Ende April/ Anfang Mai 2023 war ich mit meinem Lebensgefährten (ich mag das Wort nicht), also mit meinem Freund, zum Selbsthilfegruppentreffen in Fulda. Gern möchte ich die Gelegenheit nutzen und hier ein paar Eindrücke wiedergeben. Zum 3. Mal war ich bei einem Selbsthilfegruppentreffen des Vereins dabei, davon zum 2. Mal in Fulda. Ich bin jedes Mal wieder erstaunt, wie herzlich ich in der Gruppe aufgenommen werde. Das ist meiner Meinung nach nicht selbstverständlich, da ich ja nicht direkt vom Klinefelter-Syndrom betroffen bin, sondern nur indirekt durch meinen Freund. Trotzdem sprechen die Betroffenen ganz offen über ihre Situation, ihre Beschwerden, Arztbesuche, Lösungsansätze, Kinderwunsch, Probleme im Alltag usw. Die Treffen bieten Gesprächsmöglichkeiten im großen Kreis mit allen Anwesenden, aber auch zum Austausch in kleineren Gruppen. Insbesondere beim Rahmenprogramm (gemeinsames Mittag-/ Abendessen, Besuch der Gartenschau etc.) kann man auch unter vier Augen ins Gespräch kommen. Es soll aber nicht der Eindruck entstehen, dass drei Tage lang „nur“ Probleme und Krankengeschichten ausgetauscht werden – nein, es werden auch ganz alltägliche Themen angesprochen (Rezepte, Garten, Urlaub …). Denn darum geht es ja: Unabhängig vom Klinefelter-Syndrom sind alle Betroffenen einfach Menschen, wie jeder andere auch. Aber es sind besondere, meist sehr feinfühlige Menschen. Ich habe alle als sehr offen und herzlich erlebt. Jeder wird respektiert und akzeptiert, so wie er ist. Es herrscht eine große Toleranz in der Gruppe. Das gilt auch für alle Angehörigen (Partnerinnen und Eltern). An dieser Stelle möchte ich auch gern den ein oder anderen, der noch nie bei einem der Treffen dabei war, ermutigen, beim nächsten Mal dabei zu sein. Es wird beim Treffen keiner genötigt, seine Geschichte und seine Erfahrungen mit dem Klinefelter-Syndrom vor allen zu erzählen. Wer eher introvertiert ist (so wie ich) und lieber erst mal nur zuhören möchte, ist hier genauso willkommen, wie Teilnehmer, die von Anfang an sehr offen über ihre Themen sprechen. Genauso ist es okay, wenn sich jemand an einem Tag oder für ein paar Stunden zurückziehen möchte. Oft erhält man beim Treffen in kürzester Zeit so viele neue Eindrücke, dass diese erst mal verarbeitet werden müssen. Es wird niemand „schief angeguckt“, wenn er sich zurücknimmt und z. B. erst am nächsten Tag wieder teilnimmt. Genauso ist die Teilnahme am „Kulturprogramm“ freiwillig. Jeder gibt, so viel er bereit ist zu geben. Und jeder nimmt die Infos mit, die für ihn sinnvoll und für seinen Alltag relevant sind. Kürzlich wurde mein Freund von einem Bekannten gefragt, ob die Treffen mir als Angehörige überhaupt etwas bringen. Das kann ich tatsächlich gar nicht so richtig in Worte fassen, aber ich möchte es versuchen: Im Alltag kenne ich nur meinen Freund, der vom Klinefelter-Syndrom betroffen ist. Andere Erfahrungen diesbezüglich habe ich nicht. Ich finde es deshalb interessant, andere Betroffene zu treffen. Hier hatte ich erstmals die Möglichkeit zum Austausch. Auch konnte ich hier Gemeinsamkeiten der Männer erkennen seien es Themen wie die Hormonbehandlung, das Herausfinden der individuellen Dosierung von Testosteron, aber auch Charaktereigenschaften. Mir war z. B. vorher nicht bewusst, dass die Liebe zum Detail, das Hinterfragen von scheinbaren Nebensächlichkeiten, das enorme Gedächtnis hinsichtlich aus meiner Sicht unwichtiger Erlebnisse in der Vergangenheit oder das unbefangene, offene, neugierige Wesen oft zum typischen Klinefelter gehört. Aber natürlich sind nicht alle gleich. So gibt es Männer, die starke Beeinträchtigungen spüren und andere, die im Alltag kaum bemerken, dass sie Klinefelter sind. Gerade diese Vielfalt ist für mich spannend. Andererseits finde ich auch den Austausch mit den anderen Angehörigen gut. So konnte ich meine Erfahrungen mit der Mutti eines Betroffenen besprechen, so dass sie bzw. ihr Sohn ggf. von unseren/ meinen Erfahrungen profitieren kann. Denn genau darum geht es: Selbst-HILFE-Gruppentreffen. Man hilft sich untereinander, tauscht sich aus. Genau das fehlt mir im Alltag. Da gibt es niemanden, mit dem ich mich wirklich über die Thematik austauschen kann außer natürlich mit meinem Freund. Beim Treffen kann man ohne große Erklärungen direkt seine Themen ansprechen. Keiner muss sich erklären oder weit ausholen, da jeder weiß worum es geht. Ich bin auf jeden Fall wieder mit einem positiven Gefühl aus dem letzten Treffen gegangen. Zuletzt möchte ich mich noch beim Vorstand bedanken für die Organisation der Selbsthilfegruppentreffen. Ihr sorgt immer für gute Rahmenbedingungen und für ein schönes „Kulturprogramm“. Dadurch ist es so viel mehr als nur ein Selbsthilfegruppentreffen. Es ist wie eine kleine Auszeit vom Alltag mit der Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten. Danke Euch! – Ich freue mich auf unser nächstes Wiedersehen! Eure Cathleen Der Beitrag Selbsthilfegruppentreffen 2023 im Kloster Frauenberg erschien zuerst auf 47xxy Klinefelter Syndrom e.V..
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