100 Jahre Bauhaus: Mythos, Utopie oder Aufbruch?

Hunderte Veranstaltungen bundesweit weisen dieses Jahr auf das Bauhaus hin. Wir feiern 100 Jahre Bauhaus. Und das, obwohl das Bauhaus als Institution nur 14 Jahre bestand. Oder hat das Bauhaus doch etwas mit dem Hier und Heute zu tun? Wie hat das Bauhaus die Welt verändert? Bauhaus100, Meisterhäuser Dessau, Foto: Tillmann Franzen Viele denken bei Bauhaus an Architektur, an kubische Häuser oder an Lampen und Sitzmöbel im Bauhausstil. Typisch für das Bauhaus waren tatsächlich klare, schnörkellose Linien und geometrische Strukturen, Produkte, die funktionell und schön waren. Und doch ist dies alleine viel zu kurz gegriffen. Das Bauhaus war eine einflussreiche Kunst- und Architekturschmiede mit revolutionären Ansätzen und sehr komplexen Ideen. Die Bauhausschaffenden wollten die Zukunft neu erfinden. Die Institution Bauhaus existierte nur 14 Jahre aber sie ist weltweit bekannt. Bauhaus: Ein Kind seiner Zeit Das Bauhaus war ein Experimentierfeld für fortschrittliche Ideen und neue Ausbildungsansätze, für Utopien für das Morgen. Getragen war die Begeisterung auch durch die demokratische und kulturelle Aufbruchstimmung nach 1919. In dieser Zeit der „wilden 20er Jahre“ nach dem Ersten Weltkrieg kam es in vielen Kulturbereichen, wie z. B. in Literatur, Theater, Architektur, bildender Kunst, Musik und Tanz,  zu unglaublichen Entwicklungsprozessen. Überwiegend junge Leute, Künstler, Musiker, Literaten trennten sich von alten Vorstellungen, probierten Neues. Mythos Neue Frau, LVR-Industriemuseum, Bauhaus100 in NRW, Foto 1920: JHoffmann Revolutionäre Entwicklungen gab es nach dem Ersten Weltkrieg in vielen Branchen. Auch die Mode veränderte sich   sowohl bei den Schnitten wie auch bei den verwendeten Stoffen. Und dies geschah nicht nur in Deutschland. In Frankreich hat beispielsweise Coco Chanel zu jener Zeit die Mode vom Korsett befreit, sie hat mit einfachen Schnitten, neuen Stoffen und fließenden Linien die Damenmode revolutioniert. Die Röcke und die Haare wurden kürzer. Neue, einfache Frisuren entstanden. Die Kurzhaarfrisur „Bubikopf“ gilt als das Sinnbild schlechthin für die moderne Frau der 1920er Jahre. Sonderausstellung Mythos Neue Frau Zu dem Thema Frauen, Frisuren, Mode in den 20er Jahren gibt es im Rahmen der Bauhaus-Jubiläumsveranstaltungen in NRW ( 100 jahre bauhaus im westen) eine eigene Ausstellung im LVR-Industriemuseum der Tuchfabrik Müller in Euskirchen. Die Ausstellung Mythos Neue Frau Mode zwischen Kaiserreich, Weltkrieg und Republik läuft noch bis zum 17.11.2019. Bauhaus: Kreativschmiede und Sammelbecken von Ideen und Ansprüchen Plakat des NRW-Forum Düsseldorf: Bauhaus und die Fotografie Am Bauhaus arbeiteten sowohl Vertreter von puristischem Design als auch viele Avantgardekünstler. Hier agierten unter anderem Künstler wie Johannes Itten, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Lyonel Feininger, Lázló Moholy Nagy, Georg Muche, Lothar Schreyer und Oskar Schlemmer. Die gegensätzlichen Charaktere, Reformideen und Engagements der Künstler, Ausbilder und Führungsfiguren prallten im Bauhaus immer wieder heftig aufeinander. Viele begabte und auch exzentrische Studierende wurden magisch angezogen durch die künstlerische Vielfalt, das kreative und experimentelle Umfeld und durch die neuen pädagogischen Ideen. Leben, Arbeiten und Lernen war unkonventionell. Außer mit Kunst und Architektur wurde am Bauhaus auch mit Fotografie, Grafik, Typografie, mit Stoffen, mit Weberei, mit Spielzeug experimentiert