Studienortwechsel: von Lettland nach Erlangen

Interview mit Felicitas: Wo hast du vor deinem Wechsel studiert? Wohin bist du gewechselt? Ich habe in Riga an der Riga Stradins Universität studiert und habe im April 2018 über Bewerbungsrenner einen Platz in Erlangen / Nürnberg bekommen. Ich hatte sogar noch ein zweites Angebot aus Ulm, bin dann aber nach Erlangen gegangen. In welches Semester hast du dich beworben? Wie viele Semester hast du vorher an der anderen Universität studiert? Ich habe mich auf das fünfte Semester beworben und bin auch so eingestiegen. In Riga hatte ich zuvor vier Semester studiert. Beim Wechsel war ich schon im fünften Semester, weil das Studium in Riga etwas früher anfängt als in Deutschland. Wie ist der Wechsel an deine neue Universität verlaufen? Auf einer Skala von 0 ohne Probleme bis 10 sehr kompliziert Ich würde sagen, eine 6-7. Man muss sich ja relativ schnell immatrikulieren, sonst verfällt der Studienplatz. Ich glaube, ich hatte eine Woche Zeit, um mich in Riga zu exmatrikulieren und dann in Deutschland einzuschreiben. Dazu musste ich persönlich erscheinen und das war schon ein großer organisatorischer Aufwand mit allen Dokumenten, die vorgelegt werden müssen. Man wohnt ja noch im Ausland und muss sich zudem eine Wohnung suchen, sich ummelden und so weiter. Ich erinnere mich, dass ich mit zitternden Händen im Immatrikulationsamt stand und mir versichern ließ, dass mir niemand mehr diesen Studienplatz wegnehmen kann. So konnte ich mich dann in Riga exmatrikulieren, ohne Angst zu haben, gar keinen Studienplatz mehr zu haben. Ansonsten gab es insgesamt wenig bis keine Hilfestellung für das ganze Prozedere. Wurden deine Studienleistungen angerechnet? Gab es hierbei Schwierigkeiten? Wenn ja, wobei? Ich habe eigentlich alles ohne Probleme anerkannt bekommen. Ich konnte sogar noch Leistungen aus dem fünften Semester anrechnen lassen. Etwas ärgerlich fand ich, dass Fächer, die ich bereits in Riga in der Vorklinik gemacht habe, in Deutschland aber klinische Fächer sind, nicht anerkannt wurden. Zum Beispiel musste ich Mikrobiologie wiederholen, obwohl ich das Fach in Riga bereits abgeschlossen hatte. Im Endeffekt war das aber nicht so schlimm, weil alle anderen Anrechnungen keine Probleme gemacht haben. Welche Schwierigkeiten oder Komplikationen sind im Studienablauf aufgetreten? Was war für dich die größte Herausforderung beim Wechsel an die neue Universität? Es war eine komplette Systemumstellung. Ich habe Riga als viel schulischer empfunden. Dort hat man einen Stundenplan und weiß, welche Kurse man besuchen muss. Als ich nach Deutschland kam, hieß es, du loggst dich bei irgendeinem System ein und wählst dir deine Kurse selbst. Damit war ich vollkommen überfordert, man kennt ja auch noch niemanden, den man fragen kann. Am schwierigsten fand ich es, mich anfangs zurechtzufinden: was man machen muss, wo man sich für was anmelden muss, wo was ist. Es gibt dazu auch fast gar keine Hilfestellung seitens der Uni. Das fand ich schwierig und das ist auch im Ausland völlig anders. Was ich auch als schwierig empfunden habe, war es, Anschluss zu finden! In Deutschland läuft ja alles über Vorlesungen, d.h. dort gehen alle hin, hören sich das an und gehen wieder. Da kann man nicht so einfach Leute fragen, ob sie mal Lust haben, einen Kaffee zu trinken. Zum Glück sind noch fünf weitere Kommilitonen aus meinem Semester in Riga gewechselt, die ich dann schon kannte. Wie lange hat es gedauert, bis du dich im Hinblick auf dein Studium an deiner neuen Universität “zu Hause” gefühlt hast? Das hat lange gedauert. Im ersten Jahr bin ich fast jedes Wochenende nach Hause gefahren. Dann habe ich mich so langsam eingewöhnt und habe Leute kennengelernt. Es gibt ja zum Glück bestimmte Gruppen im Studium, besonders im Medizinstudium, die immer bestehen und es gibt eine Fachschaft, die auch die Neulinge sehr unterstützt. Aber bis ich mich wirklich wohl gefühlt und durch das ganze System durchgeblickt habe, hat es bestimmt ein Jahr gedauert. Zwischendurch habe ich mich schon gefragt, ob ich nicht besser in Riga hätte bleiben sollen. Da wusste ich ja Bescheid und kannte alle Abläufe. Aber