Weltsynode in Rom: "Verstoß gegen die göttliche Weltordnung": Die katholische Kirche und ihr Problem mit Homosexuellen

Bei der Weltsynode in Rom berät die katholische Kirche über ihre Zukunft und über strittige Fragen wie die Haltung zu Homosexualität. Erlaubt die Kirche bald Segensfeiern für homosexuelle Paare? Der Historiker Volker Reinhardt erklärt, warum eine Liberalisierung unwahrscheinlich istGEO: Im Vatikan findet derzeit die Weltsynode statt, bei der Geistliche und Laien über Reformen der römisch-katholischen Kirche beraten. Umstritten ist immer wieder der Umgang mit Homosexuellen. Wie wahrscheinlich ist es, dass die Kirche auf Lesben und Schwule zugeht?Prof. Volker Reinhardt: Das halte ich für wenig wahrscheinlich. Die Glaubenskongregation – die Behörde, die über die Reinheit des Glaubens wacht – hat erst in jüngster Zeit klar Stellung zum Thema Homosexualität und Intergeschlechtlichkeit bezogen: Danach kann es keine Ehe zwischen homosexuellen Paaren geben, Segnungen sind ebenfalls ausgeschlossen und außerdem gibt es für die Kirche kein drittes Geschlecht.Nun hat Papst Franziskus Anfang Oktober 2023 aber Segnungen für homosexuelle Paare zumindest nicht mehr ausgeschlossen. Also gibt es doch Bewegung?Franziskus‘ Äußerung finde ich zwar überraschend, aber ich würde sie nicht zu hoch hängen. Auch ein Papst darf plaudern. So eine lapidare Bemerkung ist nicht mit einem verbindlichen Beschluss zu verwechseln. Bereits früher hatte Franziskus dafür plädiert, Homosexuelle nicht auszugrenzen, homosexuelle Handlungen aber gleichzeitig als Sünde bezeichnet. Insofern ändert sich an der offiziellen Haltung der Kirche nichts.Volker Reinhardt ist emeritierter Professor für Geschichte an der Universität Fribourg in der Schweiz. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Geschichte des Papsttums: 2017 hat er das Buch "Pontifex: Die Geschichte der Päpste" (C.H. Beck) veröffentlicht© privatDie katholische Kirche in Deutschland dagegen bewegt sich durchaus: Im März 2023 hat das Reformprojekt "Synodaler Weg" beschlossen, Segensfeiern ab 2026 zu erlauben. Ja, aber gegen die Vorgaben aus Rom. Papst Franziskus hat den "Synodalen Weg" gar als Irrweg verurteilt. Die katholische Kirche in Deutschland kann nicht Beschlüsse fassen, die im Widerspruch zur offiziellen Amtskirche stehen, sie ist den Direktiven des Papstes absolut unterworfen. Ich gehe davon aus, dass Rom die katholische Kirche in Deutschland zur Ordnung rufen wird. Dass Segensfeiern für homosexuelle Paare hierzulande tatsächlich von Rom gestattet werden, kann ich mir nicht vorstellen.Warum beharrt ein Teil der römisch-katholischen Kirche so strikt auf der Vorstellung, Homosexualität sei Sünde?Für konservative Priester ist allein die Diskussion über einen lockereren Umgang mit Lesben und Schwulen ein Skandal. Sie sehen Homosexualität als Verstoß gegen die göttliche Weltordnung. Das hängt damit zusammen, dass das Christentum von Anfang an eine Bewegung war, die frei praktizierte Sexualität als gottlose Ausschweifung ansah und alles Geschlechtliche daher auf die Ehe beschränken wollte.Worauf geht diese Abwehrhaltung genau zurück?Die Vertreter des Ur-Christentums in der Antike wollten sich auch von den griechischen und römischen Religionen abgrenzen, die ein sehr unbefangenes Verhältnis zu allen Formen von Sexualität hatten. Die frühen Christen positionierten ihre Religion als Gegenmodell zu den in damaligen Gesellschaften verbreiteten tabufreien Formen von Sexualität. Für die katholische Kirche und viele Christen hängt die Sexualmoral mit der Ehe zusammen, deren Zweck ihrer Auffassung nach die Fortpflanzung ist. Jegliche Form der Sexualität außerhalb der Ehe gilt daher als Sünde, egal ob homo- oder heterosexuell. Gleichgeschlechtliche Handlungen widersprechen daher angeblich dem göttlichen Schöpfungsplan. Von diesen theologischen Traditionen kann sich die römisch-katholische Kirche heute schwerlich lösen.