Warum man für Yoga nicht zu dick sein kann

Immer wieder erhalte ich Anfragen fr meine Yoga-Kurse von Interessierten, die gerne beginnen wrden, aber glauben, sie seien dafr nicht schlank genug. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Euch zu erlutern, warum das eine absolute Fehleinschtzung ist. Yoga und die Klischees Zugegeben, es gibt (nicht nur) im Netz tausende Beitrge, die den Eindruck schren, so richtig perfekt ginge Yoga nur bei schlanken Personen. Meiner Meinung nach entsteht dieses verzerrte Bild durch Yogafotos, -videos und -artikel, die ausschlielich sehr schlanke Menschen in meist akrobatischen Posen vorstellen. Aus der Fitnesswelt, die sich zunehmend in manchen Yogamilieus mit immer neuen Interpretationen tummelt, kennen wir die Idee, sportlich sei gleich schlank. Dann gibt es immer fter Yogalehrer, die mehr Wert auf ihre Instagram-Fotos legen, als darauf, was und wie sie unterrichten. Sie alle schlittern an der Grundidee des Yoga vorbei. Im klassischen Yoga geht es weder um chinesische StaatszirkusAkrobatik, noch um Fitness mit Photoshop. Es geht vor allem ums Lernen und dabei in erster Linie darum, sich selber besser kennenzulernen. Schlankheit - weder Ziel noch Kriterium Yoga ist ein Werkzeugkasten, der vieles kann, sofern man weiss, was drin ist und wie man den Inhalt benutzt. Sicherlich ist es mglich, mit Yoga Gewicht zu reduzieren. Auch ndert sich manchmal unsere Krperform mit zunehmender, regelmssiger Yogapraxis. Darum soll es jedoch in diesem Artikel nicht gehen. Weder ist Abnehmen ein generelles Ziel des klassischen Yoga, noch ist Schlankheit ein Kriterium fr gelungenes Yoga. Yoga beschftigt sich mit vier groen Bereichen: Asanas, das sind die verschiedenen Krperhaltungen, bei denen wir lernen, wie wir mit unserem Krper sinnvoll umgehen. Hilfreiche Atmung Umgang mit unseren Sinnesorganen Aufmerksamkeit oderKonzentration Da Figur und Gewicht eher krperorientierte Themen sind, werden sie hauptschlich mit den Yogastellungen, den Asanas, in Verbindung gebracht. Kann ich diese Stellung machen? Geht jene auch bei Dicken? Solche Dinge werde ich gefragt, wenn Menschen mich kontaktieren. Deshalb mchte ich auf das Erlernen von Yoga-Asanas eingehen. Wann ist eine Yogabung richtig? Betrachtet ein Laie die Yogapose einer sehr dnnen Person, nimmt er diese oft als korrekt ausgefhrt wahr. Der Betrachter hat bestimmte sthetische Vorstellungen oder bringt solche Posen mit Disziplinen wie Ballett, Turnen oder rhythmischer Sportgymnastik in Verbindung. Alles Bewegungsformen, bei denen Figur mit ein Kriterium fr die Leistung ist. Ob jedoch eine gezeigte Pose nach Yogakriterien richtig ausgefhrt ist, sehen viele Menschen nicht. Sie bewundern die Figur, nicht jedoch eine Haltung (Haltung darf hier bewusst auch im mentalen Sinne verstanden werden). Auch ich sehe all die Yogafotos in Frauenzeitschriften oder Lifestyle-Magazinen. Es sind junge, typische Models abgebildet, die eine schn anzusehende Figur zeigen, die mit anatomisch korrektem Yoga nicht unbedingt etwas zu tun haben muss.Laien, Fotografen und Journalisten kennen die Kriterien, die eine gesunde Yogahaltung erfordert, hufig nicht. Das ist ja auch nicht ihr Job. Ein Motiv, das fr sie spektakulr aussieht, kann komplett unyogisch sein, weil die gezeigte bung auf ungesunde Weise ausgefhrt ist. Posen erzwingen Der Fu, der den Kopf berhrt, erreicht nach langjhriger Yogapraxis diese Position, weil sich das Hftgelenk, durch geduldige, gezielte Vorbungen, sehr gut bewegen kann und dazu einige Muskeln passend kontrahieren, whrend andere geeignet dehnen.Dieselbe Pose gelingt irgendwie und sieht fr den ungebten Blick genauso spektakulr aus, wenn sich das dafr vorgesehene Gelenk noch nicht entsprechend bewegen kann, sondern quasi zum Kompensieren andere Krperregionen bedenklich zusammengequetscht werden. Dies ist die nicht-yogische, weil sehr ungesunde Variante. Handelt es sich nun um eine kurvige Person, so fllt dieses ungesunde Quetschen mglicherweise dem