Schwarze Rhetorik – Warum Langjährige Freundschaften Zerbrechen

Von Lennard / 18. August 2022 / 57 Kommentare / Allgemein   Link zum Video: https://youtu.be/TyTMeRECXjc Ich glaube, es gibt kaum etwas, was unsere Gesellschaft mehr gespalten hat wie die sogenannte Corona-Kriese. Aber warum ist das so? Warum kann man sich trotz unterschiedlicher Meinung zu diesem Thema, nicht respektieren und die Meinung des andern akzeptieren?   Der Grund ist ein psychologisches Phänomen, das sowohl von der Religion als auch von der Politik eiskalt ausgenutzt wird, um die Menschen zu spalten. Der menschliche Flurschaden den Corona hinterlässt gleicht einer Trümmerlandschaft. Langjährige Freundschaften sind, trotz aller Bemühungen zerbrochen, weil der eine für die Regierungspolitik war und ein anderer dagegen. Arbeitskollegen die seit Jahren gut miteinander auskamen stehen sich nun als Feinde gegenüber, weil einer den Lockdown begrüßt und der andere ihn verdammt. Sogar ganze Familien haben sich entzweit, weil einer der Verwandten sich der Impfung verweigerte, während der Rest sie für den einzigen Ausweg aus der Pandemie hielt. Jeder, der zum Thema Corona oder der Impfung seine Meinung sagte musste damit rechnen, missverstanden zu werden. Auch ich habe meine Meinung zu diesem Thema vertreten und möchte schildern, welche Erfahrungen ich gemacht habe. Ich möchte zwei Vorwürfe aufgreifen die mir wegen meiner Meinung zu den Corona-Maßnahmen gemacht wurden.   Der erste Vorwurf „das kann doch nicht wahr sein, dass du die Ungeimpften und die Corona-Demonstranten, diese Querdenker auch noch verteidigst, mündet dann in Fragen wie: „was willst du eigentlich erreichen? Willst du, dass sich keiner mehr impfen lässt? Willst du, dass wir alle ohne Maske durch die Gegend laufen und uns alle anstecken? Willst du, dass wir uns der Pandemie kampflos ergeben“?    Hier zunächst eine kurze Einordnung. Solche Zeitgenossen greifen zu einem Mittel, das man als „schwarze Rhetorik“ bezeichnet. Was ist das? Nun, schwarze Rhetorik bezeichnet eine Strategie, die den Standpunkt des anderen so lange zuspitzt, bis er ins idiotische abgeleitet. Sie argumentieren also nicht gegen meine reale Meinung, sondern gegen ein Zerrbild meiner Meinung. In meinen Stellungnahmen zu den Corona-Maßnahmen ging es mir nie darum einen Ungeimpften oder einen demonstrierenden Querdenker zu verteidigen, sondern darum die Demokratie und die Demonstrationsfreiheit zu verteidigen. Ich trete für die Meinungsfreiheit ein, die in unserem Land, leider auch von politischer Seite, oft eingeschränkt wird.   Und jeder, der gegen die Impfpflicht demonstriert kämpft für sein Recht auf Selbstbestimmung. Und wer seine Sympathie für Demonstranten zum Ausdruck bringt und mit ihnen auf die Straße gegen eine Impfpflicht demonstriere, muss mit ihm nicht in jedem Punkt einer Meinung sein, was das Impfen anbelangt. Es geht um Meinungs- und Entscheidungsfreiheit in dieser Frage.   Ich muss mit ihnen nicht einer Meinung sein, um dieses Grundrecht zu verteidigen. Die Demokratie fängt doch gerade damit an, dass ich denjenigen eine Stimme verschaffe, deren Meinung gerade unerwünscht ist. Man kann diese Meinung durchaus ablehnen, aber Demokratie heißt, dass man sie sich mindestens anhört, dass man sie ernsthaft diskutiert und sie keinesfalls tabuisiert. In meinem Freundeskreis ist es so, dass man dieses Thema tabuisiert, nicht ansprechen möchte, um die Freundschaft nicht zu gefährden, fragwürdige Freundschaften! Und noch eine Methode „schwarzer Rhetorik“. Vorwürfe machen und Schubladendenken. Eine beliebte Schublade ist die Gegenüber in die rechte Ecke zu stellen: „Du denkst und sprichst wie ein Rechtsradikaler“!  Nun, grundsätzlich haben auch Menschen mit einer „rechten Gesinnung“ das Recht sich an solchen Demonstrationen beteiligen, und die Corona-Maßnahmen zu verurteilen, solange keine Gewalt im Spiel ist, und, nicht jeder mit einer „rechten Gesinnung“ ist auch ein „Rechtsradikaler oder Hassprediger. Auch hier werden Begriffe bis ins absurde zugespitzt.   Mit dieser Art von „schwarzer Rhetorik“ werden Menschen in Sippenhaft genommen und mit allem was Menschen mit rechter Gesinnung“ denken und tun in Verbindung gebracht, so als würde man ihre Standpunkte vertreten. Als Veranschaulichung möchte ich auf Berthold Brecht verweisen der einmal sagte: „was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank“. Ein bekanntes Zitat. Kann man ihn deshalb für die zahlreichen Bankräuber der letzten Jahrzehnte verantwortlich machen?   