Von Sündenböcken und Heulsusen

|Erstveröffentlichung 27.April 2021| Wenn ein Thema betont ist, geht es immer auch um den Gegenpol derselben Angelegenheit. Bist Du zu hart, bist Du auch zu wenig weich - und umgekehrt. Wenn die Welt - wie aktuell und noch bis Ende 2023 - das Thema Steinbock gewaltig beschäftigt, müssen wir das auf dem Tierkreis gegenüberliegende Zeichen Krebs mit berücksichtigen. Pluto fordert uns noch etwa drei weitere Jahre dazu auf, unsere steinböckischen Tugenden zu entwickeln. In Steinbock liegt unsere Fähigkeit, erwachsen zu werden. Die 30º Steinbock in unseren Horoskopen verhelfen uns dazu, unser Leben eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen. Steinbock kann hart machen, wenn wir uns zu viel Verantwortung aufbürden. In solch einem Fall ist Steinbock unser Weg in die Depression. Aber ebenso kann uns Steinbock helfen, klar zu unterscheiden, was wirklich in unserem Verantwortungsbereich liegt und was nicht. Der Gegenpol von Steinbock, die Krebs-Energie, verbindet uns mit unserem inneren Kind, welches bemerkt, wenn uns etwas zu viel wird. Mit Krebs erst realisieren wir, was die Welt auf uns für eine Wirkung hat. Wir lernen mit Krebs, uns zurück zu ziehen und uns Ruhe und Schutz zu gewähren. Zwischen Wehleidigkeit und Härte Erst mit einem guten Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen meistern wir unser Leben, ohne zu wehleidig oder zu tapfer zu sein. Langsamläufer wie Pluto fordern uns auf, zu überprüfen, wie gut es um unser Gleichgewicht der betreffenden Achsen durchlaufener Zeichen bestellt ist. Pluto in Krebs - die Zeit zwischen den Kriegen Machen wir einen Zeitsprung zurück, als Pluto (gegenüber der heutigen Position in Steinbock) das Zeichen Krebs durchlief. Das geschah zuletzt während der Jahre vor dem Beginn des 2. Weltkrieges. Die Auswirkungen des ersten Weltkrieges waren in vielen Regionen der Erde lebensbestimmend. Auch die Überlebenden hierzulande litten schwer unter den Folgen. Deutschland schuf sich daraufhin einen Sündenbock für das erlittene Leid, indem es die Juden für alles verantwortlich machte. Das Thema Sündenbock hängt energetisch mit Steinbock zusammen. Wenn die Achse Steinbock-Krebs sich nicht im Gleichgewicht befindet, haben Sündenböcke Hochkonjunktur. Krebs sorgt für Gefühlstiefe Pluto in Krebs verlangte von den Menschen, sich ihrer empfindsamen Krebs-Seite zu widmen. Das ist schwer, wenn das Leben schwer ist. Zu leiden und die Auswirkungen dieses Leidens anzunehmen kann grausam sein! Hunger und Perspektivlosigkeit, die Lücken, die die Toten in die Familien rissen, die versehrten Körper anzunehmen, das sind Herkulesaufgaben. Pluto in Krebs macht extrem sensibel für Verwundung, für Gefühle der Schutzlosigkeit und Bedürftigkeit. Pluto in Krebs macht keine Kriege und keine Hungersnot, überhaupt schafft er vermutlich keine Lebensumstände. Er sorgt aber dafür, dass wir unseren Gefühlen nicht aus dem Weg gehen können. Bei jedem derartigen Transit hat die Menschenfamilie die Gelegenheit, mehr darüber zu erfahren, was tiefe Gefühle mit einem machen. 
