Frank Albers: What da Cut?!

In Deutschland ist das Thema seit ein paar wenigen Jahren neu, in London ist es bereits 1999 so aktuell, dass man ein Buch dazu verkaufen kann. Fergus Henderson veröffentlicht in diesem Jahr sein gleichnamiges Kochbuch und beschreibt darin die Grundlagen seiner außergewöhnlichen Küche. Seit 1994 kredenzt er im Restaurant St. John nahe dem Londoner Fleischgroßmarkt Smithfield Ohren, Herzen, Hirne, Hoden und vieles mehr und generiert so eine begeisterte Fangemeinde. Die Euphorie der neuen Vielfalt sprang zu uns auf den Kontinent über. Man kann sagen, dass der anhaltende gastronomische Megatrend zur Zubereitung möglichst vieler Teile des Tieres im St. John sein Zuhause und in Fergus Henderson seinen geistigen Vater hat. Henderson findet es – mit einem sehr englischen Augenzwinkern – „unaufrichtig gegenüber dem Tier, nicht das Beste aus ihm zu machen und alle Freuden texturaler und geschmacklicher Natur zum Vorschein zu bringen“. Der Londoner Gastrosoph hatte enormen Einfluss auf die Art und Weise, wie hierzulande in den letzten Jahren mit Fleisch in der Gastronomie umgegangen wird: Die Menüs bewegen sich weg vom klassischen Rückenfleisch und hinein in die anderen Regionen des Tieres. Ich finde diese „Bewegung“ in vielerlei Hinsicht großartig. Sie macht uns das Lebensmittel Fleisch bewusster und holt das Handwerk des Metzgers aus seinem Schattendasein ins Rampenlicht. Immer wieder neue Bücher beschäftigen sich mit dem Thema und bringen das wertvolle Wissen um die vergessenen Teile der Fleischtiere nach und nach in den Mainstream der privaten Haushalte. In den Küchen der Gastronomie treffen die wieder­entdeckten Cuts auf erfreulich großes Interesse, erleichtern sie es doch, auf kreative Art die Aufmerksamkeit und Anerkennung der Gäste zu gewinnen. Der für mich als Gourmetfleischimporteur bedeutendste Aspekt ist aber der nicht ganz so offensichtliche: Fergus Henderson hat einen großen Teil dazu beigetragen, dass wir in Deutschland in Sachen Fleischqualität auf einem solch enorm hohen Niveau unterwegs sind. Es ist ja so: Auch von konventionell gehaltenen Tieren sind Roastbeef, Ribeye und Filet meist einigermaßen genießbar. Bei den neuen alten Cuts ist das anders: Versuchen Sie mal ein Flank von einem europäischen Jungbullen und Sie wissen, was ich meine. Als wir Ende der Neunzigerjahre damit begannen, die neuen Cuts zu importieren, war der Markt für die heute hochbeliebten Cuts gar nicht vorhanden. Flanken waren in Deutschland Suppenfleisch, Nacken und Schultern kamen ins Hack. Zwerchfell (Skirt) oder Nierenzapfen (Onglet) waren von den Karten verschwunden. Hendersons Gastrophilosophie – wenn auch wesentlich mehr den Innereien zugewandt –­­ ­­half uns, in der Gastro ein offenes Ohr zu finden. Wir konnten, was zuvor billiges Suppen- und Hackfleisch war, hochwertig vermarkten und waren dadurch in der Lage, die Top-Qualitäten aus Übersee hier zu vertretbaren Preisen verfügbar zu machen. Three cheers for Mr. Henderson! The post Frank Albers: What da Cut?! appeared first on Albers GmbH.

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