Neues Urteil: Erbengemeinschaften können Immobilien bald steuerfrei verkaufen

Wegweisendes Urteil aus München: Wer anderen Erben Immobilienanteile abkauft und das Haus dann veräußert, muss künftig keine Einkommensteuer mehr zahlen, entschied der BundesfinanzhofErfreuliches und wegweisendes Urteil für Erbengemeinschaften: Verkaufen Erben eine Immobilie aus dem gemeinschaftlichen Nachlass, wird für diesen Vorgang keine Einkommenssteuer mehr fällig. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in München entschieden (Az. IX R 13/22) – und damit seine bisherige Rechtsprechung korrigiert. Geklagt hatte ein Mann, der 2015 nach dem Tod einer Frau gemeinsam mit deren zwei Kindern unter anderem mehrere Immobilien erbte. Die drei bildeten eine Erbengemeinschaft. Im Jahr 2017 verkauften die Kinder der Verstobenen ihre Anteile an den Mann und die Erbengemeinschaft wurde aufgelöst. Anschließend veräußerte der Mann den im Nachlass befindlichen Grundbesitz.Finanzamt wertet Verkauf als steuerpflichtiges GeschäftDas Finanzamt wertete den Vorgang zum Teil als privates Veräußerungsgeschäft und verlangte darauf Einkommensteuer: In dem Moment, in dem die beiden Kinder der verstorbenen Frau ihren Erbteil auf den Miterben übertrugen, sei es nach Ansicht der Finanzbeamten zu einem Kaufvorgang bei dem Mann gekommen. Bis zum späteren Verkauf vergingen anschließend nur wenige Monate. Der Mann habe damit die zehnjährige Haltefrist für einen steuerfreien Immobilienverkauf unterschritten. Liegen zwischen Anschaffung und Verkauf einer Immobilie weniger als zehn Jahre, ist die Veräußerung steuerpflichtig – Steuerexperten nannten solche Vorgänge früher „Spekulationsgeschäfte“. 28-12-23 Erbschaftsteuer CheckBundesfinanzhof gibt Kläger rechtGegen die Besteuerung wehrte sich der Mann mit einer Klage. Nachdem er zunächst beim Finanzgericht München verloren hatte, legte der Erbe Revision beim Bundesfinanzhof ein. Die Richterinnen und Richter des obersten deutschen Finanzgerichts gaben dem Kläger nun Recht. Die Besteuerung eines Immobilienverkaufs setzt voraus, dass das Vermögen zuvor auch angeschafft wurde. Das sah das Gericht im verhandelten Fall nicht gegeben. Die Übernahme von Anteilen an einer Erbengemeinschaft sei nicht gleichzusetzen mit dem anteiligen Erwerb von Grundbesitz, auch wenn dieser zum gemeinschaftlichen Nachlass gehöre. Ohne klassischen Kaufvorgang könne kein privates Veräußerungsgeschäft vorliegen. Das Finanzamt hätte den Verkauf der Immobilien nicht besteuern dürfen. Um wieviel Geld es in dem Verfahren ging, sagte der BFH nicht. Für Verfahren vor den Finanzgerichten gilt das Steuergeheimnis.Urteil bringt Erbgemeinschaften KlarheitVerstirbt eine Person ohne ein Testament zu hinterlassen, bilden die Erbberechtigten in der Regel eine Erbengemeinschaft. Bei Familien betrifft das aufgrund der gesetzlichen Erbfolge oftmals die Kinder der oder des Verstorbenen und gegebenenfalls den hinterbliebenen Ehepartner. Für sie bringt die Gerichtsentscheidung Klarheit: Wer den Anteil an einer Erbengemeinschaft kauft, kauft nicht unmittelbar die Wirtschaftsgüter anteilig mit, die zum Nachlass gehören. Bei einem später Verkauf kann deshalb keine Einkommensteuer anfallen – egal, wie viel Zeit dazwischen liegt.Immobilien vererben: Das müssen Sie wissenAnders wäre es beim Kauf von Anteilen einer Personengesellschaft, also etwa einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer Kommanditgesellschaft (KG). Solche Beteiligungen werden steuerrechtlich anders beurteilt. Eine Erbengemeinschaft sei aber nicht mit Personengesellschaften gleichzusetzen, betonte der BFH in seinem Urteil.Finanzministerium kann noch reingrätschenMit dem Urteil korrigierte der BFH nicht nur seine eigene bisherige Rechtsprechung. Die Richterinnen und Richter des 9. Senats stellen sich auch gegen die bisherige Praxis der Finanzverwaltung. Kurzfristig bleibt jedoch eine Unsicherheit: Noch kann das Bundesfinanzministerium entscheiden, dass das Urteil nur für den Einzelfall gelten soll und es mit einem Nichtanwendungserlass aushebeln. Sollte das nicht geschehen, wird die Gerichtsentscheidung im nächsten Bundesteuerblatt veröffentlich und entfaltet Allgemeinwirkung. Die Finanzverwaltung muss dann künftig die neue BFH-Rechtsprechung bei gleichgelagerten Steuerfällen berücksichtigen.

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