Shadow and Bone Staffel 2: erzählerischer Reinfall

Die zweite Staffel Shadow and Bone ist erzählerisch leider eine absolute Katastrophe geworden. Schon in der ersten Staffel waren Figuren und Konflikte recht oberflächlich. In der zweiten Staffel kommt kein einziger Konflikt mehr zum Wirken (bis auf eine Ausnahme). Besonders im Alina-Plot sind Figuren und Handlung so stark verändert und zusammengekürzt, dass man sie nicht wiedererkennt. Aber auch beim Crows-Plot haben die Drehbuchautoren an vielen Stellen versagt – ich sag nur #Wesper. Ein kleiner Rant. (Ich versuche, so weit es geht spoilerfrei zu bleiben.) Jetzt ist es also so weit gekommen. Ich muss diese Serie verreißen. Es tut mir total Leid für alle, die gut unterhalten wurden – das war bei mir leider absolut nicht der Fall und ich erkläre auch gleich warum. Meiner Meinung nach hat die Serie in einigen zentralen Punkten versagt, indem sie wichtige Elemente der Buchvorlagen von Leigh Bardugo nicht verstanden haben: 1. Wie Konflikte aufgebaut werden, sodass sie wirken Das Herzstück einer guten Erzählung sind die Konflikte, oder? Tja, die wurden in der zweiten Staffel von Shadow and Bone leider komplett unwirksam gemacht und an vielen Stellen sogar ins Lächerliche gezogen (bis auf wenige Ausnahmen, wie gesagt). Die Konflikte aus den Grishaverse-Buchvorlagen (oder auch neue Konflikte) werden in der Serienhandlung nicht aufgebaut und können deshalb auch keine Wirkung zeigen. Stattdessen rast das Skript durch die Handlung und „schmeißt“ den Zuschauenden ständig neue Wendungen ohne Kontext hin. So verliert die Handlung einen Großteil ihrer Spannung und ist einfach nur noch anstrengend. (Ich musste mich wirklich oft zwingen, dranzubleiben.) Beispiele gefällig? Alina Starkov + der Konflikt mit dem Darkling Das betrifft den Alina-Plot zu 100 Prozent und den Crows-Plot zu 70 Prozent, würde ich sagen. Alina hat keinen Konflikt mehr mit dem Darkling. (Mein armes Herz, ich sag’s euch. Ich hab so gelitten bei diesem oberflächlichen Bullshit.) Das Spannende in der Shadow-and-Bone-Buchtrilogie ist doch Alinas Zwiegespaltenheit in ihrer Beziehung zum Darkling (und zu sich selbst!). So entsteht eine gute Helden-Antagonisten-Beziehung: Die beiden Parteien müssen sich in einem kontinuierlichen Prozess der Anziehung und Abstoßung befinden, z.B. wenn der Held oder die Heldin bemerkt, dass er oder sie doch mehr mit seiner / ihrer Erznemesis gemein hat als gedacht. Im Buch ist Alina hin- und hergerissen zwischen Identifikation mit dem Darkling sowie erotischer Anziehung, aber eben auch Abstoßung, Angst und Hass. Alina ist in der Serie null zwiegespalten über den Darkling. Sie hasst ihn von der ersten bis zur letzten Minute und fertig. Sie will ihn vor allem loswerden, weil sie Angst hat, er könnte sie durch ihre telepathische Verbindung über den Hirsch-Amplifier ausspionieren. Denn am Ende ist er nur noch ein Hindernis auf ihrem Weg, den Fold zu zerstören. Von einem eigentlich spannungsreichen Verhältnis zwischen den Figuren bleibt nichts übrig. Davon zeugen auch die ziemlich platt geschriebenen „tether“-Szenen. An einer Stelle versucht die zweite Staffel der Serie, noch eine Andeutung von Konflikt aufzubringen: Alina hat in der fünften Folge einen Dialog mit Baghra, wo sie über ihre Gefühle gegenüber dem Darkling spricht. Sie hat das Gefühl, er habe ihre Identität vereinnahmt, indem alles, was sie tut, um ihre Kräfte zu verstärken, nur deshalb passiert, um ihn abzuwehren. Auch