Prost auf die Klischees: „GRM“ von Sibylle Berg

Dieses Buch ist interessant. Es liest sich, als htte es ein ziemlich intelligenter 30jhriger Incel auf Stereoiden geschrieben, kurz vor seiner Selbstttung. Die Verfasserin ist allerdings eine erfolgreiche (Theater-) Autorin und SPON-Kolumnistin Anfang 50 und hat mit GRM gerade den Schweizer Buchpreis gewonnen. Und das, ohne dass sich jemand bemigt gefhlt hat wie bei Karen Khlers Miroloi eine Debatte darber anzuregen, ob sich die Mastbe fr Literatur verschoben haben. Dabei wre es bei GRM viel angebrachter, sich einmal zu fragen, anhand welcher Kriterien wir von (guter) Literatur sprechen. Ist differenzierte Charakterzeichnung ein wichtiges Kriterium? Die gibt es bei Berg nicht. Smtliche Figuren sind Handpuppen der Autorin. Sie denken und sprechen gleich und dabei in Bezug auf ihre Herkunft und ihr Alter und ihre Lebenslage vllig unplausibel. Das Personal in GRM bildet einen Chor, der das Elend der Menschheit wortreich und sarkastisch besingt. Differenzierte oder auch nur plausible Darstellungen menschlicher Motivationen sind dafr nicht ntig. Ist es eine Sprache, die den Leser*innen Zugang zu einer ganz spezifischen Welterfahrung erffnet? Die Sprache in GRM ist schnell, soghaft, mitreiend, gleichzeitig alltagsnah und sarkastisch abgehoben, angereichert mit ein paar originellen Eigenheiten. Sie wirkt aktuell, frisch, jung und erffnet durchaus den Zugang zu einer spezifischen Welterfahrung, nmlich: 600 Seiten lang mit den extrem pessimistischen Meinungen von Bergs Autorenstimme zugerantet zu werden. Dass die Leser*innen dabei mit Stilblten, fehlerhaften Tempiwechseln und einer unstimmigen Chronologie konfrontiert werden, fllt nicht weiter ins Gewicht. Ein Rant lebt von seiner Energie, nicht von seiner handwerklichen Makellosigkeit. Ist es die Subtilitt, mit der Weltzugang vermittelt wird? Die rasante Sprache Bergs (manche kennen sie so hnlich aus ihren Kolumnen) ist geheimnislos. Es gibt kein Zwischen-den-Zeilen, alles liegt mehr als deutlich zu Tage. Wie im Porno jedes Geschlechtsteil von allen Seiten ausgeleuchtet wird, wird hier jeder kleinste Handgriff einer Figur von der Autorenstimme ausfhrlich kommentiert. Das Verhltnis von Beschreibung (show) sowie Behauptung und Meinung (tell) liegt etwa bei 20 zu 80. Die Leserschaft erschafft den Text kaum mit, sondern kann grtenteils nur Zeuge dieses Spektakels sein und wahlweise den Kopf schtteln, nicken oder das Buch zuklappen. Ist Welthaltigkeit ein wichtiges Kriterium fr Literatur? Die oft redundanten Behauptungen und Meinungen drehen sich um fast alles, was man in den Medien in den letzten Jahren serviert bekam: von den Abgehngten ber die neoliberale Privatisierung des Wohnungsmarktes bis zu Grundeinkommen, berwachung, Sozialpunkten, Internetkritik, sexueller Gewalt, Patriarchat, Privilegien oder Marsbesiedlung. Es geht um die Schere zwischen arm und reich, Datamining, das Erstarken faschistoider Parteien, Hacking, die Missbrauchsskandale von Rochdale und Rotherham, die Aushhlung des Gemeinwesens, Drogen, Jugendliche. Es ist also sehr viel Welt in GRM, allerdings in der Breite, nicht in der Tiefe. Whrend Dickens noch fast tglich durch die Arbeiterviertel Londons gelaufen ist und Zola ein halbes Jahr bei Bergleuten lebte, bevor er sich an Germinal setzte, wirkt GRM so, als habe Berg ihre Einsichten vor allem aus dem Internet. Das Ergebnis: viel moralischer Furor, viel Hysterie, viel pseudo-abgeklrte, spttische Vereinfachung, wenig Anteilnahme. Jedes Thema wird in etwa auf dem Niveau einer solide recherchierten SPIEGEL-Reportage, eines Meinungsartikels in der ZEIT oder der konkret oder eines quergelesenen Heise-Essays behandelt. Also selten richtig dumm, aber auch selten wirklich weit und tief und differenziert gedacht. Wenn man schon ein wenig lter ist und seit lngerer Zeit Bcher und Zeitungen liest, wei man ziemlich bald, was in GRM inhaltlich zu diesem oder jenem Thema geuert werden wird. Ist es das moralische Ideal, an dem sich ein Werk konsequent orientiert? GRM nimmt vor allem die Menschen in den Fokus, denen es wirklich schlecht geht und die oft keine Stimme haben. Misshandelte Jugendliche mit psychisch kranken, arbeitslosen Eltern in einem hoffungslosen Millieu, Obdachlose, Suizidale, Vergewaltiger oder einfach nicht funktionierende Menschen will sich die Gesellschaft in ihrem Bewusstsein tendenziell vom Leib halten. Da macht Berg nicht mit. Das sehe ich als nicht geringes Verdienst ihres Romans an. Allerdings verhindert ihr alles umspannender Pessimismus, dass es mich als Leser interessiert, was aus der Menschheit wird. Dem Weltekel folgt die Gleichgltigkeit, da hier auf Erden eben nichts zum Besseren zu wenden ist. Die Jugendlichen Hannah, Karen, Peter und Don erzeugen dabei immerhin phasenweise Anteilnahme bei mir, aber ein nicht-bedrckender Abenteuerroman wie eine Kommentatorin auf Facebook schrieb, ist das Buch in meinen Augen nicht. Dazu ist es zu egal, was die Kids machen. Wir wissen nmlich ab Seite 1, dass in dem literarischen Kosmos Bergs Rettung nicht vorgesehen ist, folglich gibt es auch kein nennenswertes Abenteuer. Fazit: Fr junge Leserinnen und Leser, die einmal einen extrem schwarzhumorigen, durchaus schmissigen, aber auch sehr redundanten Parforceritt durch die Feuilleton-Aufreger der letzten Dekade mitverfolgen mchten und sich moralischen Deftismus leisten knnen. Typische Passagen: Die kommende Generation wrde aus den psychotischen Ex-Kindern aus armen Verhltnissen, den Ritalin-durchgedrehten psychotischen Ex-Kindern aus untergehenden Mittelstandsfamilien und den sadistischen Ex-Kindern aus der Oberschicht bestehen und wre gut gerstet fr das neue Zeitalter. Das sind kemal und Pavel. Kinder von irgendwelchen Einwanderern, die in letzter Zeit gehasst werden, und zwar zu Recht, und zwar, weil sie Schuld an der Klimaerwrmung sind. Und der Privatisierung. Und der Steuerhinterziehung durch Konten auf den Cayman Islands. Prost auf die Klischees.

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