Multitasking

// Neulich war Silvester und nach dem dritten Kaisergranat meinte unser Nachbar, es htte vermutlich prhistorische Ursachen, dass Frauen multitaskingfhiger seien als Mnner. Schlielich jagten letztere nur dem Mammut hinterher, whrend sich Frauen auch noch um die Kinder kmmern mssten, whrend sie Beeren sammelten. Fast htte ich widersprochen. Nicht der Sache an sich aber die Vorstellung, dass die Frauen lediglich sammelten und hteten, war doch eindeutig zu kurz gegriffen. Vor meinem inneren Auge sah ich jedenfalls sofort eine bestens beschftigte Steinzeitdame vor mir, die mit einer Hand ein Riesenfaultierfell gerbte und mit der anderen eine schmackhafte Auerochsen-Brhe zubereitete die berdies das Feuer am Brennen hielt, whrend sie gleichzeitig ihre Erstgeborene Uuargh davon abhielt, den kleinen Bruder Hundrghrrr mit der Steinaxt zu skalpieren und die nebenbei auch noch einen Sbelzahntiger abwehrte, der ihr an die Auerochsen-Suppe wollte. Allein die Frage nach meinem Blog (und zwar dem hier), der seit mehreren Jahren im tiefen Dornrschenschlaf ruhte, lie mich vorzeitig verstummen. Ja, wieso eigentlich hatte ich seit 2013 keinen Beitrag mehr verfasst? Schlielich bin ich doch eine Frau und damit automatisch multitaskingfhig oder? Ich kann gleichzeitig ein Buch, einen Blogeintrag und einen Einkaufszettel schreiben und nebenbei noch die Steuererklrung machen, eine professionelle Zahnreinigung durchfhren lassen und das Auto zur Werkstatt bringen. Oder? Ein Blogbeitrag zum Thema Multitasking das erschien mir spontan als das totale Multitasking! Vor allem, weil ich ja wirklich echt viel gleichzeitig kann! Zumindest tu ich es einfach. Manchmal ist das nicht gut, ich wei ja. Beim Essen zum Beispiel sollte man voll und ganz in seinem Tun aufgehen und jeden Bissen ganz bewusst schmecken und zwanzig Mal kauen, bevor man ihn herunterschluckt. Man sollte nicht nebenbei E-Mails beantworten und die letzten Adventskranz-Wachsflecken vom Tisch pulen. Mir ist auch klar, dass ich beim Zhneputzen nicht immer Mah-Jongg spielen sollte. Aber Zhneputzen ist so langweilig. Mah-Jongg macht viel mehr Spa! Und vielleicht breche ich ja doch noch mal meinen persnlichen Rekord! Auch wenn ich mittlerweile schon gar keinen Zahnschmelz mehr auf dem Dentin habe. Natrlich ist es auch viel einfacher, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, die einem leicht fallen. Ich kann zum Beispiel sehr gut auf dem Sofa liegen, dabei Netflix gucken und Schokolade essen. Ich mchte nicht so weit gehen, von so etwas wie Talent zu reden aber darin bin ich wirklich gut! Viel schwieriger ist es hingegen, Ttigkeiten miteinander zu verbinden, die schon einzeln nicht so ganz ohne sind. Stricken und Islndisch lernen zum Beispiel. Stricken. Selbstverstndlich habe auch ich mir in den Achtzigern mal einen Pullover gestrickt, so wie alle weiblichen Jugendlichen damals, die darber hinaus Teeservices mit Stvchen besaen und Mixtapes aus dem Radio aufnahmen. Die Wolle war blau und flauschig gewesen (Plschquamperfekt heit diese Zeit grammatikalisch richtig) und hatte so manchen Fehler verziehen. Anschlieend habe ich dann die beiden Wollquadrate und diese seltsamen Puffrmel zusammengenht und zack, fertig, nie angezogen. Woher kamen jetzt nur diese Gelste nach Wolle und Stricknadeln? Fast vierzig Jahre spter? Nachdem mich das Nadelspiel und die dnne Sockenwolle meiner 2008 verstorbenen Schwiegermutter bereits vor Weihnachten in den schieren Wahnsinn getrieben hatten, wusste ich genau: Wenn es in diesem Leben noch mal klappen sollte, dann mussten zwei dicke Nadeln her und sehr dicke, flauschige Wolle, die so manchen Fehler verzeiht (es sind brigens Leuchtnadeln geworden, 8 mm dick. Ich wollte gar keine Leuchtnadeln kaufen, aber sie waren sehr stark herabgesetzt, da sie aus dem Sortiment genommen werden.). Und nun sitze ich auf dem Sofa mit dem glckseligen Gefhl, mir gerade einen sehr groen, dicken Schal (oder eine kleine Decke) zu stricken! Jedenfalls irgendwas, was einfach ist und was man sich anschlieend dekorativ um die Schultern legen kann. Ohne Bndchen, ohne Maschen, die man auf- oder abnehmen muss. Ohne eine Ferse, Finger oder aufwendige Muster. Einfach nur rechts, links, rechts, links. Herrlich. Okay, ein bisschen langweilig auf Dauer. Schlielich wird mein Schal ziemlich breit (es sei denn, es wird eine schmale Decke). Rechte Masche, linke Masche, rechte Masche. Also schalte ich Netflix ein. Das kann ich. Neben mir liegt Schokolade. Und die Islndischhausaufgaben der letzten Stunde. Ich bin nicht sehr srfrur im Stricken (bzw. srfr: weibliche Form). Zu srfrur kann man auch srmenntaur sagen (in meinem Fall srmenntu). Beides heit fachkundig. Das bin ich nicht. Zumindest, was das Stricken betrifft. Stricken heit prjna. Rechts, links, rechts. g er ekki mjg g prjnaskap. Oder prjnaskapum? Rechts, links. Rtt, rangt. Oder rng? Aber eigentlich heit rechts doch hgri. Wieso ist es beim Stricken anders? Rtt, rangt, rangt ... rng? Ha? Wieso ist da mit einem Mal eine linke Masche zu viel? Und vor allem: Wie krieg ich die wieder weg? Halt, stopp, was hat Leonardo di Caprio gerade gesagt? Wir werden alle sterben? Halastjarna hrapar til jarar! Oder jrina? Wieso ist mein Islndisch nicht besser als mein Stricken, obwohl ich die Sprache schon seit acht Jahren lerne und Stricken erst seit acht Minuten? Aaargh, jetzt klebt Schokolade in meinem breiten Schal (ea litlu teppinu mnu)! Af hverju bin ich allt einu nicht mehr multitaskingfhig? Warum haben nlarnar mnar einen Wackelkontakt? Og bara eine Nadel leuchtet! a er Schokolade alls staar! Andskotans! Nein, Finger weg von meiner Auerochsen-Suppe! Ist das da ein Sbelzahntiger, der gerade meine Kinder auffrisst? Hjlp! Tannbursti! Mah-Jongg!!!

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Aktualisiert: 7.8.2023

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