dass sie ihre eigene Macht erkennen konnte, dass sie mehr ist als ein Waisenmädchen, schiebt sie allein seinem Einfluss zu. Auch hier passiert wieder eine Vereinfachung gegenüber der Buchvorlage: Denn Alinas Konflikt mit dem Darkling ist ja gerade ihre anfängliche Weigerung, ihre eigene Macht anzuerkennen während er will, dass sie sie endlich akzeptiert. Sie will normal sein, er will, dass sie ihre Besonderheit anerkennt. Natürlich aus egoistischen Gründen, aber genau das macht ja wieder den schönen Konflikt im Buch aus, dass er sie aus niederen Gründen zu etwas manipulieren will, was ihr aber zum Vorteil gereicht, nämlich zu ihrer eigenen Selbstakzeptanz. So viel Subtilität gelingt der Serie natürlich nicht. Dadurch, dass dieser Konflikt – den Alina in den Büchern also eigentlich gleichzeitig mit ihrem Erzfeind und mit sich selbst ausficht – in der Serie so stark vereinfacht wird, wird er langweilig und Alinas Figur ziemlich flach. Denn so fällt auch ihr ganzer Selbstermächtigungs-Plot unter den Tisch. (Dazu noch weiter unten mehr.) Tipp: In meiner Figurenanalyse zu Alina Starkov gehe ich u.a. genauer auf Alinas Konflikte und ihre Entwicklung in den Büchern ein. Kaz und Inej Kaz` Kindheitstrauma wird Knall auf Fall in der ersten Folge der zweiten Staffel mithilfe von Flashbacks eingeführt, ohne entwickelt zu werden. Als Zuschauer*in wird man quasi „in your face“ dazu gezwungen, mit ihm mitzuleiden, aber das funktioniert nicht, weil dieses Trauma völlig aus dem Nichts aufgebracht wird. Es gibt in der zweiten Staffel Shadow and Bone ein Äquivalent zu der Szene aus Six of Crows, in der Kaz beinahe in Ohnmacht fällt, weil er den engen Körperkontakt zu Menschen nicht ertragen kann. Die hat aber wenig Impact, weil sie nur schnell runtergerissen wird und eben der ganze Kontext fehlt. Zugegeben: Die Spannung zwischen Kaz und Inej und deren Slow-Burn-„Romanze“ ist noch die Figurenbeziehung, die die Serie am besten getroffen hat. Aber leider gestaltet sich auch die beste #Kanej-Szene aus den Büchern, als Kaz Inej beim Verbinden ihres verletzten Arms hilft, in der Serie recht antiklimaktisch. Nur so viel: Statt der Intimität,  die diese Szene in der Buchvorlage ausmacht, bekommen wir nur einen kurzen „awkward“ Moment zwischen den beiden und danach geht’s gleich weiter im Dialog, um den Plot voranzutreiben. Hierzu trägt auch bei, dass Inej‘ Konflikt (sie hat Probleme mit Körperkontakt, weil sie zur Prostitution gezwungen wurde), in der Serie komplett gestrichen wurde.  Das wird nie gezeigt, und so scheint es, als sei Kaz der einzige mit Trauma in dieser Paar-Konstellation. Was Inej‘ Figur wirklich Einiges an Tiefe nimmt. Gegen Ende der Staffel gibt es aber noch zwei ziemlich gute Szenen mit Kaz und Inej, mit Abstand die besten Szenen der Staffel. Jesper und Wylan kleiner Spoiler! Sorry, hier muss ich ein Handlungsdetail spoilern, um mein Argument deutlich zu machen. Auch die Slow-Burn-Romanze von #Wesper fällt der Turbo-Geschwindigkeit zum Opfer, mit der die Serie durch den Plot rast. Gerade Wylans Geschichte hat in den Six-of-Crows-Büchern eine so schöne Coming-of-Age-Dynamik. Dazu gehört auch, dass er seine Sexualität akzeptieren lernt. Diese Entwicklung und das langsame Näherkommen dieser ungleichen Figuren hebt die Serie mehr oder weniger auf, indem sie Jesper und Wylan ein One-Night-Stand andichtet, das in der Vergangenheit passiert sein soll und an das sich Jesper erst im Laufe der Staffel erinnert. Cringe hoch zehn!  