Als Frau im Iran – Die Emanzipation macht Urlaub

Salam! Dieses Wort habe ich im Mai diesen Jahres sehr oft gehört. Hallo! Hey! Hi! Guten Tag! Wie auch immer, im Iran grüßt einen jeder. Ob das nun die berühmte persische Freundlichkeit ist oder einfach nur Freude über selten gesehene Touristen im Land einer Hochkultur, die viele mit einem Ausbildungslager für islamistische Terroristen verwechseln, ist erst einmal egal. Es tut gut, so viele freundliche Gesichter zu sehen. Diese Herzlichkeit habe ich in so einem Ausmaße noch nicht erlebt. Ob in Südostasien, in der Türkei, im nahen Italien – in der Regel kennt man die nette aufgeschlossene Art Touristen gegenüber. Aber meine Erfahrungen im Iran, was Gastfreundschaft angeht, toppen alles Bisherige: Die Perser finden es also gut, dass ich als westliche Frau im Iran herum reise und ließen mich diese Freude darüber durchaus bei jeder Gelegenheit spüren. Ich jedenfalls habe nicht mit solch einem Empfang gerechnet. Auf offener Straße sprechen einen wildfremde Menschen an und heißen einem in ihrem Land willkommen. Man wird zum Abendessen nach Hause eingeladen, das Taxi wird einem bezahlt, man wird in der Stadt oder dem Dorf herumgeführt ohne eine Gegenleistung annehmen zu wollen; die Liste an Freundlichkeit und Menschlichkeit ist unendlich. Unsere Bekanntschaften übernahmen zum Beispiel den vergleichweise recht teuren Eintritt in den Golestan Palast in Teheran. Am Ende unserer Reise mussten wir dann noch nicht einmal das Hotel bezahlen; wir wurden bei unseren neuen Freunden einquartiert und haben die volle Breitseite orientalischer Gastgeberqualitäten erfahren dürfen. Doch trotz all der positiven Resonanzen war ich als Frau im Iran immer sehr wachsam, was meine Anwesenheit dort als halbwegs emanzipierte (was man auch immer heutzutage darunter versteht) Frau hervorruft. Kurz gesagt: Der Iran ist ein islamischer Staat, in dem die Sharia herrscht, d.h. der Islam die Religion ist im Gesetz verankert und jeder, der dort lebt, muss sich an diese Gesetze halten. Auch die Touristen sollten sich diesen beugen, auch wenn es für uns „nur eine Religion“ ist. Für die Regierung ist es Gesetz, die Wahrheit, eine Pflicht. Was die Bevölkerung davon hält, erwähne ich kurz noch in einem Absatz am Ende. Jetzt gibt es erstmal ein paar Benimmregeln, die man trotz des allgemeinen recht lockeren Umgangs in der Öffentlichkeit (im Gegensatz zu dem was ich erwartet habe) definitiv beachten sollte und muss, damit einem die Reise nicht durch Sittenpolizei, unangenehme Blicke o.Ä. vermiest wird. Die wichtigsten Spielregeln für eine Frau im Iran: 1. Der Hijab – Das Kopftuch Zu tragen in der Öffentlichkeit, in Hotels und Cafés. In der Metro, in Bussen und Flugzeugen. Also überall dort, wo ihr nicht die Tür hinter euch zumachen könnt und euch fremde Männer sehen können. Für mich ist das bei 35 Grad Celsius als Frau im Iran die Arschkarte, in Deutschland im Frühling ein Accessoire, jedoch gehört es im Iran auf die Haare statt an den Hals. Wie viel oder wie wenig das Kopftuch dein Haar zu bedecken hat, hängt von der Stadt oder der Gegend ab, in der du dich gerade befindest. Anfangs habe ich überall penibel darauf geachtet, dass nicht einmal mein blonder Haaransatz zu sehen war. Am Ende unserer dreiwöchigen Reise jedoch, trug ich mein Tuch in Teheran nur noch locker über dem Haarknoten – so wie geschätzte 70% der jüngeren Perserinnen. Eine dezente Art der Revolution. Und so würde ich es jeder Frau im Iran empfehlen. Kurzum: Getragen werden MUSS er, der Hijab (das sagt das Gesetz). Vor allen Dingen aber dann, wenn man nicht auf die Polizeiwache zitiert werden möchte um sich geschlagene zwei Stunden lang eine Moralpredigt oder eventuell noch Unangenehmeres anzutun. Wie viel Haar ihr trotz Kopftuch zeigen wollt, hängt letztlich vor allem von eurem Mut und eurer weiblichen Umgebung ab. Beobachten ist alles. Es kann aber auch nach hinten losgehen. Ich möchte hier nur meine persönliche Empfehlung aussprechen. Welches Kopftuch im Iran man nun trägt, das sei jedem selbst überlassen. Einfache und doch recht schicke Kopftücher findet man zum Beispiel bei Peek & Cloppenburg.  