Wenn wir zu wenig fühlen, dann fehlt uns etwas Entscheidendes im Leben. Pluto in Krebs öffnet die Pforten für alle Arten von Gefühlen und macht uns im Idealfall weicher, gefühlvoller, seelenvoller und empathischer - das bedeutet aber auch, verletzende Gefühle verstärkt zu erleben. Steinbock schützt unseren inneren Krebs Krebs ermöglicht uns den Zugang zu unserer reichen Gefühlswelt - danach sorgt unserer innerer Steinbock wieder für unseren Schutz uns ermöglicht uns, tapfer zu sein. Wir leben ein Leben in Balance. Gefährlich wird es, wenn uns Gefühle überwältigen. Dann schneiden wir uns von unseren Gefühlen insgesamt ab - denn nur die guten fühlen ... das klappt nicht. Diese Reaktion auf zu tief empfundene Verletzung kann lebensrettend sein. Steinböckische Härte wird zur Überlebensstrategie. Im Idealfall lernen wir, die Verletzung wieder zu heilen, uns mit unseren Gefühlen nach und nach wieder zu verbinden. Unsere Achse Krebs-Steinbock kommt ins Lot. Es ist eine gefährliche Situation, wenn wir mit unseren Gefühlen nicht verbunden sind und zu sehr Steinbock leben. Genau das passiert leicht in Zeiten, in denen die Position von Pluto in Krebs diese starke Hinwendung zu unseren Empfindungen verlangt. Zu viel Steinbock spaltet uns von unseren Gefühlen ab Auch damals war das für viele Menschen zu viel verlangt. Anstatt zu beweinen, was die Grausamkeit der Welt mit einem macht, ist die Versuchung groß, sich einem Schuldigen im Außen zuzuwenden. Der Schmerz verwandelt sich in Wut und Hass, was das Leben kurzfristig erträglicher macht. Das ist eine vertane Chance, weil die innere Prozesse nach außen projiziert werden. Werden Gefühle nicht ausgehalten und erfolgt eine Abspaltung, wird mittels Steinbock-Energie ein Sündenbock gesucht. Die auf ihn projizierte Schuld befreit von Mitgefühl und der Hinwendung zum eigenen Schmerz. Deutschland wurde dieser Sündenbockstatus nach dem 1. Weltkrieg zum Verhängnis. Und den Juden in Deutschland wurde derselbe Mechanismus zum Verhängnis. Es war den Deutschen nicht möglich, einen anderen Ausgleich für die Reparationszahlungen nach dem Krieg auszuhandeln. Die tiefe Verletzung dadurch und die reellen Auswirkungen auf das tägliche Leben in Armut und Entbehrung forderte einen neuen Sündenbock, der in den Juden gefunden wurde. Neujustierung zwischen Gefühl und Härte Wie oft wird Pluto Krebs noch durchwandern müssen, bis wir Menschen lernen, mit unseren Schmerzen eigenverantwortlich umzugehen? Heute steht Pluto genau gegenüber der damaligen Position Noch bis Ende 2023 erfolgt Plutos Transformationsauftrag aus dem Zeichen Steinbock, also genau gegenüber der Position von damals. Er fragt uns diesmal nicht zuerst nach unserer Fähigkeit zu tiefen Gefühlen, sondern er fragt: Wie erwachsen bist Du? Corona-Zeiten machen es leicht, unsere Steinbock-Aufträge zu finden: Tapfer sein. Erst denken, dann handeln. Eigenverantwortung übernehmen. Sich zurücknehmen. In großen, gesellschaftlichen Zusammenhängen denken. Verantwortung übernehmen. Karge Zeiten und Einsamkeit ertragen lernen. Tun, was notwendig ist. Härte zeigen, Härte ertragen. Die Grenzen der eigenen Wirksamkeit erkennen und anerkennen. Wir weichen Plutos Lernangeboten aus Aber wie damals, zwischen den Kriegen, ist es nun wieder der Gegenpol, der scheinbar leichter zu ertragen und auszuleben ist, als das, was Pluto - diesmal in Steinbock - von uns fordert. Statt steinböckisch zu reagieren, wie es angezeigt wäre, reagieren viele von uns hoch emotional. Leider neigen wir dazu, Plutos Botschaften auszuweichen. Das Thema gegenüber fällt meistens leichter. Pluto ist wie ein schmerzhaft brennender Laser, der unsere Defizite im aktivierten Bereich unerbittlich aufzeigt. Seine gnadenlose Botschaft damals: "Du