und Neues entworfen. NRW-Forum Ddf, Führung durch Bauhaus und die Fotografie mit Prof. Dr. Christoph Schaden Wie unterschiedlich Ergebnisse sein können, wird auch in den fotografischen Arbeiten jener Zeit deutlich, wie eine Ausstellung in Düsseldorf zeigte. Die Fotografie war damals eine vergleichsweise neue Technik, mit der die Künstler und Bauhausstudenten intensiv experimentierten. Das zentrale Thema jedoch war: Dinge neu sehen, neue Blickwinkel entdecken und dann experimentieren, wie sich das mit der fotografischen Technik umsetzen lässt. Die hier eingefügten Bilder stammen von einer Kuratorenführung durch die Ausstellung im NRW-Forum Düsseldorf Bauhaus und die Fotografie. Wie wollen wir leben und arbeiten? Die Weissenhofsiedlung in Stuttgart, erbaut 1927, Foto: Tillmann Franzen Die Ideen und Strategien des Bauhauses waren komplex und z. T. auch widersprüchlich. Es ging um Architektur, um Kunst, um Handwerk, um klare Linien, um Philosophie, um neue Lehrmethoden, um neue gesellschaftliche Wohn-, Arbeits- und Lebensformen, um die Utopie und die Gestaltung der Welt von Morgen. Die Bauhausschaffenden suchten nach einer Symbiose all dieser Ideen und nach einem rationalen Weg, dieses umzusetzen und Nützliches herzustellen. Diskutiert wurde zum Beispiel: Wie lernt und lehrt man richtig? Unterrichtet man Kunst, Architektur und Handwerk akademisch-theoretisch oder experimentiert und erarbeitet man sich Themen und Erkenntnisse kreativ, handwerklich und gemeinsam in Werkstätten? Folgt die Form der Kunst oder folgt die Ästhetik der Struktur? Wie emotional, wie rational ist Kunst? Wieviel Individualität, wieviel industriell reproduzierbares Design wollen wir? Welche Bedeutung hat das Handwerk? Wie wollen wir leben? Wie sieht unser Morgen aus? Und wie kann man Dinge neu sehen und Ergebnisse neu denken. Plakat zur Ausstellung Typografie am Bauhaus: © Gutenberg-Museum, Mainz Der Architekturhistoriker Winfried Nerdinger sagt in einem Interview des Deutschlandfunks, er sehe diese Tendenz, Kunst und Technik zu verbinden, als den Vorläufer dessen, was später Produktdesign, Industriedesign, Textildesign und Kommunikationsdesign bezeichnet wurde. Ein Schlaglicht auf Typografie und auf die Arbeit, Bedeutung und Wirkung der Druckwerkstätten des Bauhauses wirft das Gutenberg-Museum mit der Ausstellung ABC. Avantgarde–Bauhaus–Corporate Design. Die Sonderausstellung läuft noch bis 2. Februar 2020. Neue Möglichkeiten für Frauen Das Bauhaus eröffnete auch zahlreichen jungen Frauen neue Möglichkeiten. Sie konnten am Bauhaus Berufsbereiche erlernen und studieren, die ihnen bisher verwehrt waren. Ihre Position am Bauhaus war dennoch nicht einfach. Es hieß, sie könnten hier gleichberechtigt studieren und arbeiten. Doch Gleichberechtigung war gesellschaftlich noch nicht durchgesetzt. Und es kamen mehr Frauen als Gropius lieb war. Mehrere aktuelle Filme haben sich mit dem Thema Bauhaus und die Frauen beschäftigt. (Hinweis im Mai 2020: Die Filme zu diesem Thema in ZDF (Bauhausfrauen) und ARD (Frauen am Bauhaus) sind leider nicht mehr online). Bauhaus: Staatlich, kommunal, privat – und Aus bauhaus100, Walter Gropius Foto: Louis Held 1919 Eine zentrale Figur des Bauhauses war Walter Gropius. Er war schon als Architekt bekannt, bevor er das Bauhaus gründete. Er hat Ideen und Manifeste entwickelt, hat sein Projekt mit großer Leidenschaft verfolgt, war Visionär, Wegbereiter, eine starke Führungsfigur, ein guter Promoter, ein intensiver Netzwerker und ein starker Selbstvermarkter. Heute weiß