Restaurierung einer Omikron-Armbanduhr

Geschätzte Festgemeinde, einigermaßen beflügelt durch das Uhrmacher-Seminar, das ich Anfang Juli absolviert habe, wagte ich mich an die Restaurierung eines Flohmarkt-Funds. Es ist eine Armbanduhr der mir nicht bekannten Marke Omikron, die aber, dem Aufdruck am schönen, blaugrünen Zifferblatt nach, in der Schweiz hergestellt wurde. Das Ding hat mich satte 6€ gekostet, also riskiere ich nicht allzu viel, für den Fall, daß das Projekt in die Binsen geht. Als ich die Uhr vom Flohmarkt nach Hause gebracht hatte, spannte ich sie gleich auf die Zeitwaage. Sie lief zwar, aber die Werte waren jenseits von Gut und Böse, vor allem die Amplitude lag gerade noch im dreistelligen Bereich. Nötiges Werkzeug ( weitere Zeiger-Abheber, Werkhalter, ordentliche Lupen, Federhaus-Schließer ) und Öle habe ich mir im Vorfeld schon liefern lassen, also konnte ich sogleich loslegen. Als erstes habe ich das unsäglich häßliche Zubehör-Metallarmband entfernt - es war dazu noch ziemlich verschlissen, verschmutzt und paßte im Stil überhaupt nicht zur Uhr. Es war mir nicht einmal ein Foto wert. Der erste Blick ins Innere offenbarte mir, daß ich es wieder einmal mit einem FHF-Uhrwerk zu tun habe, genauer gesagt, einem FHF ST 96. Es handelt sich dabei um ein Drei-Zeiger-Handaufzugswerk aus den frühen Siebziger-Jahren, mit 11,5 Pariser Linien im Durchmesser, 18000 Halbschwingungen/Stunde, 48 Stunden Gangreserve, mit zentraler Sekunde und Datumsanzeige, aber leider ohne Schnellverstellung derselben. Zum Hersteller zitiere ich an dieser Stelle den entsprechenden Eintrag aus der Uhren-Wiki: „Die Fabrique d'Horlogerie de Fontainemelon wird 1793 von Isaac und David Benguerel gemeinsam mit Julien und Francois Humbert-Droz in Fontainemelon unter dem Namen „Benguerel & Humbert“ gegründet und ist der älteste Rohwerkehersteller der Welt. Bereits 1816 wird mit der industriellen Produktion von Uhrwerken begonnen. 1926 beteiligt sich FHF an der Ebauches SA, einer Holdinggesellschaft der Schweizer Rohwerkeindustrie, und verschmilzt später mit der ETA, einem weiteren großen Schweizer Werkehersteller.“ Als zweiten Schritt habe ich mir das Uhrglas aus Kunststoff vorgenommen - einer der Vorbesitzer dürfte mit der Uhr geschweißt oder mit einer Flex hantiert haben. Das Glas war voll mit geschmolzenen Metallspänen. Ich versuchte, es zu retten .... Leider war der Rettungsversuch nicht von Erfolg beschieden - erst nach mehreren Schleif-und Politur-Durchgängen konnte ich erkennen, daß ein bis zwei Späne das Glas soweit durchdrungen hatten, daß Löcher zurückblieben. Also machte ich mich auf die Suche nach passenden Gläsern, die ich zum Glück auf ebay finden konnte. Das Einpressen war relativ einfach. Vorher unterzog ich das Zifferblatt einer ersten Grundreinigung. Das Werk, fixiert von einem metallenen Werkhaltering, ließ sich leicht ausbauen. Die Aufzugswelle wurde durch Federdruck gehalten - ein Druck mit einem schmalen Schraubenzieher genügte, um sie herauszuziehen. Nun galt es also, die erworbenen Kenntnisse anzuwenden und das Werk auseinanderzunehmen. Eines kann ich Euch sagen - es besteht zwischen einem Taschenuhrwerk und einem Armbanduhrwerk schon ein großer Unterschied ! Die Einzelteile sind viel kleiner und schwieriger handzuhaben. Und niemals vergessen - Fotos machen ! Es ist unmöglich, sich die Einbaulage dieser kleinen Metallteile alle auswendig zu merken. Die Teile der Datumsanzeige sind leider Neuland ! Aber die wurden vor 50 Jahren zusammengebaut - also müssen sie sich ja zerlegen lassen. Also, dann nichts wie ran, und nicht vergessen: dokumentieren. Der Aufzugsmechanismus ist auch ein wenig anders aufgebaut, als ich es vor kurzem gelernt habe. Aber das wird schon ... OK, alles auseinandergenommen ! Nun her mit dem Ultraschallreiniger und dem Wundbenzin aus der Apotheke ! Das war noch so ein Tipp aus dem Seminar - Wundbenzin ist frei von irgendwelchen Ölen, die in einem Uhrwerk nichts verloren haben. Leider verdunstet das Zeug sehr schnell, da heißt es nicht trödeln. Immerhin hinterläßt es so gut wie keine Rückstände. Zum Trocknen eignet sich Zeitungspapier sehr gut - es fasert nicht und saugt Benzin-Reste rasch auf. Die Lager habe ich mit dem kleinen Ausbläser durchgepustet. Nun geht’s an das Wieder-Zusammensetzen. Im Datumsmechanismus sind dermaßen kleine Schrauben verbaut, daß es gefährlich ist, die mit der Pinzette aufzunehmen. Ich nahm dafür diese hellgrüne, leicht klebrige Knetmasse, die ich mittlerweile „Uhrmacherschnaps“ getauft habe. Das Federhaus ließ ich im Moment noch unberührt und widmete mich dem Räderwerk. Trotz Fotos