Ist Berthold Brecht für das Attentat der RAF auf den Bankier Alfred Herrhausen verantwortlich zu machen? Könnte man sagen, Brecht habe mit diesem Satz den Attentätern den Weg geebnet? Natürlich nicht, das ist absurd. Doch genau so wird heute argumentiert, das ist „schwarze Rhetorik“. Und wenn ich die Meinung vertrete: „der Impfzwang verletzt die Grundrechte“ dann sage ich das zur Verteidigung der Demokratie und nicht um Demokratiefeinden Munition zu liefern. Und wenn ich der Meinung bin und es auch sage: „ein Gesundheitsminister sollte keine Immobiliengeschäfte mit Pharmalobbyisten betreiben, um ihn unmittelbar danach mit Gehaltsverdoppelung in einem Amt seines politischen Einflussbereiches zu heben, dann sage ich das zur Verteidigung unserer Demokratie und nicht um Hass gegen Politiker zu verbreiten. Ich bin auch nicht verantwortlich für den Applaus, den man mir spendet sollte er aus der rechten Ecke kommen. Auch dieser Vorwurf ist Teil „schwarzer Rhetorik“.  Auch wenn der Applaus aus der falschen Ecke kommt ändert dies nichts an der Wahrheit. Es wird immer einige Idioten geben die dir zustimmen, deren Meinung du aber nicht vertrittst. Man kann auch nichts dagegen tun, dass Meinungen und Standpunkte missverstanden werden. Und jetzt komme ich auf das psychologische Phänomen zu sprechen, dass so viel Hass und Bösartigkeit in die Corona-Debatte gebracht hat, die Projektion!   So bezeichnete Sigmund Freud denn Umstand, wenn jemand einen Anteil seiner selbst, den er innerlich verdrängte, in den Taten eines anderen sah und ihn dann laut anklagte. Ein Beispiel aus dem Alltag mag dir helfen zu verstehen, was mit „Projektion“ gemeint ist. Du stehst auf der Autobahn im Stau und kurz vor einer Ausfahrt blinkt dein Vordermann nach rechts um über die Standspur schneller zur Ausfahrt zu gelangen, er drängelt sich ohne Rücksicht vor. Du spürst wie eine Wut in dir aufsteigt über diesen Verkehrsrowdy. Du schimpfst und fluchst innerlich. Es kann aber in Wirklichkeit auch sein das du nur deshalb so aufgebracht bist, weil du selbst gern dasselbe tun möchtest, aber du traust dich nicht. Und so lässt du den Dampf nach außen ab. Dieses Verhalten bezeichnete Sigmund Freud als „die Projektion“ indem man die wirkliche Ursache seiner Gefühle innerlich verdrängt und andere anklagt. Wer zum Beispiel jeden, der sich gegen die Corona – Maßnahmen gewehrt hat sofort zum Demokratiefeind erklärt hat, zum Verschwörungstheoretiker oder zum Rechtsradikalen, der hat vielleicht tief in seinem Inneren gespürt, dass er sich selbst demokratiefeindlich verhält, wenn er das Aussetzen der Berufsfreiheit oder der Demonstration- und Reisefreiheit einfach so hinnimmt.   Wenn er sich das nicht eingestehen kann wendet er sich mit seiner Wut nach außen, er stempelt den Kritiker der Corona-Maßnahmen zum Demokratiefeind, führt seinen Krieg nach außen. Um seinen inneren Frieden zu bewahren möchte er über dieses Thema auch nicht sprechen und würgt jede Auseinandersetzung mit diesem Thema aggressiv ab, besonders dann, wenn er innerlich zu der Überzeugung gelangt, einer Lüge gefolgt zu sein. Damit erspart er sich eine Begegnung mit seinem eigenen Spiegelbild.   In solchen Gesprächen erkannte ich aber oft auch versteckte Anzeichen des Selbstzweifels der sich hinter dem Hass über die Ungeimpften, diesen Seuchentreibern und Volksschädlingen verbarg. Den eigenen leisen Zweifel über den Nutzen und Sinn dieser Impfung übertönte er mit Wut auf die Ungeimpften oder auf deren Argumente. Und das Gegenteil kann man auch beobachten, dass jemand abschätzig über die Geimpften sprach, aber die Impfung selbst doch gern in Anspruch genommen hätte, aber seine Zweifel übertönte, in dem er alle lächerlich macht und für dumm erklärt die diese Impfung genommen haben.   Wenn wir auf eine andere Meinung mit Wut und Verächtlichmachung reagieren, hat dies oftmals wenig mit dem anderen, als vielmehr mit uns selbst. Jedes Mal sollten wir uns fragen, woher kommt die Explosion der Emotionen in mir selbst? Welche Rolle spielen meine eigenen Verletzungen, meine eigenen Ängste, welche Rolle spielt meine eigene Rechthaberei? Oft ist das, was wir an einem anderen beklagen ein verdrängter Anteil unserer selbst. Wie konnte man so schön über dem Tempel der alten Griechen in Delphi lesen: „erkenne dich selbst dann erkennst du Gott“ Ein weiser Spruch, der grundsätzlich für alle Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen gilt: „wer den Blick nach innen richtet der kann daran wachsen, wer aber nur Wut nach außen projiziert der macht nicht nur die anderen kleiner, sondern der schrumpft auch selbst“ Wie gesagt, das gilt über die Corona-Krise hinaus und sollte eine wichtige Lehre für uns alle sein.   Doch was hat dies alles mit meiner Zeit als Zeuge Jehovas zu tun? Dazu mehr in einem weiteren Artikel.

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Uwe Schürmann

Sprechwissenschaftler Sprecherzieher (DGSS) Lehrlogopäde AAP®-Stimm- und Lehrtrainer Weitere Informationen: Aufbau und langjährige Leitung mehrerer Praxen in Münster, Telgte und Osnabrück mit 20 Angestellten. Zugunsten der Lehrtätigkeit Rückzug aus d

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