Alles, was ich bisher kritisiert habe, ist zu einem großen Teil dem absoluten Wahnsinn geschuldet, in einer Staffel drei Buchplots plus noch zusätzliche, neu erfundene Handlung erzählen zu wollen. Aber gerade beim Alina-Plot wurden so viele Details absichtlich verändert, dass ich nur noch das Gefühl hatte, die Showrunner wussten absolut nichts mit den Shadow-and-Bone-Büchern anzufangen und haben sich eine neue Handlung ausgedacht, die ihnen mehr „Netflix-affin“ vorkam. (Sprich: Mehr plumpes Drama anstatt stimmig entwickelter Konflikte.) Noch ein Punkt: In Anbetracht all dessen, was in der Serie schief läuft, erschien es mir jedes Mal ziemlich lachhaft, wenn sie versucht, krampfhaft Verbindungen zur Buchvorlage aufzubauen, indem sie in manchen Dialogen wörtliche Zitate aus den Romanen übernimmt. Denn es wurde ja vorher nicht darauf hin entwickelt, was diese Aussagen für die Figuren bedeuten, oder was der jeweilige Dialog für die Figurenbeziehung in der Szene bedeutet. Ich wollte mehrmals laut zu meinem Fernseher sagen: „Ist gut, lass stecken!“ Das war einfach nur frustrierend anzuschauen. 2. Spannungsaufbau Ohne wirksame Konflikte wird es natürlich mit der Spannung schwierig in der Serienfassung von Shadow and Bone, wie von mir eben ausführlich beschrieben. Dazu kommt außerdem: Die Showrunner haben gute Szenen aus den Buchvorlagen so verändert, dass sie ihren Spannungsbogen verlieren. Wie die Seeschlange erlegt wird, ist ein bisschen antiklimaktisch, aber noch viel schlimmer:  eine der besten Szenen aus Siege and Storm wurde zu einem lächerlichen Minimum zusammengekürzt, dass ich erstmal versucht war, die Serie komplett abzubrechen. 3. Figurenaufbau und -entwicklung Die allermeisten Figuren wurden aus Zeitmangel auf ein Minimum ihrer eigentlichen Entwicklung aus den Büchern zusammengekürzt, dazu gehören z.B. Inej, Nina (deren Plot mit Matthias kaum vorhanden ist) und Wylan. Besonders hervorheben möchte ich den Darkling und Nikolai. Der Darkling Wirklich kaum anzusehen vor Peinlichkeit war für mich die Figur des Darklings. (Sorry, Ben Barnes, du kannst nichts dafür!) Seine Figur wurde gerade in der zweiten Staffel Shadow and Bone auf eine lächerliche Karikatur seiner selbst reduziert. Alles, was er tut, ist melodramatisch und übertrieben. Der Buch-Darkling ist zum Beispiel gegenüber Alina nie physisch gewalttätig – weil er es nicht muss! Er ist so gut im Manipulieren, dass er sie eben umso besser mental verletzen kann. In der Serie versuchen die Drehbuchschreiber, das z.B. mit einer übertrieben gewalttätigen Konfrontationsszene zwischen Alina und dem Darkling auf die Leinwand zu adaptieren und das wirkt nur lächerlich. Auch, dass er die ganze Zeit auf ziemlich plumpe Art um Alinas Aufmerksamkeit bettelt („You need me to be your balance“ anstatt „You were meant to be my balance“), war schwer mit anzuschauen. Dass der Darkling in der Serie weniger übermächtig ist, gleicht zwar eine Schwäche der Buchvorlage aus. Interessanter wird er dadurch aber leider auch nicht. Mitleid beim Zuschauer hervorzurufen reicht nicht, eine Figur spannender zu machen. Neben seiner plötzlichen körperlichen Schwäche hätte der Darkling in der Serie trotzdem ambivalent bleiben müssen, indem er z.B. seine manipulative Macht über Alina beibehält, aber das passiert nicht. Es ist zum Heulen. Nikolai Auf Nikolais Erscheinen in der Serie hatte ich besonders hingefiebert, weil er in den Buchvorlagen einfach eine