in Riga haben alle von Deutschland geträumt, da besteht dieser Mythos, dass in Deutschland alles viel besser ist. Und so haben sich natürlich auch viele heimlich beworben und sind dann gegangen, was es mitunter schwer machte, sich wirklich einzulassen. Aber es war insgesamt doch alles sehr transparent und ich wusste genau, wie das Jahr aussieht. Das fand ich in Deutschland sehr viel schwieriger. Und im Hinblick auf dein Sozialleben? Das hat nur ein paar Monate gedauert. Ich hatte das große Glück, dass noch andere Kommilitonen aus meinem Semester in Riga nach Erlangen gewechselt sind. So hatte ich direkt eine Gruppe, mit der ich etwas unternehmen konnte. Später bin ich dann in WGs gezogen und habe auch da neue Leute kennengelernt. Das ist mir nicht so schwer gefallen. Was sind für dich die wesentlichen Unterschiede zwischen dem deutschen und dem lettischen Hochschulsystem? Der größte Unterschied ist, dass das System in Riga viel verschulter ist und man einen festen Stundenplan hat, der alles vorgibt. In Deutschland hat man auch ein paar Pflichttermine, aber theoretisch gibt es nur wenige anwesenheitspflichtige Veranstaltungen. In der Vorklinik ist das vielleicht etwas anders, das kann ich nicht beurteilen. Ein weiterer Unterschied ist, dass man in Deutschland nicht an die Hand genommen wird und das Verhältnis zu den Dozenten viel unpersönlicher ist. Das fängt schon damit an, dass hier niemand meinen Namen kennt. Das war in Riga schon anders, dort studiert man auch im Klassenverband und abgestimmt auf den aktuellen Wissensstand der Studenten. Darauf wird in Deutschland keine Rücksicht genommen. Am Ende des Semesters schreibt man Klausuren und niemand hat ein persönliches Interesse daran, ob man sie besteht oder nicht. Würdest du nochmal wechseln? Welche Gründe sprechen dafür, bzw. dagegen? Die Frage wird mir oft gestellt! Meine Schwester und mein Bruder studieren auch im Ausland und fragen mich das. Ich würde nein sagen. Ich weiß nicht, ob ich mich noch mal diesem Druck aussetzen würde, den der Wechsel mit sich bringt. Aber ich finde, von allen möglichen Studienstandorten ist Erlangen das Beste, was mir passieren konnte, weil es eine kleine Stadt ist, in der man schnell Leute kennenlernt und die sehr studentisch geprägt ist. Ich kann total verstehen, wenn man wechseln will, weil man nach Hause oder zumindest näher an die Heimat möchte und das deutsche System miterleben will. Und wenn jemand die Chance hat, in eine Studentenstadt zu wechseln, würde ich sagen, dass das eine tolle Chance ist, aber unbedingt empfehlen auf Biegen und Brechen kann ich das nicht. Gibt es etwas, das du uns, bzw. künftigen Bewerber:innen gerne mitgeben würdest, um den Wechsel noch einfacher zu gestalten? Ich würde auf jeden Fall Bewerbungsrenner empfehlen. Mich hat es total überfordert, dass jede Uni irgendwas anderes will und man das auf deren Internetseiten gar nicht richtig herausfindet, was die genauen Voraussetzungen sind. Das ganze Verfahren ist sehr zeitintensiv. Dabei steht man im Studium sowieso schon unter Strom. Bewerbungsrenner würde ich in jedem Fall wieder engagieren. Wenn ich nochmal wechseln würde, würde ich außerdem von Anfang an in eine große WG ziehen, so lernt man am schnellsten Leute kennen. Und ich finde es sinnvoll, sich mit anderen Leuten, die im Ausland studiert haben, zu treffen. Vielleicht könnte man sogar so eine Art Plattform schaffen. Es wäre sehr hilfreich, wenn Informationen weitergegeben werden könnten und Leute, die neu ankommen, sich an die wenden könnten, die schon länger da sind. Da tauchen ja so viele Fragen auf, zum Beispiel zu den Anrechnungen, die ganz leicht zu beantworten sind, wenn man das alles schon mal gemacht hat. Man könnte sich auch bei der Wohnungssuche unterstützen oder erklären, wie das mit dem Staatsexamen läuft. Ich würde auf jeden Fall heute gleich Kontakt zu anderen Studenten suchen, die auch im Ausland waren und gewechselt sind. Das ist in jedem Fall viel ergiebiger als Anfragen an die Uni zu stellen. Der Beitrag Studienortwechsel: von Lettland nach Erlangen erschien zuerst auf Bewerbungsrenner.

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