Verfassungstreue, politische Neutralität und richterlicher Dienst

Ein einführender Überblick unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen THEMAPolitische Neutralität im richterlichen Dienst AUTORProf. Dr. Ralf Brinktrine, Universität Würzburg (Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Deutsches und Europäisches Umweltrecht) VERÖFFENTLICHUNGAuszug aus kommendem BDVR-Rundschreiben 4 | 2022 DOWNLOAD ALS PDFI. Einführung Dem Amt des Richters kommt nach der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Bedeutung zu. Gemäß Art. 92 Hs. 1 GG ist die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut. Nach Art. 97 Abs. 1 GG sind die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Des Weiteren bestimmt Art. 97 Abs. 2 S. 1 GG, dass die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden können. All diese sowie weitere Vorschriften des Grundgesetzes wie z. B. Art. 98 oder Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG bringen mithin eine besondere Wertschätzung des Richteramtes zum Ausdruck. Mit dieser herausgehobenen Stellung verbinden sich allerdings auch hohe Erwartungen und Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten eines Richters, vor allem aber an seine persönliche Integrität und Rechtstreue. Diese hohen Erwartungen kommen neben den bereits erwähnten verfassungsrechtlichen Vorschriften auch in verschiedenen einfachgesetzlichen Bestimmungen des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) sowie den Regelungen in den Richtergesetzen der Länder zum Ausdruck, die jeweils das Richterdienstverhältnis näher ausgestalten. Nach diesen normativen Regelungen müssen Richter für ihre Ernennung bestimmte persönliche Voraussetzungen erfül-len, vor allem müssen sie selbst verfassungstreu sein. Während ihrer richterlichen Tätigkeit müssen sie ihr Amt ohne Bevorzugung von Personen, mithin unparteilich und neutral ausüben. In neuerer Zeit haben allerdings mehrere Fälle die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt, bei denen Zweifel an der Verfassungstreue und/oder an der Unparteilichkeit, nicht zuletzt der politischen Neutralität mancher Richter aufgekommen sind. Aktuelle Beispiele betreffen die Abgeordnetentätigkeit von Richtern für die Partei Alternative für Deutschland (AfD), die Mitgliedschaft von Richtern und Schöffen in der AfD bzw. ihre sonst zum Ausdruck gekommene Affinität zur AfD oder in der Vergangenheit liegende Aktivitäten für als linksextremistisch eingestufte Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. In diesem Kontext wird in den Medien vielfach die Frage aufgeworfen, inwieweit Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus in der Richterschaft verbreitet ist. Mangels breit angelegter empirischer Analysen kann diese Frage indes derzeit nicht valide beantwortet werden. Der folgende Beitrag versteht sich nicht als rechtliche Analyse dieser konkreten Fälle, sondern greift die erwähnten aktuellen Beispiele im Rahmen einer eher grundsätzlich und abstrakt angelegten Darstellung zu zwei verfassungsrechtlich begründeten Kernpflichten des Richteramtes auf. Maßstab für die rechtliche Einordnung etwaig als zweifelhaft angesehener Verhaltensweisen im Zuge der Ausübung der richterlichen Tätigkeit können nämlich nicht eher politisch geprägte Begriffe wie „Extremismus“ oder „rechts-/linksextrem“ sein, sondern allein klar konturierte Rechtspflichten, die den jeweiligen Amtsinhaber binden und deren Missachtung rechtliche Konsequenzen zur Folge hat. Dementsprechend gehen die Erörterungen zunächst auf die Anforderungen der Verfassungstreue als erster zentraler Kernpflicht im Richterdienstverhältnis ein. Beschrieben wird der Gehalt dieser Pflicht sowie verschiedene Fallkonstellationen, bei denen ein konkreter Verstoß festgestellt worden ist bzw. festgestellt werden kann. Anschließend wird die Pflicht zur Unparteilichkeit und Neutralität als zweite Hauptpflicht des Richters in den Blick genommen. Von Interesse sind hier allerdings nicht die Einwirkungen von außen auf den Richter, insbesondere die der Exekutive auf die richterliche Neutralität, sondern vielmehr ist im hier relevanten Kontext von Bedeutung, inwieweit der Richter selbst durch sein Verhalten, seine Äußerungen oder sein Erscheinungsbild bei Dritten Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Neutralität weckt. In dieser Hinsicht widmen sich die Ausführungen vor allem der Beachtung der Pflicht zur politischen Neutralität, ohne indessen religiös oder welt-anschaulich motivierte Belastungen der Neutralität aus dem Blick zu verlieren. Abgeschlossen wird der Beitrag mit einem kurzen Fazit der wesentlichen Ergebnisse. Laden Sie sich hier den kompletten Artikel aus dem kommenden Rundbrief herunter.

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