ungebte Auge eher auf, als es das bei einem sehr dnnen Menschen tut. Beiden kann es aber gleichermaen passieren. Die Yogalsung ist fr beide einen Schritt zurck zu gehen und zunchst eine einfachere Variante zu ben. Irgendetwas quetschen, ob Muskeln, Gelenke oder auch noch innere Organe, das wollen wir im Yoga brigens grundstzlich nicht. Es widerspricht der Idee, die lautet, mit sich selbst gewaltlos umzugehen und seine Gesundheit zu frdern.Trotzdem passiert es sehr schnell, das wissen wir im Yoga. Schler*innen knnen es alleine meist gar nicht bemerken genau dafr ist der/ die Lehrer*in dann da. Yogalehrer schauen anders hin Yogalehrende haben einen bestimmten, geschulten Blick. Sie schauen zur Beurteilung einer bung nicht auf die Krperform, sondern auf die Haltung.Die anatomischen Ausfhrungen, die Stellung von Knochen und Gelenken, wie zum Beispiel die Ausrichtung des Fugelenks, des Beckens oder der Knie sind fr sie interessant. Dabei geht es nicht um hher oder weiter, sondern um korrekt im Sinne von gesund. Wir Yogis meinen zum Beispiel, dass es Monate bis Jahre dauert, bis wir lernen, unsere Beine richtig zu strecken. Viele Laien denken, ein Bein oder einen Arm zu strecken, wrde einfach bedeuten, die Gelenke krftig durchzudrcken. Ob nun ein Knie- oder Hftgelenk hilfreich, also ohne Fehlbelastung, benutzt werden, hngt aus Yogasicht nicht davon ab, wie viel Krpergewicht es tragen muss und wie dick das Polster ist, das ber den arbeitenden Muskeln liegt. Wichtig ist hingegen, wie die beteiligten Knochen ausgerichtet sind, welche Muskelgruppen loslassen und welche halten knnen. Nicht zuletzt mssen die bung und deren Ziel erklrt und von den Schlern auch verstanden worden sein. Lernen statt posen Yoga ist ein bendes Verfahren. Wir erlernen dort neue, fr uns noch unbekannte Bewegungsmuster. Das ist wie das Trainieren neuer Verhaltensmuster fr jeden Menschen eine Herausforderung. Ob und wie gut es klapp,t hat mit vielen Kriterien, aber nichts mit unserem Krpergewicht zu tun. So gelingen Yogabungen Eine neue Bewegung gelingt nur, wenn wir anspruchsvolle Phasen durchlaufen: Wir lernen, die genaue Krperregion zunchst mental wahrzunehmen (vom Gehirn aus anzusteuern). Ganz einfach ist das, wenn wir es tausendmal gemacht haben, zum Beispiel unseren kleinen Finger bewegen. Schwieriger wird es, wenn wir eine Gegend noch nie bewusst fokussiert haben, wie beispielsweise unsere Rippen. Wenn nach einigem ben das Ansteuern klappt, senden wir dorthin einen Bewegungsauftrag- Wir berprfen ob diese Bewegung klappt und verndern sie gegebenenfalls. Jeder dieser Lernschritte braucht unbedingt seine individuelle Zeit. Viele Anfnger, egal ob kurvig oder schlank, ob muskuls oder unsportlich, sind zum Beispiel berzeugt, sie wrden bei Rckbeugen (dazu gehrt die recht bekannte Schulterbrcke) ihr Hftgelenk passend berstrecken. In Wirklichkeit benutzten manche aber eine andere Gegend, nmlich ihre Lendenwirbelsule, und drcken diese schmerzhaft zusammen. Erst mit gebter Wahrnehmung und fachkundiger Untersttzung bemerken sie dies und knnen sich im nchsten Schritt an die Vernderung machen. Die passende Lernumgebung, Wissen und eine fachlich ausgebildete Person, die uns aufmerksam begleitet und korrigiert, sind die Vorraussetzungen dafr, dass ein Yogaasana frher oder spter gelingen kann und nicht der Gesundheit schadet. Yoga macht Dysbalancen sichtbar Bleiben wir beim krperlichen Aspekt. Die groe Herausforderung des Yogas ist es, Muskeldysbalancen auszugleichen. Muskeln, die wir gestreckt bruchten, sind hufig verkrzt und solche, die wir zum Halten brauchen, haben oft zu wenig Kraft. Wir Yogalehrer beobachten Dysbalancen brigens genauso oft bei trainierten Sportlern wie bei Coach-Potatoes. Yoga mchte diese Dysbalancen zunchst sichtbar machen. Hindert uns zum Beispiel ein verkrzter Muskel an einer Bewegung, so knnen wir das in einer Yogabung erkennen, auch wenn es uns im Alltag nie aufgefallen wre. Wir spren mit zunehmender Praxis, dass die Ursache dafr, dass