// Dieser Text entstand im Februar 2021 whrend des Lockdowns im Rahmen eines Online-Schreibexperiments. Das Leben wartet nicht. Es stapft in Siebenmeilenstiefeln ber mein Zgern hinweg. Es springt in die Pftze, whrend ich noch berlege, ob ich mir die Schuhe nass machen will oder nicht. Es geht voran und schaut nicht zurck, und wenn ich zu lange an der Weggabelung stehen bleibe um zu berlegen, wohin ich gehen will, verliere ich es aus den Augen. Manchmal mchte ich ihm zurufen: Nicht so schnell, warte doch mal, ich komme nicht mehr mit! Aber es schert sich nicht um meine Langsamkeit. Es pfeift das Lied des Fortschritts, whrend meine Haare grau und meine Beine mde werden. Manchmal, sehr selten, schenkt es mir eine Verschnaufpause. Dann sitzen wir kurz gemeinsam am Wegesrand und schauen den Wolken zu. Ich fhle mich dann immer etwas unbehaglich. So nah beieinander, das Leben und ich. Fremd und ungewohnt. Warum gehst du so schnell vorbei, frage ich heute. Es ist das erste Mal, dass ich es direkt anrede und ihm ins Gesicht schaue. Es sieht genauso erschpft aus wie ich, das macht mir ein bisschen Angst. Warum erlaubst du uns nicht, alles etwas langsamer angehen zu lassen, frage ich. Warum der ganze Stress? Das Leben kuckt mich erstaunt an und kratzt sich am Kopf. Wie kommst du denn darauf, dass ich das Tempo bestimme, fragt es mich. Ich kucke erstaunt zurck. Tust du nicht? Nein, sagt es. Ich bin doch dein Leben. Ich gehre dir seit ber vierzig Jahren, und du kannst mit mir machen, was du willst. Ich kann dir gar nicht davon laufen. Aber - sage ich - du lufst doch immer vorweg, ich kann dich nie einholen! Vielleicht, sagt mein Leben, liegt das daran, dass du mich immer woanders suchst? Du machst jede Menge Umwege und berlegst, was du mit mir anfangen willst. Knntest mich auch einfach an die Hand nehmen, dann rennen wir auch nicht mehr dauernd aneinander vorbei. Das muss erstmal sacken, ich schaue betreten auf meine Schuhe. Ein kleines Schweigen macht sich zwischen uns breit, klemmt sich zwischen uns ein wie ein zerknautschtes Kissen. Aber - wende ich nach einer ziemlich langen Weile ein - man kann doch sein Leben nicht festhalten, oder? Nein, sagt es, festhalten geht nicht. Aber du knntest dich langsam mal mit mir anfreunden, ein anderes kriegst du nmlich nicht, wir mssen es miteinander aushalten. Es wrde sich allerdings viel netter anfhlen, wenn du nicht dauernd nach etwas besserem Ausschau halten wrdest. Ich bin schon da, und ich habe Proviant im Rucksack. Der reicht fr uns beide, egal wie lange wir unterwegs sind. Gut, sage ich wagemutig, und reiche meinem Leben die Hand. Lass uns weitergehen, und erzhl mal was von dir. Es grinst mich an und streicht sich eine graue Haarstrhne hinters Ohr. Ok. Sagt es. Aber ich nehme den Rucksack.
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