man auch, dass er ohne seine Frau Ise wahrscheinlich vieles nicht hätte umsetzen können. Als er 1919 in Weimar das Bauhaus gründete, war es eine staatliche Einrichtung. Das Staatliche Bauhaus entstand aus der Zusammenlegung der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule. Doch schon wenige Jahre später, ab 1925, gab es keine staatliche Unterstützung mehr. Gropius hatte die konservativen Kräfte in der von Klassik geprägten Kleinstadt Weimar wohl unterschätzt. Er wurde als Mensch und als Leiter seiner doch etwas unorthodoxen Schule in Weimar kritisch beäugt und angefeindet. Dazu kam, dass die konservativen Kräfte auch in der Politik stärker wurden. 1925 zog Gropius mit dem Bauhaus von Weimar nach Dessau. Hier startete das Bauhaus Fahrt durch. Die Strukturen waren gefestigt und die Finanzierung wurde besser. In Dessau wurde aus dem Staatlichen Bauhaus eine „Hochschule für Gestaltung“ und eine kommunale Einrichtung. Allerdings gab Gropius 1928, entnervt von den ewigen kommunalpolitischen Querelen um das Bauhaus, seine Direktorenstelle in Dessau auf und übergab das Amt des Direktors an den Schweizer Architekten Hannes Meyer, den er als Meister und Leiter der neugegründeten Architekturklasse ein Jahr zuvor ans Bauhaus geholt hatte. Mit Hannes Meyer veränderten sich die Inhalte und Themen. Die technischen Fächer bekamen einen stärkeren Stellenwert. Meyer vertrat die funktionalistische Die Bauhäusler entwarfen auch Spielzeug. Hier ein Holzbausatz für ein Schiff. Architektur. Er sah Bauen nicht als emotionale-künstlerische-ästhetische Angelegenheit, sondern als eine soziale, technische, ökonomische Organisation. Sein Schwerpunkt war Wohnungs- und Siedlungsbau. Er orientierte sich dabei an genossenschaftlichen Zielen. Sein Ansatz war ein systematischer, er untersuchte bereits vor der Planung die Ausrichtung, Belichtung, Durchlüftung, Störfaktoren, Sichtbeziehungen, Nachbarschaft und analysierte daraus die funktionalen und psychologischen Faktoren eines Grundrisses. 1930 wurde Hannes Meyer auf Betreiben der Stadt Dessau und auch von Gropius entlassen. Grund waren seine eigene politische Einstellung und der Vorwurf, er könnte die kommunistische Radikalisierung der Bauhaus-Studenten nicht unterbinden. Als Nachfolger und damit dritten Direktor der Schule schlug Gropius den Architekten Ludwig Mies van der Rohe vor. Mit Mies kam ein deutscher Avantgarde-Architekt als Direktor ans Bauhaus. Mies van der Rohe gilt bis heute als ein bedeutender Architekt der Moderne. Für ihn war Baukunst Ausdruck konstruktiver Logik und räumlicher Freiheit. Er entwickelte moderne Tragstrukturen aus Stahl mit variablen Nutzflächen und großflächiger Fassaden-Verglasung. Damit beeindruckte er viele zeitgenössische Architekten. Mies galt als Vertreter des Minimalismus, ihm wird die Formel nachgesagt: „Weniger ist mehr“. Ein am Bauhaus entwickeltes Schachspiel aus Holz Doch auch diese Phase war nicht von Dauer. 1932 musste die Schule in Dessau aus politischen Gründen schließen und Mies van der Rohe zog mit dem Bauhaus nach Berlin. Damit wurde das Bauhaus im letzten Jahr, kurz vor der endgültigen Schließung 1933 durch die Nationalsozialisten, zu einer Privatinstitution. Fazit: Das Bauhaus wurde 1919 in Weimar gegründet und 1933 durch die Nationalsozialisten in Berlin aufgelöst. Aus heutiger Sicht sieht es so aus, als wäre das Bauhaus an der Ablehnung konservativer Kreise, an den nationalsozialistischen Machtstrukturen und an der mangelnden Finanzierung gescheitert. Die Geschichte vor dem