Wer dem Sinologen zuhört, merkt bald, dass das Verhältnis der Chinesischen Medizin zur Sexualität facettenreich ist. Der Konfuzianismus und der Daoismus lehren völlig unterschiedliche Sichtweisen, auch in ihrer Einstellung zur Frau. Als der Konfuzianismus im zweiten Jahrhundert immer mehr zur Staatsdoktrin erhoben wurde, war das Idealbild der Frau, dass sie fügsam ist und dem Mann Söhne gebärt. Im Daoismus hingegen galt die Frau schon immer als Mysterium, weil sie Leben gebären konnte. „In China heißt es: Äußerlich bin ich Konfuzianer, aber in Haus bin ich Daoist“, erklärt Cobos Schlicht. Es gibt drei verschiedene Sorten von Schriften zur Sexualität: Erstens Handbücher, die Techniken des Beischlafs erklären. Sie sollen auch helfen Schädigung durch zu häufigen Sex zu vermeiden – ein Problem der wohlhabenden Männer, die mehrere Frauen zu beglücken hatten. Zweitens medizinische Schriften, in denen es darum geht, Krankheiten zu heilen. Auf den berühmten Arzt Sun Simiao geht der Ausspruch zurück: „Benutze den Beischlaf als Medizin.“ Letzten Endes ging es darum, dass der Mann durch bestimmte Sexualpraktiken Langlebigkeit erreicht. Die dritte Kategorie von Schriften richtete sich hauptsächlich an Mönche und Übende daoistischer inneralchemistischer Methoden. Hier war das Ziel, sexuelle Energie in der Meditation zu transformieren und auf diese Weise zur Erleuchtung (bzw. Unsterblichkeit) zu gelangen.
Im zweiten Teil des Podcasts geht der Sinologe Cobos Schlicht besonders auf die medizinischen Schriften ein. Hier wird auch den Zyklen des Beischlafs besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Schon lange vor der Forschung der Amerikaner William Masters und Virg
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