tolle, zwiespältige, schillernde Figur ist mit den witzigsten Dialogparts. In der zweiten Staffel von Shadow and Bone wirkt er allerdings reichlich blass. Zum Teil blitzt sein selbstironischer Charme durch, aber was ihn in der Buchvorlage zu einer komplexen Figur macht, wird in der Serie weggelassen. Er hat im Buch eindeutig das „Impostor-Syndrom“ und versucht ständig, mit Charme und Humor über seine eigenen Unsicherheiten hinwegzutäuschen, was seinen Status als Thronfolger von Ravka angeht. Das kommt in der Serie nicht rüber. 4. Feministische Frauenfiguren Wenn Leigh Bardugo eins kann, dann ist es, emanzipierte Frauenfiguren zu schreiben, die nicht immer körperlich stark sein müssen, um ihre innere Stärke zu finden. Genya Safin ist dafür ein perfektes Beispiel, aber auch sie ist in der Serie nicht wiederzuerkennen. Genya Safin Genya Safins Serienadaption ist eine einzige Enttäuschung. Aus einer Auftragskillerin, die sich hinter einem hübschen Äußeren versteckt, macht die Serie eine passive damsel in distress. Ihr Plot wurde so stark vereinfacht, dass auch von ihrem Selbstermächtigungs-Plot nichts übrig bleibt. Ihre Figur ist im Buch doch deshalb so spannend, weil sie in ihrer Fragilität so viel Stärke entwickelt! Diese Stärke wurde aber gestrichen. Und, am schlimmsten: In der Serie hat sie keinen Stolz mehr (auch nicht mehr gegenüber David!) und wartet eigentlich nur noch darauf, dass sie gerettet wird. Alina Starkov Alinas Figur erlebt in der Buchvorlage eine Selbstermächtigung, indem sie sich mit ihrem Auserwählten-Status und ihrer wachsenden Grisha-Macht auseinandersetzt. Das blendet die zweite Staffel von Shadow and Bone komplett aus. Im Buch Siege and Storm beschließt Alina, dass sie sich dem Bürgerkrieg in Ravka und ihrer Rolle darin stellen will. Sie muss sich ihre Autorität als „Nachfolgerin“ des Darklings und Anführerin der Zweiten Armee aber erst mal erarbeiten. In der Serie muss sie das nicht. Sie bekommt die Second Army von Nikolai übertragen und fertig. Alina hat in der Serie auch keinen inneren Kampf mit ihrer eigenen Machtgier, keine Gewissensbisse. Sie ist einfach immer mehr „overpowered“, ohne dass sie sich das im Plot verdienen müsste. So flacht ihre Figur aber deutlich ab, weil einfach die Entwicklung hin zur Selbstakzeptanz und Selbstermächtigung nicht passiert. Dazu auch mehr in meinem bereits erwähnten Blogartikel zu Alinas Figur. Im Finale der zweiten Staffel passiert noch etwas mit Alina, was ich als einzige gute Entwicklung ihrer Figur beschreiben würde. Aber auch das wirft wieder größere Plotprobleme auf und ich traue den Showrunnern nicht zu, dass sie die lösen können. Das werde ich mir daher nicht mehr ansehen. Inej Ghafa Wie oben schon erwähnt: Inej‘ Konflikte, z.B. mit ihrem eigenen Trauma, werden negiert, sie ist in der Serie nur noch da, um für Kaz als „love interest“ zu dienen, und das ist schon ein wenig enttäuschend. Fazit Dieses erzählerische Chaos hätte ich mir sparen sollen. Ich frage mich, warum die Serienmacher nicht einfach von Anfang an eine stimmige Six-of-Crows-Serie gedreht haben (anstatt beide Buchreihen zusammenzumixen), denn bei Kaz und Inej konnte man ja sehen, dass sie es schaffen, Figuren ernst zu nehmen und Figurendynamiken spannend darzustellen. Wie war euer Eindruck von der zweiten Staffel Shadow and Bone? Der Beitrag Shadow and Bone Staffel 2: erzählerischer Reinfall erschien zuerst auf Ant1heldin.

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