Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff - Philologe und preußischer Patriot

Das wissenschaftliche Verstehen und Interpretieren altgriechischer Verskunst hat Ende des 19. Jahrhunderts einen großen Schub erfahren. Entscheidenden Einfluss hatten dabei preußische Philologen und insbesondere Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, dessen 175. Geburtstag an diesem Freitag gewesen wäre. Der klassische Philologe wurde am 22. Dezember 1848 auf Gut Markowitz in dem westlich der Weichsel gelegenen Kujawien, Provinz Posen, geboren. Sein Vater, der preußische Major Theodor von Wilamowitz, war von seinem kinderlos gebliebenen Urgroßonkel Generalfeldmarschall Wichard von Moellendorff kurz vor dessen Tod adoptiert worden, sodass 1815 der Doppelname entstand. Von seinen vier Geschwistern legte noch sein älterer Bruder Hugo Freiherr von Wilamowitz-Moellendorff ab 1890 als Oberpräsident der Provinz Posen eine beachtliche Karriere hin. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff wurde zunächst von einem Hauslehrer auf dem Gut unterrichtet, bevor er als Tertianer auf der noch heute bestehenden Landesschule Pforta bei Naumburg weiter unterrichtet wurde, wo er auch auf Friedrich Nietzsche traf. Auf der Schule weckten Lehrer bei dem Musterschüler das Interesse an Altertumswissenschaften. Schwiegersohn Theodor MommsensNach dem Reifezeugnis studierte Wilamowitz-Moellendorff in Bonn Klassische Altertumswissenschaften, Kunstgeschichte und Sanskrit. Der Student erlebte 1865 die Spaltung des Lehrkörpers und der Studentenschaft im Rahmen des sogenannten Bonner Philologenkriegs um die Besetzung von Lehrstühlen mit und wechselte an die Friedrich-Wilhelms-Universität nach Berlin, wo er im Juli 1870 einen Tag vor dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges mit einer Dissertation zur Textkritik der griechischen Komödie promoviert wurde. Wilamowitz-Moellendorff trat als Gardegrenadier freiwillig in das Ersatzbataillon des 2. Garderegiments ein, nahm aber während seines einjährigen Dienstes zu seinem Bedauern an keinem Gefecht teil. Zurück in Berlin lernte er den zu dieser Zeit bereits berühmten Historiker Theodor Mommsen kennen und geriet in Konflikt mit seinem früheren Mitschüler Nietzsche, der den klassischen Ansatz kritisierte und der Philologie die Vernichtung der Tragödie vorwarf. Nietzsche wurde damit zwar weitgehend ignoriert – aber Wilamowitz nahm sich der Kritik Nietzsches an und löste damit einen Wechsel polemischer Schriften und Fachartikel aus, den man als frühen akademischen „Shitstorm" bezeichnen könnte. Eine Polemik titelte beispielsweise „Afterphilologie" – auch Richard Wagner war in den Konflikt involviert. Wilamowitz, der sich stark mit Mommsen austauschte, später dessen älteste Tochter Marie ehelichte, habilitierte sich 1875 und nahm im Jahr darauf eine Professur an der Universität Greifswald an. Er war Co-Herausgeber der 30-bändigen Reihe „Philologische Untersuchungen" und unterstützte seinen Schwiegervater bei der Verfassung seines Buches „Römische Geschichte". 1883 nahm Wilamowitz eine Professur an der Universität Göttingen an und beeinflusste von da an maßgeblich die dortigen Lehrstuhlbesetzungen bei den Philologen und Althistorikern, um die Entwicklung der Lehre weiter voranzutreiben. Wechsel nach Berlin im Jahre 18971897 wechselte er an die Berliner Universität, wo er neben den Vorlesungen montags und donnerstags öffentliche Vorlesungen hielt, die als ausgesprochen gut besucht galten. Zwei Jahre darauf nahm ihn die Preußische Akademie der Wissenschaften als ordentliches Mitglied auf. Er hielt Gastvorträge in Oxford und Uppsala, war zeitweilig Rektor seiner Universität und gehörte 1917/18 auch dem Preußischen Herrenhaus, der Ersten Kammer des Preußischen Landtags, der Legislative Preußens, an. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges betätigte sich Wilamowitz-Moellendorff patriotisch, hielt Vorträge, gehörte neben Paul Ehrlich, Max Liebermann, dem Juristen Franz von Liszt, Max Planck und Gerhart Hauptmann zu den 93 Unterzeichnern des „Manifests der 93", mit dem Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller britische Vorwürfe gegen Deutschland zurückwiesen. Insbesondere der Einmarsch in das neutrale Belgien im Rahmen des Schlieffen-Plans wurde als Selbstverteidigung in Notwehr betrachtet. Wilamowitz-Moellendorff initiierte anschließend die „Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches", der sich mehr als 3000 Wissenschaftler der 53 deutschen Hochschulen – und damit nahezu der gesamte deutsche Hochschullehrkörper – anschlossen. Die Erklärung, die sich gegen eine von außen betriebene Unterscheidung zwischen „preußischem Militarismus" und dem „Geist der deutschen Wissenschaft" wendete, fand international Verbreitung. Unterzeichner des Manifests der 93„In dem deutschen Heere ist kein anderer Geist als in dem deutschen Volke, denn beide sind eins, und wir gehören auch dazu. Unser Heer pflegt auch die Wissenschaft und dankt ihr nicht zum wenigsten seine Leistungen. Der Dienst im Heere macht unsere Jugend tüchtig auch für alle Werke des Friedens, auch für die Wissenschaft. Denn er erzieht sie zu selbstentsagender Pflichttreue und verleiht ihr das Selbstbewußtsein und das Ehrgefühl des wahrhaft freien Mannes, der sich willig dem Ganzen unterordnet. Dieser Geist lebt nicht nur in Preußen, sondern ist derselbe in allen Landen des Deutschen Reiches", heißt es in der Erklärung. Nach dem Krieg wurde partiell diskutiert, inwieweit die Erklärung die deutsche Wissenschaft in Misskredit gebracht habe. Doch für die meisten Unterzeichner war die Erklärung von 1914 angesichts der massiven Folgen des verlorenen Krieges nicht mehr als eine Randnotiz der deutschen Wissenschafts­geschichte. Wirkung über den Tod hinausWilamowitz-Moellendorff wurde 1921 emeritiert. Der vormalige spiritus rector der preußischen Philologen hielt zwar weiterhin Vorlesungen, doch war er zunehmend verbittert und auch gesundheitlich angeschlagen. Er starb am 25. September 1931 und wurde auf dem Familiengrab in Möllendorf bestattet. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff gilt auch posthum als Pionier in der Philologie. Er hat vor- und nachklassische Autoren erstmals zum Gegenstand der Forschung gemacht und dafür gesorgt, dass Erkenntnisse und Methoden aus Archäologie, Papyrologie, vergleichender Sprachwissenschaft, Epigraphik und Altertumsgeschichte in die philologische Arbeit einfließen.

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