Bauhaus: Wie es zur Gründung kam Heute werden viele der Ideen, die im Bauhaus diskutiert wurden, einzig der Institution Bauhaus zugeschrieben. Das Bauhaus gilt als ein Synonym für Architektur und Design der klassischen Moderne. Es war die einflussreichste Kunstschule des 20. Jahrhunderts und ein Experimentierfeld für fortschrittliche Ideen. Tatsächlich gibt es jedoch eine Geschichte vor dem Bauhaus zusätzlich zu den bereits oben erwähnten zeitgenössischen kulturellen Aufbruchstendenzen. Letztendlich führten mehrere reformpädagogische Strömungen und sozialphilosophische Ideen zur Gründung des Bauhauses. Wie der Architekturhistoriker Winfried Nerdinger in seinem Buch über das Bauhaus darlegt, hat schon 1851 der Architekt Gottfried Semper weniger akademische Lehren und mehr praxisbezogene Lehrveranstaltungen zu Ästhetik, Kunst und Industrie gefordert sowie gemeinsame Ausbildungen und Werkstätten für Handwerker und Künstler. Die Denkschrift von Semper führte zu einer Reihe von Kunstgewerbeschulen mit Werkstätten. Inspiriert von der Semper-Idee gründete Charles Robert Ashbee 1988 in London die „Guild and School of Handicraft“. Hier wiederum lernte der deutsche Architekt und preußische Baubeamte Hermann Muthesius das Modell kennen und brachte die Idee der Werkstattschulen 1902 nach Preußen. In der Folge wurden an vielen deutschen Kunst- und Kunstgewerbeschulen die neuen Ausbildungsansätze umgesetzt. Vorläufer des Bauhauses Einige Institutionen können fast als Vorläufer des Bauhauses bezeichnet werden: So z. B. die Kunstgewerbeschule in Weimar, der Deutsche Werkbund in München und der Berliner Arbeitsrat für Kunst. 1. Die Kunstgewerbeschule in Weimar: Der belgische Künstler und Architekt van de Velde kam 1902 auf Einladung des Kunstmäzens Harry Graf Kessler nach Weimar und übernahm dort die Leitung der Kunstgewerbeschule. Sie wurde wenig später umbenannt in Großherzoglich-Sächsische Kunstgewerbeschule Weimar. Er richtete dort einen Werkstättentrakt ein und kümmerte sich um die Produktkultur der Kunsthandwerksbetriebe und der Industrie. Bis 1915. Dann wurde die Schule kriegsbedingt geschlossen. Nach 1919 wurde die Schule zur Keimzelle der Bauhaus-Schule. 2. Der Deutsche Werkbund wurde 1907 als wirtschaftskulturelle „Vereinigung von Künstlern, Architekten, Unternehmern und Sachverständigen“ auf Anregung von Hermann Muthesius,  Friedrich Naumann und Henry van de Velde in München gegründet. Die Idee war, der zunehmenden maschinellen Produktion und den profanen Industrieprodukten handwerkliche Qualität und stilvolle Produkte entgegenzusetzen. Es ging gewissermaßen um eine Imagekampagne für deutsche Produkte. Deutsche Produkte sollten eine bessere Position auf dem Weltmarkt erreichen. Vom deutschen Werkbund gingen viele Impulse für Baukultur und Formgebung aus. Viele der späteren Bauhäusler kannten sich bereits vom Deutschen Werkbund. Der Werkbund existiert bis heute und hat als eingetragener Verein seinen Sitz in Darmstadt. 3. Eine weitere Institution entstand 1918 in Berlin: Der Berliner Arbeitsrat für Kunst. Hier trafen sich Künstler und Kulturschaffende, die eine neue Gesellschaft mit einer Einheit von Kunst und Volk schaffen wollten. Gropius stieß nach dem Krieg auf diesen Kreis und übernahm zusammen mit César Klein und Adolf Behne im März 1918 die Führung. Dass Gropius 1919 das Staatliche Bauhaus in Weimar gründen konnte, lag nicht nur an ihm selbst und seiner starken Vernetzung, sondern auch daran, dass van de Velde vor seinem Abschied von Weimar Gropius als