Als Frau im Iran: Hijab müssen nicht immer schwarz sein – Kopftuchauswahl en masse auf dem Bazaren des Landes 2. Der Manto – Der Mantel Ebenfalls zur Kleiderordnung für Iranerinnen dazugehörend: Ein etwas längerer Mantel, der über den Po bis bestenfalls Mitte der Oberschenkel/Knie reicht. Untailliert. Nicht anliegend. Nehmt euch am besten 1-2 Tunikas oder eine lange, dünne und vor allem lockere Strickjacke mit. Oder ein Kaftan. In weiser Voraussicht habe ich mir einen vorab bei Monki gekauft und wurde sogar von vielen Iranischen Frauen hierfür neidisch beäugt. Mode wird dort natürlich auch dort gerne gesehen und getragen. Ob hip oder nicht, irgendeine Art von Mantel muss man/Frau im Iran leider tragen, sonst können einem ähnliche Konsequenzen blühen wie beim Nicht-Einhalten des Hijab-Gesetzes… da muss Frau im Iran wohl durch. Allerdings wird auch dies von Teheranerinnen oft sehr locker interpretiert, nämlich in Form eines eng anliegenden, hippen Trenchcoats. Der Manto ist allerdings nicht zu verwechseln mit dem Chador, dem schwarzen, kuttenähnlichen Umhang, der nur das Gesicht freilässt. Das müsst ihr euch nun wirklich nicht antun! Als Frau im Iran: Haare sieht man doch öfters, als man erwartet 3. Lange Kleidung Leggins, Jeans, Leinenhosen, Röcke, Kleider: alles ist erlaubt. Es muss nur bis zum Knöchel gehen. Und wenn ich sage: Knöchel, dann meine ich auch: Knöchel! Die ungläubigen und verdutzten Blicke von Mann und Frau in Yazd (extrem heiße und extrem alte Wüstenstadt) haben mir gereicht, als ich ein schwarzes lockeres Kleid anhatte, das mir „nur“ bis etwa 4 cm oberhalb des Knöchels ging. Ich bekam glücklicherweise keine Probleme, außer mit meinem Wohlbefinden. Das ist aber wieder von Gegend zu Gegend unterschiedlich. Verboten ist diese lässige Art der Kleidung überall, toleriert wird sie nur ab und zu. Um nicht in Schwierigkeiten zu kommen, würde ich daher vor der Reise in den Iran JEDES Kleidungsstück anprobieren, und schauen, wie lange es tatsächlich am Körper ist. Etwas lockerer konnte ich allerdings die Wahl der Oberbekleidung gestalten. Was Weites sollte es sein, und eigentlich sind auch lange Ärmel Pflicht. Oft habe ich diese aber einfach etwas hochgekrempelt oder die Bluse 1-2 mal umgeschlagen. Soviel Spaß muss sein! Auf dem Basar in Esfahan: Geschmackvolle Kleidung für die kleine, alkoholfreie Party zuhause 4. Frauen zu Frauen, Männer zu Männern Obwohl der Umgang zwischen den Geschlechtern schon recht locker ist, sollte man sich als gleichberechtigte Frau aus dem Westen ab und zu auf die Zunge beißen und Gepflogenheit Gepflogenheit sein lassen. Zum Beispiel begrüsst und verabschiedet ein Mann eine Frau im Iran in der Regel nur wörtlich. Wenn man sich etwas besser kennt, geben sich Männer gegenseitig die Hand oder sogar eine Umarmung. Im Bus sitzt die Frau neben einer anderen Frau, dem Ehemann oder neben niemandem. In der Metro gibt es extra Abteile für Frauen (jedoch kein Muss). Jeglicher Körperkontakt zwischen Mann und Frau, auch zwischen unverheirateten Paaren, ist in der Öffentlichkeit offiziell verboten und nicht gerne gesehen. Dies geht soweit, dass man als persischer Boy- & Girlfriend weder ein Hotelzimmer zusammen bekommt, noch übernachtet man beieinander. Solange man unverheiratet ist, wohnt man in der Regel noch zuhause bei den Eltern – was die Heiratsrate und dann auch die Scheidungsrate rapide in die Höhe treibt. Als westliches Touristenpaar hatte ich mit Clemens jedoch keine Probleme ein Hotelzimmer zu bekommen. Auf die Frage, ob man verheiratet sei, reichte es oft, einfach nur nett zu lächeln und freundlich zu nicken. 