BDA Talk | Das Debattenmagazin des BDA

Im Umgang mit den Bauten der Nachkriegsmoderne benötigen wir einen Paradigmenwechsel hin zum Erhalt des Bestehenden. Weniger Verschwendung, kreatives Unterlassen ist gefragt. "Alt ist das neue Cool". Das ehemalige Gesundheitshaus München in der Dachauer Straße soll nach einer kulturellen Zwischennutzung einem Neubau weichen. © Robert Haas Keynote: Annemarie Bosch Architektin und Stadtplanerin in Erlangen, Energieberaterin sowie Mitglied des BDA Präsidiums Das Postulat im BDA-Positionspapier "Das Haus der Erde" ist eindeutig: "Dem Erhalt des Bestehenden kommt Priorität zu." Für den BDA ist dieses Postulat angesichts der Klimakrise der neue Imperativ des Bauens. Brandschutzertüchtigung, Nutzungsänderungen, Generalsanierung. Kommen diese Forderungen auf die Bausubstanz der fünfziger bis siebziger Jahre zu, wird bestehenden Bauten der Nachkriegsmoderne schnell jegliche Möglichkeit des Erhalts abgesprochen. Ultima Ratio erscheint dann die "Wirtschaftlichkeit" und es folgt der Abbruch. Aber ist es wirklich nur die unzulängliche Bausubstanz, die eine energetische Ertüchtigung, den Umbau oder die Sanierung des Bestandes unmöglich erscheinen lässt? Serielle und funktionale Bauweise, moderne Materialien wie Sichtbeton, im Wohnungsbau das Stigma der Großsiedlungen. Viele Faktoren verhindern bis heute Akzeptanz und Sympathie für diese Epoche. "Form als wesentliche Funktion, dieses schon lang bekannte Argument, wird bei architektonischen Anliegen von der Gesellschaft nur selten akzeptiert", stellte Arne Jacobsen schon 1969 fest. Wohnungsbauten fallen zahllos zugunsten höherer Dichte oder anstelle einer Sanierung. Der Wert der grauen Energie des Bestands zählt nicht. Auch der Denkmalschutz schützt die Gebäude nicht. Um das Rathaus in Mainz von Arne Jacobsen und Otto Weidling aus dem Jahr 1973 wurde jahrelang gerungen, bis der Stadtrat sich für die Sanierung entschied. Das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude der Firma Osram in München, beispielgebender Verwaltungsbau des Jahres 1965 von Walter Henn und Dieter Ströbel, wurde zugunsten neuer Wohnbebauung abgerissen, anstatt den Bestand zu transformieren. Akut gefährdet ist das ehemalige Gesundheitshaus der Stadt München. Nach der Zwischennutzung durch das "Museum of Contemporary Art" soll es abgebrochen und neu gebaut werden, da die Generalsanierung teurer käme. Unsere Städte sind geprägt von Gebäuden der 50er bis 70er Jahre, zur Errichtungszeit gefeierte Zeichen des Wiederaufbaus, des gesellschaftlichen Aufbruchs und Experiments. Die Gebäude dieser Epoche müssen als prägender Teil unserer Nachkriegsgeschichte im Stadtbild erhalten bleiben. Nehmen wir die Notwendigkeit des Handelns im Zusammenhang mit dem Klimaschutz ernst, wird zukünftig der Gebäudebestand bevorzugt erhalten und experimentell, innovativ und reduktiv weiterentwickelt werden. Das Experimentelle der 70er Jahre sollte uns dabei inspirieren. Der BDA formuliert es im Begleitbuch zur Ausstellung "Sorge um den Bestand" so: "Aufbruch ins Bestehende" ist der Aufbruch zu einer reduktiven Strategie, die die planetarischen Grenzen anerkennt und im Bestehenden durch kreatives Interagieren und Weiternutzen die gesellschaftlichen Zukunftsräume schafft". Alt ist das Neue Cool!

gehen Sie auf die Website

Prof. Muck Petzet

Natürlich dürfte so ein kräftiges Stück Architektur nicht so einfach „wegkönnen“ – wie es leider immer wieder „passiert“. Die Frage ist dennoch falsch formuliert: Es müsste heißen „soll das bleiben – oder darf das weg?“ wir sprechen ja wohl hier jedenfall

zum Artikel gehen

Prof. Mathias Pfeil

Die Ökologie des Bewahrens „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Dieser provokante Spruch wurde kreiert im Gefolge der berühmt-berüchtigten Beseitigung der sogenannten Fettecke aus Joseph Beuys Atelier durch den damaligen Hausmeister der Düsseldorfer Kunstak

zum Artikel gehen

Prof. Lydia Haack

Nachkriegsarchitektur ist Zukunftsarchitektur Geht doch! Strahlend in neuem Glanz erscheint seit kurzem eines der wichtigsten Gebäude der Nachkriegszeit: Die neue Nationalgalerie in Berlin von Ludwig Mies van der Rohe. Bereits bei ihrer Eröffnung 1968 gab

zum Artikel gehen

Alexander Fthenakis

Die Forderung nach einem respektvollen Umgang mit dem baulichen Erbe der Nachkriegsjahrzehnte ist keine neue. Und auch die diesbezüglichen Rückschläge sind es nicht. Aus Münchner Perspektive liegt eines der traumatischen Schlüsselerlebnisse in den späten

zum Artikel gehen

Marion Resch-Heckel

Zukunft Bauen im Bestand – Vorrangprüfung für einen Erhalt? Bei der Debatte um den Umgang mit Nachkriegsbauten geht es längst nicht nur um den Erhalt von Baudenkmälern und die „graue Energie“. Es geht um die Frage, welche Bedeutung haben diese Bauten für

zum Artikel gehen

Christina Patz

Architektin und Energie-Effizienz-Expertin in München sowie Koordinatorin der AG Bauen im Bestand bei Architects for Future „Hinterfragt Abriss kritisch“ so die erste Forderung von Architects for Future. Damit meinen wir nicht nur, den Abriss von Gebäuden

zum Artikel gehen

Dr. Jörg Heiler

Das bleibt da! 9 Forderungen für eine praktische Umsetzung. Seine Position zum Bestand hat der BDA deutlich gemacht. Die Strategien sind beschrieben. Die Überzeugung und das Wissen sind da. Die praktische Umsetzung bleibt jedoch schwierig. Sorge tragen fü

zum Artikel gehen

Jakob Oberpriller

Freund- und schutzlos – bauliche Zeitzeugen der Moderne als Futter für die Abrissbirne? Nein, sie haben wahrlich keine Freunde, weder im Gemeinderat oder Stadtrat noch in den Kreistagen. Sie haben auch nur sehr vereinzelt Freunde bei Fachplanern und ähnli

zum Artikel gehen

Robert Rechenauer

Frischer Wind Wir haben einen neuen Imperativ: die Nachhaltigkeit. Die Baugeschichte ist voll von Imperativen, jede Epoche hatte den ihren. In Traktaten und Manifesten fordern Architekten in regelmäßigen Abständen einen Paradigmenwechsel und verschmähen d

zum Artikel gehen

Prof. Dr. Andreas Schwarting

Zwischen Denkmalschutz und Nachhaltigkeit Kann das weg? Zumeist ist dies eine Frage an die Denkmalpflege, die sich seit vielen Jahren mit der Architektur der Nachkriegszeit befasst. »Nicht wegwerfen« lautete bereits 1987 der Apell von Werner Durth und Nie

zum Artikel gehen