möglichen Nachfolger für die Kunstgewerbeschule vorgeschlagen hatte. Im März 1919 erhielt Gropius von der „Provisorisch-Republikanischen Regierung“ in Weimar die Genehmigung, die „Großherzogliche Sächsische Hochschule für bildende Kunst“ und die benachbarte „Großherzogliche Sächsische Kunstgewerbeschule“ zum „Staatlichen Bauhaus in Weimar“ zusammenzufassen. Im April 1919 eröffnete Gropius in Weimar dann das Bauhaus. Im Weimar tagte zu dem Zeitpunkt auch bereits die Nationalversammlung der Weimarer Republik. Das Ende des Bauhauses Das Bauhaus begann und starb gleichzeitig mit der Weimarer Republik. Mit dem Erstarken der Nazis, dem Ende der Weimarer Republik und nach dem Bauhaus-Aus 1933 kämpften die Dozenten und Studenten des Bauhauses um ihre persönliche Existenz. Die Suche nach der Zukunftsutopie und einer Einheit von Kunst und Volk war krachend gescheitert. Sie suchten nach neuen Überlebens- und Arbeitsmöglichkeiten. Manche gingen in die Industrie, manche arbeiteten für die Nationalsozialisten, manche emigrierten nach Großbritannien oder in die USA. Wer sozialdemokratisch oder sozialistisch dachte und wer Jude war, hatte ein doppeltes Problem. Einige wanderten aus nach Russland, in die Schweiz oder in das britische Mandatsgebiet Palästina. Viele kamen in den Konzentrationslagern der Nazis um. Walter Gropius ging als Professor für Architektur an die Graduate School of Design der Harvard University in Cambridge/USA. Er unterrichtete in Harvard mehrere Jahrzehnte und bildete zahlreiche Architekten aus. Er vertrat und verbreitete dort seine Auffassung über moderne Architektur und trug die Bauhaus-Ideen weiter. Und er positionierte sich erfolgreich als „Mr. Bauhaus“. Er holte auch ehemalige Kollegen und Schüler des Bauhauses nach Cambridge. Wer sich eingehender mit Walter Gropius beschäftigen will, dem sei das neue Buch des Architektur-Historikers Winfried Nerdinger empfohlen: Vor kurzem erschien im Beck-Verlag das Buch „Walter Gropius Architekt der Moderne“. Hannes Meyer, der zweite Bauhaus-Direktor, ging zusammen mit einigen Studenten und Bauhaus-Mitarbeitern 1930 als Hochschullehrer nach Moskau. Er bekam dort jedoch ab 1933 mit den stalinistischen Behörden Probleme und als die sogenannten «Säuberungsaktionen» innerhalb der Ausländergemeinde einsetzten, musste Meyer das Land verlassen. Er kehrte zurück in die Schweiz, bevor er 1939 einem Ruf der mexikanischen Regierung unter Lázaro Cárdenas del Río folgte und Direktor des neu gegründeten Instituts für Städtebau und Planung mit Sitz in Mexiko-Stadt wurde. Mies van der Rohe, der letzte Bauhaus- Direktor, war durch seine Schriften und Ausstellungen auch in Amerika bekannt geworden und ging 1936 nach Chicago. Er gründete 1939 dort sein Architekturbüro und übernahm eine akademische Lehrtätigkeit am Armour Institute. Er baute die Ausbildung der Studenten neu auf und etablierte eine Lehre, die sich vom Handwerklichen über das Planerische zum Theoretischen entwickelte. Dafür holte er auch die beiden Bauhauskollegen Walter Peterhans und Ludwig Hilberseimer an seine Fakultät. Die globale Verbreitung der Bauhaus-Idee Zur weltweiten Bekanntheit des Bauhauses trugen vielfältige Faktoren bei. Die Studenten, Künstler und Ausbilder am Bauhaus kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Ausland. Nach der Schließung des Bauhauses verteilten sich die Bauhäusler in der ganzen Welt und trugen die Bauhausideen weiter. Während einige als Dozenten und Professoren in die Schweiz, nach Russland, nach Mexiko und in die USA gingen (s.o.) , emigrierten viele der jüdischen Schüler und Künstler nach Palästina. Schon lange bevor 1948 Israel gegründet wurde, wurde im britischen Mandatsgebiet die jüdische Stadt Tel-Aviv aufgebaut. Auch hier wirkten ehemalige Bauhäusler mit. Als nach 1948 für ganz Israel Siedlungs- und Infrastrukturpläne entworfen wurden, wurde das Wort Bauhaus-Architektur hier etabliert. Ein neuer Versuch: Die Ulmer Hochschule für Gestaltung HfG 1955, Ulm, Foto: HansGConrad, Rechte René Spitz, Wikimedia CC BY-SA 3.0 Gebäude der HfG Ulm 2019, Foto: T. Franzen Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde noch einmal ein „Bauhaus“-Versuch gestartet. In Ulm entstand 1953, also 20 Jahre später, die Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG). Sie existiert heute nicht mehr. Ähnlich wie das Bauhaus wurde auch die HfG nach rund 15 Jahren aufgelöst. Ich bin in Ulm aufgewachsen, daher kenne ich die Gebäude der HfG auf dem Hochsträß, einem Grünbereich von Ulm. Die Gebäude sind immer noch da, auch wenn seit 1968 dort kein Unterricht mehr stattfindet. Dass diese Hochschule hier entstehen konnte, hing mit einigen Zufällen zusammen: Die alliierten Besatzer setzten zum Wiederaufbau der stark zerstörten Stadt Robert Scholl als Bürgermeister ein. Er war der Vater der von den Nazis hingerichteten Hans und Sophie Scholl. Deren Schwester Inge Scholl übernahm die Leitung der Volkshochschule. Otl Aicher und Inge Scholl suchten nach einer Möglichkeit zum Aufbau einer Gestaltungs-Hochschule. Es gelang ihnen, den amerikanischen Hochkommissar McCloy zu überzeugen, der die Namen Gropius und Mies van der Rohe aus den USA kannte. Aufbau der Gestaltungs- und Design-Hochschule Inge Scholl bekam 1950 von McCloy eine Million Deutsche Mark, eine weitere Million erhielt sie vom Bundeswirtschaftsministerium, der Stadt Ulm, dem Land Baden-Württemberg und von Spendern aus der Wirtschaft. Als Rektor und Architekt holten sie den Schweizer Architekt und Bauhausschüler Max Bill, der auf dem Hochsträß in Ulm das neue Gebäude baute: Einen Flachbau-Komplex in Stahlbetonskelettbauweise. Zur Eröffnung der Hochschule für Gestaltung 1955 kam auch Walter Gropius. Studenten kamen aus der ganzen Welt nach Ulm. Zum Studium gehörten hier bislang ungewöhnliche Fächer wie: Zeitgeschichte, Philosophie, Gegenwartskunst, kulturelle Anthropologie, Morphologie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie und politische Wissenschaften. Darauf bauten die Fachrichtungen Produktform, Architektur, Stadtbau, Information oder visuelle Kommunikation auf. Und wie seinerzeit am Bauhaus mussten die Studenten auch praktisch mit unterschiedlichen Materialien arbeiten. Mit Josef Albers, Johannes Itten, Walter Peterhans und Helene Nonné-Schmidt konnten auch einige der früheren Bauhäusler als Dozenten an die HfG geholt werden. Das Ulmer Modell Doch auch hier kam es zu internen Kontroversen. Die jüngeren Dozenten wollten die Lehrinhalte öffnen und Gestaltung und Wissenschaft enger miteinander verbinden. Daraufhin trat Max Bill als Rektor zurück und verließ 1957 die Hochschule. Der Lehrplan wurde umgebaut und es entstand das Ulmer Modell, ein auf Technik und Wissenschaft ruhendes Modell des Designs. Damit formte sich an der HfG quasi das Berufsbild des Industriedesigners. Die HfG wurde Wegbereiter und Vorbild für andere Design-Studiengänge. Von der Ulmer HfG gingen viele Design-Ideen aus und gestaltete Produkte waren in der Industrie gefragt. Bekannt geworden sind unter anderem die Produkte der Braun AG, Uhren von