5. Weibliche Intuition ist nicht verboten Dieses kleine Regelwerk ist natürlich für jede Frau, die in den Iran reisen möchte, etwas ungewohnt und auf den ersten Blicke auch recht umständlich. Grundsätzlich würde ich trotzdem jedem nahelegen: Halte dich einfach daran. Natürlich nervt es schnell, allerdings gewöhnt man sich auch recht fix daran. Vor allem wirst du zügig merken, wann man die Regeln etwas lockern kann und welche Reaktionen dies hervorruft. Ebenso ist auch der Umgang in der Öffentlichkeit mit fremden Männern kein Problem: Man unterhält sich, man lacht, man darf auch Fragen stellen und seine Cola selber im Restaurant ordern. Und mit diesem Punkt komme ich auch schon zu der letzten großen Frage, die sich stellt: Warum macht die Bevölkerung das alles mit? Finden die das gut? Und was hat ein Kopftuch mit Religion zu tun? Als Frau im Iran: Die Perserinnen haben Geschmack und auch keine Scheu, ihn zu zeigen Fazit: Alles eine Frage der weiblichen Intuition Jeder Mann und jede Frau im Iran, mit dem ich auf dieser Reise über diese Gepflogenheiten gesprochen habe (und es waren erstaunlich viele, die von sich aus das Thema Politik & Religion angeschnitten haben), hat sich gegen viele der Vorschriften und Gesetze ausgesprochen. Ich für meinen Teil würde sehr gerne näher darauf eingehen, jedoch möchte ich mit Sicherheit noch mal in den Iran einreisen. Und um diese Chance nicht zu gefährden, werde ich in diesem Artikel und auch in eventuellen Kommentaren von weiteren Ausführungen über kritische Aspekte des Irans absehen. Klingt absurd, ist aber so. Die Bevölkerung jedoch verdient auf jeden Fall meinen Applaus; ich habe dort sehr intelligente, weltoffene und zuvorkommende Menschen kennengelernt, die großen Anteil an der Tatsache haben, dass mir diese Reise als eine der Besten in Erinnerung bleiben wird. Hard Facts Reisezeit: 3 Wochen Ende Mai/Anfang Juni Bereiste Orte: Teheran, Kashan, Esfahan, Yazd, Shiraz Neue Facebook Freunde: 11 Getragene Kopftücher: 3 Verlorene Kopftücher: 1 Gute Reiseliteratur? Meine Empfehlungen für den Iran: Ich hab gute Erfahrungen mit dem Lonely Planet Iran gemacht – meiner Meinung nach auch für den Iran die mit Abstand beste Reisebibel. Alternativ gibt es den Reise Know-How Iran und den Iran Reiseführer aus dem Trescher Verlag – beide wie gewohnt ausführlich, dafür recht wenig Fotos. Letzterer wurde gerade neu überarbeitet. Toll finde ich auch den DuMont Kunst Reiseführer Iran über Kunst, Kultur und Architektur. Noch authentischer geht es im Buch Couchsurfing im Iran von Stephan Orth zu, der ungeniert über die unbekannten Seiten des Landes schreibt – inklusive verbotenem Alkohol und wilden Bikiniparties. Hier bekommt man einen guten Eindruck davon, wie junge Menschen im Iran wirklich ticken. Tipp: Ich selbst komme im Buch auch vor Ihr wollt in den Iran? Dann verpasst auf keinen Fall den kompakten Backpacking Guide mit allem Wissenswerten für eine Reise in den Iran: Backpacking Iran – ein Guide für Individualreisende. Und wenn ihr euch für den Mittleren Osten allgemein interessiert, klickt euch mal zu diesem Bericht: Jordanien – die Wundertüte der Arabischen Welt. Weitere Artikel zum Iran: • Backpacking im Iran: Alles, was du wissen musst • Iran Visum: Alles Wissenswerte rund um den Visumantrag für den Iran • Highlights aus 1001 Nacht: Die besten Sehenswürdigkeiten im Iran • Shiraz im Iran • Golestan Palast in Teheran: die geflieste Schönheit • Sollte man in Länder reisen, die Menschenrechte verletzen? Wollt ihr als Frau in den Iran reisen? Habt ihr Fragen? Rein in die Kommentare!

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