mußte ich mir die Reihenfolge der Räder herleiten, aber das funktioniert dank der offensichtliche Merkmale, auch den Länger der Schäfte, eigentlich recht gut. In diesem Arbeitsgang erfolgt auch das Ölen der Lager und Reibungsstellen. Hierbei gilt folgende Faustregel: An Metallteile, die aneinander reiben, kommt Fett ! An langsam drehende Lager kommt dünnflüssiges Öl ! An schnell drehende Lager und an die Ankerpaletten kommt dickflüssiges Öl, das nicht durch die Gegend spritzen kann ! Der Zusammenbau des Aufzugs war die Hölle - stundenlang verzweifelte ich am Kronenrad, das immer wieder von der Feder hüpfte. Erst viel zu spät erkannte ich, daß es wohl eine andere Reihenfolge des Einbaus erforderte. Also nochmal alle Teile des Aufzugs auseinandernehmen und zuerst die Teile rund um die Welle eingebaut, und erst dann setzte ich den Klinkenhebel und die Feder ein - und siehe da ! Es klappte auf Anhieb ! Der Zusammenbau eines so kleinen Räderwerks ist eine fummelige Angelegenheit, aber mit Pausen zum Entlasten der Augen ist es zu schaffen. Dann der große Schreck: Das Ankerrad ist nicht in Position zu bringen ! Obwohl die Räderbrücke vollständig aufsitzt und alle Schrauben angezogen sind, kippt das Ankerrad ständig zu Seite. Also nochmal heraus mit diesem widerspenstigen Ding und unter der stärksten Lupe begutachtet - es war kaum zu erkennen, aber es sieht aus, als wäre der obere Zapfen abgebrochen ! Na, sehr super ! Da bleibt nur, ebay nach Ersatzteilen zu durchforsten. Es fand sich ein Teilekonvolut eines baugleichen Werks .... Mit dem neuen Anker konnte ich das Werk wieder zusammenbauen, zog es auf - aber irgendwie bewegte sich die Unruh genauso lahm wie vorher. Auf der Zeitwaage zeigten sich kaum bessere Werte - erste Zweifel an meinen Fähigkeiten kamen auf ! Aber da war ja noch das Federhaus - vielleicht ist es nach allen den Jahren in einem schlechten Zustand. Also mußte ich das Werk wieder auseinandernehmen und nahm das Federhaus heraus. Da halfen mir einmal mehr die Tipps aus dem Seminar zum Öffnen, Schließen und Prüfen des Höhenspiels. Ich spendierte der Zugfeder sicherheitshalber etwas Schmierung. Doch auf der Zeitwaage zeigte sich nach wie vor kein Erfolg. Die Amplitude der Unruh hungerte weiter in der Gegend von 130°-140° herum. Das war der Zeitpunkt, an dem ich erkennen mußte, daß entweder die Unruh oder die Lager einfach ihr Lebensdauer-Ende erreicht haben dürften. Ich beschloß, nicht mehr Zeit in dieses alte Werk zu investieren. Auf Ebay fand ich ein offensichtlich gut erhaltenes, baugleiches Werk zu einem günstigen Preis, auf das mit der Verkäufer noch 10 % Rabatt gewährte. Nicht lange gefackelt und bestellt ! Der erste Test dieses Werk zeigte viel bessere Werte .... ... - doch oh Schreck ! Die Datumsschaltung funktioniert nicht richtig ! Alles bewegt sich, aber das Datum schaltet nicht weiter, das Schaltrad springt immer wieder zurück. Das Hin- und Hertauschen der betroffenen Teile brachte nichts - kein Erfolg ! Erst nach Stunden erkannte ich, daß der komplette Antrieb der Datumsschaltung immer wieder zurückspringt - das war erst zu sehen, als ich auf Verdacht Markierungen mit einem Edding-Stift auf den Zahnrädern anbrachte. Erst dann fand ich heraus, daß das Minutenrad kaputt war. Nach dem Einsetzen des baugleichen Teils aus dem Originalwerk funktionierte die Datumsschaltung wieder einwandfrei. Nun war endlich wieder ein Weiterkommen ! Ich montierte das Zifferblatt auf dem Werk und kontrollierte es nochmal auf Fremdkörper. Nun widmete ich mich den Zeigern - die alte Leuchtmasse entfernte ich, mischte frische Leuchtmasse an und füllte die Zeiger - das hatte ich ja schon einmal an meiner Mühle-Glashütte gemacht. Nach einigen Stunden Trocknungszeit setzte ich die Zeiger auf die Wellen des Werks - das war auch ein bißchen ein Hin- und Her, denn es gelang erst nach einigen Versuchen, die Zeiger so zu setzen, daß die Datumsschaltung auch einigermaßen auf Mitternacht fiel. Nun die nächste Reglage ... ... und noch einmal alle Werke nach dem Einbau ins Gehäuse kontrolliert ! Wahrscheinlich geht’s besser, aber ich brauche ein Erfolgserlebnis ! Mit diesen Werten werde ich die Uhr eine Zeitlang testen. Jetzt fehlt nur noch das Armband ! Nun ja - sieht so aus, als wäre es wieder eine tragbare Armbanduhr. Ach ja, eine Erkenntnis habe ich gewonnen: Nach jeweils mehreren Stunden, in denen ich bastelnderweise in dem Uhrwerk hing, konnte ich richtig gut schlafen. Die Arbeit an so kleinen Teilen, deren Zusammenspiel ich zum Teil erst erkunden mußte, macht müde - so richtig müde !

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