eine Bewegung (noch) nicht mglich ist, die Verkrzung und nicht irgendein Fettpolster ist. Das gebte Auge erkennt Dysbalancen unabhngig von der Figur. Wir knnen uns das hnlich wie beim Physiotherapeuten vorstellen, er erkennt einen Senkfu oder X-Beine, egal ob wir dick oder dnn sind. Mein Yogausbilder sprachdahergerne von Yoga als aufdeckendes Verfahren. Sichtbarkeit ist die Voraussetzung dafr, gewohnte Bewegungsmuster dort, wo es ntig ist, Schritt fr Schritt zu verndern.Im Laufe der Yogapraxis wird diese Wahrnehmung zunehmend verfeinert und parallel dazu passend der Schwierigkeitsgrad der bungen erhht.Dieses Prozedere ist brigens ein Grund, warum achtsames Yoga zum Beispiel gegen Rckenschmerzen und als Prvention von (Sport-)Verletzungen so gut hilft. Nicht DICK versus DNN, sondern BEWEGLICH und STABIL Aus meiner Erfahrung kann ich grob zwei Typen ausmachen: bende, die eine eher groe Beweglichkeit, meist gepaart mit geringerer Stabilitt, mitbringen und Menschen, die eher unbeweglich sind, dafr ihr Gelenke recht stabil halten. Herausforderungen haben alle gleichermaen, wenngleich die Meinung verbreitet ist, Bewegliche htten es im Yoga leichte auch das ist ein Klischee. Sofern sie dauerhaft Verletzungen vermeiden mchten, stimmt das definitiv nicht: Es ist genauso herausfordernd, Stabilitt aufzubauen, wie Beweglichkeit zu vergrssern. Yoga ben ist eine individuelle Angelegenheit Jeder erfahrene Yogi bt, seine individuellen Schwachpunkte auszugleichen und bestimmte Aspekte zu strken. Interessanterweise kann man das im traditionellen Yoga in derselben Basishaltung tun genau das zeichnet es nmlich aus. Nehmen wir zum Beispel den Helden (oder Krieger, Virabhadrasana 2), eine Yogastellung, die auch viele Nicht-Yogis kennen drften. Sie bentigt unter anderem Kraft und Kontraktion in dreien der vier Quadrizeps-Muskelstrnge (Beinstrecker an der Vorderseite der Oberschenkel) und gleichzeitig Dehnung an mehreren anderen Teilen der Beine und der Leiste. Es braucht dazu des Weiteren genau ausgerichtete Fu-, Hft- und Kniegelenke. Damit die Stellung gelingt, arbeitet der stabile Typ automatisch mehr an der Dehnung und der eher bewegliche an Kraft und Stabilitt. Die Haltung wird bei beiden nach regelmigem ben irgendwann stabil und bequem was brigens die Sanskrit-Bedeutung von Asana ist und als der Entspannungseffekt von Yoga schlechthin bekannt ist. Verantwortlich frs Lernen ist unser Gehirn, nicht unser Taillenumfang Die innere Form kommt vor der usseren Form ist ein bekanntes Yoga-Motto. Wer auch nur die Grundlagen der Neurowissenschaften ber das Erlernen neuer Bewegungsmuster kennt, weiss: es stimmt. Der entscheidende Krperteil frs Lernen ist unser Gehirn. Wie erfolgreich wir dabei sind, hngt von folgenden Faktoren ab: wie interessiert ben wir wie ausdauernd ben wir wie gelassen und gleichmtig ben wir wie konzentriert ben wir und vor allem: wie viel Freude haben wir dabei Kein Kriterium frs Gehirn hingegen ist unser Gewicht oder unsere Krperform. Sonderbehandlung fr Dicke unntig Meiner Meinung nach sollte in einer Yogaklasse jeder Figur-Typ willkommen sein. Ansonsten msste ich auch Yoga fr Kurz- und Langhaarige trennen. Das wrde genauso viel oder wenig Sinn ergeben. In meinen Yoga Kursen erklre ich deshalb zgig, dass jede/r individuell fr sich selbst bt. Der Blick auf die Nachbar-Matte oder die NachbarinnenFigur ist natrlich nicht komplett verboten, aufmerksame Schler merken jedoch bald, er bringt oft nur eines: Ablenkung von der Konzentration auf das eigene ben. Dass sich Yogaschler wohl fhlen, ihre Lernaufgaben kennen und beim ben untersttzt und korrigiert werden, das ist die Basis schlechthin frs Yogalernen. Ich habe mit dieser Unterrichtsmethode so viele dnne, mollige, schlanke, kurvige, groe, kleine, junge, mittlere, alte und auch dickere Menschen erlebt, die ein so wunderbares Yoga praktizieren, dass ich ber ihre Lernerfolge immer wieder ins Schwrmen geraten knnte.

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