Junghans, das Logo von Lufthansa und der Sparkasse, das stapelbare Geschirr TC100 (Link zum Medienarchiv Ulm), der Ulmer Hocker und viele mehr. Der Streit ums Geld Der intellektuelle Aufbruch an der HfG fand nicht nur Freunde. Konservative Ulmer Bürger sahen die Institution auf dem Hochsträß eher skeptisch. Sie galt als die Kommune. Dazu kam 1968 die Studentenrevolte. Auch in den Hörsälen der Ulmer HfG brodelte es. Die Proteste richteten sich vor allem gegen die Industrieaufträge. Genau diese waren aber für die Finanzierung der privaten Hochschule erforderlich. Es kam zu Querelen wegen des Lehrprogramms und der Finanzierung. Die HfG war auf externe Finanzierung und auf öffentliche Förderung angewiesen. Und die Stiftung war zunehmend verschuldet. Als zuerst die Zuschüsse des Bundes und 1968 auch die Zuschüsse des Landes gestrichen wurden, war dies das Aus für die HfG. Die Geschwister-Scholl-Stiftung als Trägerin musste die Hochschule schließen. Die verbliebenen Ulmer Studenten bekamen die Möglichkeit, ihren Studienabschluss an der Universität Stuttgart abzulegen. Ideen wandern von Ulm nach Offenbach In der Folge übernahm die Hochschule in Offenbach am Main große Teile des Lehrkonzepts der HfG Ulm. Sie hatte sich 1970 in Hochschule für Gestaltung umbenannt. Nach Ulm war sie damals die einzige Hochschule, die die vom Bauhaus übernommene Bezeichnung Hochschule für Gestaltung trug. Erst später kam es auch in anderen Städten zu weitere Lehrstätten und Gestaltungshochschulen. Das Bauhaus ist tot – aber die Ideen sehr lebendig Die zahlreichen und vielfältigen Veranstaltungen zum 100jährigen Bauhaus-Jubiläum machen deutlich, dass viele Fragen und Ansätze des Bauhauses noch heute, 100 Jahre danach, aktuell sind. Wie wollen wir morgen leben, ist auch aktuell eine sehr zentrale Frage. Vor dem Hintergrund von Immigrationsbewegungen, demografischer Entwicklung, Work-Life-Balance-Diskussionen, Technologievielfalt, neuen Werkstoffen, Digitalisierung, Umweltverschmutzung und Klimawandel wird auch heute nach Zukunftskonzepten gesucht und es wird über effektive pädagogische Konzepte, über Werkstoffeinsatz, Städte- und Infrastrukturplanung und über neue Gestaltungs- und Produktionsmethoden diskutiert. Das Thema Strukturen, Prozesse, Perspektiven neu denken ist ein sehr aktuelles. Quellen: Vorschaubild: 03_Presse_bauhaus100, Sitzende mit Bühnenmaske im Stahlrohrsessel, Foto: E. Consemueller 1926 100 jahre bauhaus: www.bauhaus100.de, Bauhaus-Jubiläumsveranstaltungen in NRW (100 jahre bauhaus im westen), LVR-Ausstellung im Industriemuseum Euskirchen  Mythos Neue Frau Mode zwischen Kaiserreich, Weltkrieg und Republik, Gutenberg-Museum Mainz: Sonderausstellung  ABC. Avantgarde-Bauhaus-Corporate Design mehrere Filme in ZDF und ARD (s. Text), Kuratorenführung durch Prof. Dr. Christoph Schaden `Bauhaus und die Fotografie´ am NRW-Forum, Düsseldorf, Wikipedia und Wikimedia, Hochschule für Gestaltung Ulm: www.hfg-ulm.de/de/hfg-ulm/geschichte und hfg-archiv.museumulm.de Aufbruch in eine neue Zeit: Interview des Deutschlandfunks mit Winfried Nerdinger Winfried Nerdinger: Das Bauhaus, Werkstatt der Moderne, Verlag C. H. Beck, Taschenbuch-Sonderausgabe für bpb Designer-Porträt auf www.vogue.de: Coco Chanel: Alles über das bewegte und bewegende Leben der Stil-Ikone Axel Madsen: Chanel. Die Geschichte einer emanzipierten Frau, Piper-Verlag 1990/2001 Der Beitrag 100 Jahre Bauhaus: Mythos, Utopie oder Aufbruch? erschien zuerst auf Albrecht PR.

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