Über Den Tod hinausWir sehen ja, dass es auch innerhalb der römisch-katholischen Kirche unterschiedliche Standpunkte dazu gibt. Zeigt das die Zerrissenheit der Kirche?In ihrer 2000 Jahre währenden Geschichte war die römisch-katholische Kirche nie eine Einheit in der Meinung. Es gab immer unterschiedliche Strömungen. Deshalb haben sich in der Vergangenheit zahlreiche Bewegungen von der Amtskirche abgespalten oder wurden als ketzerisch eingestuft, während die römisch-katholische Kirche an ihren theologischen Grundlagen festhielt. Gerade das zeichnet die Geschichte der Kirche aus. Beim Thema Homosexualität ist festzustellen, dass es zwar Ansätze für eine Liberalisierung gibt, aber diese sind weitgehend auf Mitteleuropa beschränkt. Die Mehrheit der Kleriker trägt die vor allem aus Deutschland geforderten Lockerungen in Bezug auf Segnungen für homosexuelle Paare nicht mit.Auch Homosexualität im Priesteramt ist bislang ein Tabu.Ja, wer im Priesteramt homosexuelle Handlungen begeht, kann aus dem geistlichen Stand entfernt werden. Wer sich sozusagen als "dauerhaft" homosexuell versteht, kann nicht ins Priesteramt berufen werden. Dahinter steckt eine Sichtweise, die aus heutiger Sicht skandalös ist: dass man Homosexualität "überwinden" könne. Diese Ansicht scheint bis heute in der Kirche verbreitet zu sein.Wenn Reformen in Bezug auf den Umgang mit Homosexualität also unwahrscheinlich sind, was können wir dann von der Weltsynode erwarten?Die Weltsynode besteht aus handverlesenen Mitgliedern, die sorgfältig geprüft worden sein dürften. Sie hat nichts zu entscheiden und nichts zu beschließen. Natürlich kann sie viele Ratschläge geben, verpflichtend sind diese nicht. Letztlich ist der Zweck der Synode, das Image der Amtskirche aufzupolieren: Sie will zeigen, dass sie ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Zeit hat und sie gibt dem Papst die Gelegenheit, eine gewisse Volksnähe zu demonstrieren. Einschneidende Reformen sind hier nicht zu erwarten.

zum Artikel gehen

Die Salzkathedrale in Zipaquira, Kolumbien

Die Salzkathedrale ist eine unterirdische, katholische Kirche in einen Salzbergwerk in Zipaquira, Kolumbien. Hier berichte ich von meinen Erfahrungen beim Besuch und gebe nützliche Tipps.  Zipaquira Die Salzkathedrale liegt in der Kolonialstadt Zipaquira,

zum Artikel gehen

Neuer Gesamtleiter der Anskar-Kirche Deutschland

Sabine Bockel, neue stellvertretende Gesamtleiterin, und Alexander Hirsch, neuer Gesamtleiter der Anskar-Kirche Deutschland. Neuer Gesamtleiter der Anskar-Kirche Deutschland (AKD) wird Alexander Hirsch (43), Pastor der Anskar-Kirche Marburg. Zu seiner Ste

zum Artikel gehen

Umfrage: Kirche mein Arbeitsort?

Deine Meinung hilft uns dabei, die Kirche als einen attraktiveren Arbeitsort zu denken. Die Ergebnisse werden auf der Frühjahrskonferenz der Kreisbeauftragten im März ausgewertet und diskutiert. Vielen Dank für deine Unterstützung! Eine Umfrage für Mensch

zum Artikel gehen