Das Damokles-Schwert der Gentechnik

Seit Jahren schwebt die Gentechnik wie ein Damokles-Schwert ber der kologischen Landwirtschaft, nein ber der gentechnikfreien Landwirtschaft insgesamt und damit praktisch der gesamten Landwirtschaft in Deutschland. Denn die ist nach wie vor praktisch gentechnikfrei. Das mchte die EU-Kommission nun ndern und das Damokles-Schwert zu Fall bringen. Angetrieben wird sie dabei von dem Glauben, man drfe einer vermeintlichen Zukunftstechnologie nicht den Weg verbauen. Verwiesen wird dabei auf die Herausforderungen fr die Landwirtschaft durch den Klimawandel oder den Kampf gegen den Hunger auf der Welt. Die Begrndungen fr die Forderung des Einsatzes von Gentechnik in der Landwirtschaft sind die gleichen wie vor 20 oder 30 Jahren. Nmlich dass die Gentechnik gezielte Vernderungen ermgliche, um z.B. drre- oder schdlingsresistente Pflanzen zu zchten. Diese Versprechen sind heute jedoch noch genauso falsch wie vor 20 Jahren. Eigenschaften wie Trockenheitstoleranz von Pflanzen hngen von vielen Wechselwirkungen ab und sind hoch komplex und nicht auf einigen wenigen Genabschnitten festgelegt, als dass sie sich durch Manahmen wie die Gen-Schere verndern lieen. Und im Hinblick auf Krankheits- oder Schdlingsresistenz hat die Gentechnikindustrie bisher vor allem Resistenzen gegen bestimmte Pflanzenschutzmittel hervorgebracht. Die will man ja schlielich auch verkaufen. Davon abgesehen ist es ohnehin nicht so, dass es nur trockener oder heier wrde. Vielmehr nehmen die Extreme zu. Extrem trockene und warme Perioden wechseln in kurzer Zeit mit extrem nassen oder kalten Perioden ab. Genau das erleben wir zurzeit ja auch gerade bei uns. Auf einen extrem nassen Herbst und Frhwinter folgt ein abruptes Winterende mit Trockenheit und warmen Temperaturen im Sptwinter. Und im Frhjahr und Sommer sieht das vielleicht schon wieder anders aus. Das haben wir die letzten Jahre alles erlebt. Was nutzen uns da hitze- und trockenheitstolerante Pflanzen??? Was es vielmehr braucht, ist, dass unsere landwirtschaftlichen Anbausysteme insgesamt widerstandsfhiger werden mssen. Unsere Bden mssen so intakt sein, dass sie im Bedarfsfall viel Wasser aufnehmen und speichern knnen und das ber einen lngeren Zeitraum wieder abgeben knnen. Das erreicht man nur mit vielgliedrigen Fruchtfolgen und einer standortangepassten Bewirtschaftung mit standortangepassten Sorten. Eine herkmmlich ber viele Pflanzengenerationen gezchtete und beispielsweise an das mitteldeutsche Trockengebiet regional angepasste Sorte wre jeder NGT-Sorte weit berlegen. Eine hitzetolerante Weizensorte, die am liebsten dann noch weltweit verkauft werden soll, nutzt einem da nmlich gar nichts. Meiner Meinung nach geht es dabei um etwas anderes. Microsoft hat es vorgemacht, wie ein extrem gewinnbringendes Geschftsmodell funktioniert. Man entwickelt ein Produkt, fr dessen Nutzung auf Ewigkeit eine Lizenzgebhr gezahlt werden muss. Dieses Produkt koppelt man dann noch mit verschiedenen Anwendungsmglichkeiten, an dessen Nutzung man nicht vorbei kommt und wofr dann ebenfalls auf Ewigkeit Lizenzgebhren fllig werden. bertragen auf die Gentechnikindustrie heit das: Mit Hilfe der neuen Gentechnik werden Pflanzensorten gezchtet, fr die aufgrund der Zchtungsmethode Patente angemeldet werden. Andere Zchtungsunternehmen oder Landwirte, die fortan diese Sorten zchterisch bearbeiten oder anbauen wollen, mssen dann zuknftig Lizenzgebhren zahlen, die durch den Patente-Inhaber bestimmt werden. Der Anbau der Sorte wird dann noch gekoppelt mit einem bestimmten Pflanzenschutzmittel der gleichen Firma, ohne das der Anbau der Sorte nicht funktioniert und daher zum Preis des Herstellers gekauft werden muss. Ok, werden Sie jetzt sagen, es wird ja niemand gezwungen solche Sorten anzubauen. Stimmt, aber das ist nur eine Frage der Zeit wie lange das noch mglich ist. Die groen international agierenden Zchtungskonzerne sind nmlich einerseits schon seit geraumer Zeit dabei, kleinere Zchtungsfirmen aufzukaufen. Und es kommt hinzu, dass klassische Zchtungsmethoden aufwndiger und damit teurer sind, so dass Zchtungsunternehmen, die auf klassische Zchtung setzen, auf lange Sicht wirtschaftlich nicht mithalten knnen. Es wird schlielich auch niemand gezwungen, seinen Rechner mit Windows zum Laufen zu bringen, oder? Besonders perfide wird die Strategie groer internationaler Agrarkonzerne, wenn selbst fr herkmmlich gezchtete Sorten Patente angemeldet werden mit dem Argument, sie htten sie ja auch mit Methoden der neuen Gentechnik zchten knnen. In Europa sind davon inzwischen ber 1000 herkmmlich gezchtete Pflanzensorten von Brokkoli, Tomaten, Spinat, Salat, Mais oder Weizen betroffen. Wenn diese Firmen dann mit dem Kampf gegen den Welthunger argumentieren, ist das an Scheinheiligkeit nicht zu toppen. Doch zurck zum Anliegen der EU-Kommission. Worum geht es genau? Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass die Methoden der neuen Gentechnik (im weiteren NGT) wie z.B. Crispr/Cas (Genschere) nicht weiter dem Gentechnikrecht unterliegen sollen. Damit mssten so gezchtete Pflanzen keine langwierigen Sicherheits- und Risikoprfungen durchlaufen und knnten leichter zugelassen werden. Argument fr diese Vorgehensweise ist, dass das Zuchtergebnis so gezchteter Pflanzen auch mit klassischen Zchtungsmethoden erreicht werden knnte, nur eben wesentlich langsamer. Weiterhin sah der Vorschlag der Kommission vor, dass mit Hilfe von NGT gezchtete Pflanzen nicht als solche gekennzeichnet werden mssen. Hier ist das Argument der Kommission, dass man in dem Endprodukt Gentechnik nicht nachweisen kann. Die Pflanzen sind zwar gentechnisch verndert, da aber keine Gene aus anderen Arten bertragen wurden, kann die gentechnische Vernderung nicht nachgewiesen werden. Ergo braucht es dafr auch keine Kennzeichnung. Es wre also Gentechnik drin, stnde aber nicht drauf. Eine Wahlfreiheit fr Verbraucherinnen und Verbraucher wre damit abgeschafft. Der Vorschlag der Kommission sieht auch keine Regeln zur Koexistenz wie beispielsweise Abstandsregeln von NGT-Pflanzen und herkmmlich gezchteten Pflanzen vor. Solche Regeln sollen sicher stellen, dass Einkreuzungen und Vermischungen von NGT-Pflanzen mit gentechnikfreien Pflanzen vermieden werden. Dies ist die Voraussetzung dafr, dass ein gentechnikfreier Anbau zuknftig berhaupt weiter mglich ist. Mit ihrem Vorschlag stellt sich die Kommission brigens gegen eine Entscheidung des Europischen Gerichtshofs, der 2018 besttigt hat, dass die Regelungen zur Gentechnik auch fr neue gentechnische Verfahren wie die Genschere Crispr/Cas gelten. ber diesen Vorschlag hat nun das EU-Parlament beraten und abgestimmt. Interessant ist, dass der konservativen EVP-Fraktion, der auch CDU/CSU angehren, selbst diese Vorschlge in Sachen Lockerung nicht weit genug gehen. Die EVP-Fraktion wollte selbst im kolandbau NGT-Pflanzen nicht verboten sehen. Ein Markus Sder, der einst das gentechnikfreie Bayern ausrief, ist demnach heute fr einen flchendeckenden unkontrollierten Anbau von NGT-Pflanzen. Zwar ist Sder fr 180-Wendungen bekannt, interessant wre es aber schon zu wissen, wie es zu diesem Sinneswandel kam. Doch dem Anliegen der EVP-Fraktion ist das EU-Parlament nicht gefolgt. Mit einer knappen Mehrheit ist das EU-Parlament dem Vorschlag der EU-Kommission mit einer Ausnahme gefolgt. Diese Ausnahme besteht darin, dass nach dem Willen des Parlaments Produkte aus NGT-Pflanzen gekennzeichnet werden mssen. Auerdem lehnt das Parlament eine Patentierung von NGT-Pflanzen ab, die auch durch herkmmliche Zchtung gezchtet werden knnten. Als nchstes befasst sich der Ministerrat, also die Vertreter der Mitgliedsstaaten mit dem Thema bevor es dann in den sogenannten Trilog, also die Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat geht. Wie die ausgehen werden , ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Offen ist auch wann dieser Trilog beginnt. Das ursprngliche Ziel, die Verhandlungen noch vor der Europawahl zu Ende zu bringen, erscheint derzeit unrealistisch. Die deutsche Bundesregierung ist sich auch bei diesem Thema nicht einig, weshalb von ihr eine Enthaltung im Rat droht. Es gilt daher der Bundesregierung die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Wahlfreiheit klar zu machen. Fr die gentechnikfreie Landwirtschaft inkl. des koladbaus steht die Existenz auf dem Spiel. Selbst wenn es bei einer Kennzeichnung von NGT-Pflanzen bliebe, mssten gentechnikfrei arbeitende Betriebe ber die gesamte Wertschpfungskette vom Acker bis auf den Teller sicher stellen, dass ihre Produkte frei von NGT-Pflanzen sind. Die Nutzer von NGT-Pflanzen wren aus der Verantwortung raus. Die Kosten fr die Sicherstellung der Trennung mssten alleine die gentechnikfrei wirtschaftenden Betriebe tragen. Es geht nicht um ein Verbot von Gentechnik in der Pflanzenzchtung, aber eine gentechnikfreie Landwirtschaft muss auch in Zukunft mglich sein. Das Damokles-Schwert hngt also am seidenen Faden. Wie lange dieser noch hlt, wird sich in den nchsten Monaten zeigen. Was knnen wir tun, um auch in Zukunft eine gentechnikfreie Lebensmittelproduktion und die Wahlfreiheit sicher zu stellen? 1. Nachfolgende Petition an die Bundesregierung untersttzen: https://weact.campact.de/petitions/kennzeichnung-und-regulierung-aller-gentechnik-pflanzen-erhalten 2. Die Postkartenaktion an Landwirtschaftsminister Cem zdemir untersttzen: https://www.abl-ev.de/initiativen/postkarte-fuer-gentechnikfreiheit

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