in unserem Briefkasten lag. Das heit, eigentlich stand es sogar auf allen fnf Zetteln. Unser Haus ist das vorletzte im Dorf und wahrscheinlich waren noch so viele von den Blttern brig, dass wir gleich einen ganzen Schwung davon bekommen haben. Der Aufruf zum Blutspenden enthielt zudem so manchen Bezug zur aktuellen Fuball-Europameisterschaft. "Bring dich ins Spiel und spende Blut" und www.blutspende-em2012.de las ich. "Mach mit beim EM-Quiz! Wir verlosen 4 x 1 Cabrio-Wochenende und weitere 140 attraktive Preise! Teilnahmekarten im Blutspendelokal." Und dann noch dieses Foto mit dem Fuball im Gras.Tsts. Cabrio-Wochenende, na danke! Bei dem Wetter! Die fnf Zettel machen mich stinkig. Genauso wie ganzseitige Anzeigen in der Zeitung, die zum Blutspenden aufrufen. Und die riesigen Plakatwnde, von denen mich zweimal dieselbe Person ansieht. Einmal ernst, einmal mit einem Hauch von Lcheln auf den Lippen. "Geboren am 10.9.1962. Wiedergeboren am 5.5.2009." Dabei ist es gar nicht mal der Werbeaufwand des Roten Kreuzes, der mich stinkig macht. Diese sicherlich kostspieligen Aktionen, mit denen Menschen dazu gebracht werden sollen, Blut zu spenden. Unbezahlbares Blut, kostbares Blut. Blut, mit dem so manchesMenschenleben gerettet werden kann. Nein, was mich so richtig sauer macht, ist, dass sie solch einen Aufwand betreiben, aber MEIN Blut nicht haben wollen, die Brder vom Roten Kreuz.Mein gutes Blut, A positiv,wunderbar rot und garantiert kerngesund. Das ich ihnen freiwillig berlassen wrde. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich seinerzeit frohen Mutes zum Blutspenden ging, erstmalig, und dieses Formular ausfllte. Anschlieend sa ich mit dem jungen Menschen vom Roten Kreuz zusammen im Sekretariat der Hauptschule Eschede, wo das Ganze stattfand, die rmel quasi schon hochgekrempelt. Gleich wrden sie mir mein gutes, rotesBlut abzapfen, um damit Menschenleben zu retten. Dachte ich. Stattdessen schickte mich dieser Schnsel, der offenbar seiner Aufgabe nicht gewachsen war, nach Hause und sagte, ich bruchte niemals wiederzukommen. Abervorher drfte ichmir noch von den Snacks nehmen, die das Rote Kreuz den Blutspendern bereitgestellt htte. Pfff! Ja, wovon trumt ihr denn nachts? Fresst eure Snickers allein! Ihr wollt mein Blut nicht, dann verweigere ich auch euer kaltes Buffet. So! Was war passiert? Nichts. Auer, dass ich in den Neunzigern lnger als ein halbes Jahr am Stck in Grobritannien gelebt habe. Das war alles. Echt. Grobritannien? Neunziger? Ja, da war was. Da klingelt doch was, oder? Zumindest bei mir klingelt es leise im Gehirn. BSE, sag ich nur. Bovine spongiforme Enzephalopathie. Auch "Rinderwahnsinn" genannt. In den neunziger Jahren verbreitete sich die Krankheit rasant unter britischen Rindern und von dort aus auch im restlichen Europa. Zurckzufhren lie sich die Seuche darauf, dassdie Tiere mitinfiziertem Tiermehl gefttert worden waren. Hallo? Tiermehl? Rinder? Das allein ist schon so pervers, dass man sich nicht wundern sollte, wenn Rinderhirne sich dermaen dagegen auflehnen, dass sie lchrig werden wie Schwmme. Muh. Der Verzehr von verseuchtem Rindfleisch wird mit der tdlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen in Verbindung verbracht, dessen Erreger man bislang nicht im Blut nachweisen kann. Und jetzt komme ich ins Spiel. Rindfleisch. Grobritannien. Blut. Krankheitserreger ... muh. Ich darf nicht spenden. Niemals. Dabei habe ich whrend meiner Zeit in Schottland kaum Rindfleisch gegessen. Wenn berhaupt Fleisch, dann habe ich mir meistens irgendwas Geflgeliges gekauft, das garantiert unter genauso miesen Bedingungen gelebt hat wie die BSE-verseuchten Rinder. Wahrscheinlich bin ich seitdem resistent gegen smtliche Antibiotika und ber Pickel brauche ich mich auch nicht zu wundern, aber Creutzfeldt-Jakob hab ich mir garantiert nicht geholt. berhaupt behaupte ich mal, dass es sechzig Millionen Leute gibt, die in den Neunzigern in GB gelebt haben, die noch heute dort leben und die auch nicht vom Rinderwahnsinn erwischt worden sind. Die vielleicht in ihrem Heimatland sogar Blut spenden drfen und die Leben anderer Briten retten mit ihrem schnen, roten, kerngesunden Blut. Muh. Also, irgendwie ... verwirrt mich das alles. Wieso wollen die mein Blut nicht, diese Leute vom ... wie heien die noch? Mein schnes, rotes ... h, Zeugs. Muh. Das macht mich jetzt total aggressiv! Ich knnte ... ja, was eigentlich? Vergessen. Muh. Liegt wahrscheinlich an der Uhrzeit. Es ist zu spt. Ich bin mde. Da kann ich mir nichts mehr ... h, merken. Mein Gehirn ist wie ein Sieb. Oder wie ein ... wie heit das noch gleich? Ein Schwamm. Ja, wie ein Schwamm. Das trifft das wohl noch besser. Trifft was? h, wei nicht mehr so genau. Muh. //

zum Artikel gehen