traust Dich immer noch nicht alles zu fühlen? Nimm Deine Gefühle gefälligst wahr!" Und seine heutige Botschaft: "Wann lernst Du endlich, dass Du allein für Dein Leben verantwortlich bist? Reiss Dich zusammen und flenn hier nicht rum!". Dieser Auftrag ist mitunter übermenschlich schwer. Pluto-Themen sind nicht bekannt dafür, sich zwingend in erträglicher Dosierung einzustellen. Plutos Auftrag ist in jedem Pol unerbittlich Es ist derzeit wirklich unsäglich hart, all die Menschen leiden zu sehen, die abgeschnitten von sozialen Kontakten Corona-Distanzierung ertragen müssen. Demente, Leidende, Sterbende, Hilfsbedürftige, Behinderte, Kinder aus schwierigen Verhältnissen, über Länder hinweg getrennte Familien und Liebende... man könnte zerbrechen über all den wirklich schlimmen Schicksalen, die Lockdowns herausfordern. Dennoch gibt es zu vielen getroffenen Distanzierungs-Maßnahmen vermutlich kaum Alternativen. Wir müssen wohl jetzt auch lernen, unsere Ansprüchen an die Welt und unsere Gefühle zurückzunehmen. Pluto in Steinbock ist der Lehrmeister für unsere Fähigkeit, die Zähne im richtigen Moment zusammen zu beißen. Ohne diese Fähigkeit kommen wir auf diesem Planeten nicht aus. Vergessen wir nie die die Balance zwischen den Polen

. Falsch wäre es jedoch, die Krebs-Seite jetzt zu ignorieren und ohne Mitgefühl zu handeln. Es geht ja immer um eine ausgewogene Balance zwischen den Polen. Wenn ein Virus mit noch weitgehend unerforschten Folgen über die Welt spaziert, ist alles andere als ein Lockdown vermutlich fahrlässig. Ohne uns gleichzeitig um das damit erzeugte Leid zu kümmern, handeln wir aber falsch. Wenn wir bewiesen haben, dass wir persönliche Einschränkungen hinnehmen können, dürfen wir uns voller Empathie und Mitgefühl um diejenigen kümmern, die es schwerer trifft als uns. Wir brauchen Konzepte für Alte, Kranke, Behinderte, belastete Kinder und Jugendliche, Leidende, Sterbende, deren Familien und diejenigen in anderen Ländern, deren Leben bereits in kürzester Zeit ohne Arbeitsmöglichkeit in Gefahr ist. Zu viel Mitleid verhindert wirksame Maßnahmen Was wir in diesen Zeiten nicht brauchen ist, zu früh in den Krebs-Modus des Selbstmitleids und Mitleids zu treten, bevor wir unseren Steinbock entfaltet haben. Damit weichen wir unserer Verantwortung auf dieselbe Weise aus, wie die Menschen zwischen den Kriegen ihren Gefühlen ausgewichen sind. Die Folge wäre emotionales, selbstmitleidiges Krakelen ob der beschnittenen Freiheiten. Wir sind zumindest hierzulande allermeistens in der Lage, zu überleben, auch wenn der gewohnte Standard nicht zu halten ist. Das sollten wir steinböckisch tapfer anerkennen und uns helfend denjenigen zuwenden, die weniger gut dran sind als wir. Steinbock zeigt immer auch Grenzen auf Steinbock kann auf deprimierende Weise aufzeigen, wie begrenzt wirksam unser Handeln auf diesem Erdball trotz aller Bemühung ist. Meine eigene Anstrengung wird weder das Virus aus der Welt schaffen, noch alles Leid mildern können. Eine schmerzhafte Erkenntnis, die Hybris beschneidet, in Depression münden kann - oder der Tritt in den eigenen Hintern ist, der einen ermächtigt, endlich wenigstens das Machbare zu tun. Steinböckisch im Sinne Plutos ist auch der Beschluss, zukünftig mehr Mitspracherechte in unserer Gesellschaft und in der Politik zu übernehmen. Dafür gibt es hierzulande viele Möglichkeiten, in anderen Ländern kämpfen die Menschen derzeit härter darum. Pluto hätte seine Aufgabe prächtig erfüllt, würden mehr Menschen mit weniger Aufhebens tun, was notwendig ist, um für sich und andere ein angenehmeres Leben zu gestalten. Mit weniger Sündenböcken und weniger Wehgeschrei, mit Umsicht für sich selbst wie für andere.

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