Ist Zahnfehstellung als Anomalie bei Abschluss Versicherung anzugeben?

Die Frage des Krankenversicherers bei Vertragsabschluss nach bestehenden „Anomalien“ ist in Bezug auf Zahnfehlstellungen unklar und berechtigt nicht zum nachträglichen Ausschluss der Kostenübernahme für kieferorthopädische Behandlungen Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) erachtete die Frage nach „Anomalien“ im Antragsformular auf Abschluss einer privaten Krankheitskostenversicherung in Bezug auf Zahnfehlstellungen als unklar, weil sie dem Versicherungsnehmer in unzulässiger Weise eine Wertung abverlange, und deshalb mit heute veröffentlichter Entscheidung die Krankenversicherung zur Übernahme von kiefernorthopädischen Aufwendungen verurteilt. Die Parteien streiten um Erstattung von Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung der Tochter des Klägers. Der Kläger beantragte im März 2017 bei der Beklagten den Abschluss einer privaten Krankheitskosten- und Pflegeversicherung. Hinsichtlich seiner mitzuversichernden, neun Jahre alten Tochter beantwortete er folgende Frage mit „nein“: Bestehen/bestanden in den letzten drei Jahren Beschwerden, Krankheiten, Anomalien (auch Implantate (zum Beispiel Brustimplantate) und/oder Unfallfolgen), die nicht ärztlich behandelt wurden? Die Tochter des Klägers befand sich seit 2011 in regelmäßiger zahnärztlicher Kontrolle. Unstreitig lag bei ihr ein Engstand der Backenzähne vor. Im Sommer 2017 erlitt die Tochter des Klägers einen Unfall, bei dem sie sich einen Zahn abbrach. Im Zusammenhang mit dieser Behandlung wurde die Indikation für eine kieferorthopädische Behandlung gestellt; im Heilbehandlungs- und Kostenplan der Kieferorthopädin vom November 2017 heißt es u. a. „Platzmangel im UK (Unterkiefer), Scherenbiss Zahn 24, diverse Rotationen und Kippungen“. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der dem Kläger bekannte Engstand der Backenzähne seiner Tochter habe eine anzeigepflichtige „Anomalie“ im Sinne der Antragsfrage dargestellt. Bei Kenntnis hätte sie den Vertrag nicht einschränkungslos angenommen, sondern einen Leistungsausschluss für die kieferorthopädische Behandlung vereinbart. Dementsprechend sei der Vertrag wegen Anzeigepflichtverletzung nachträglich anzupassen. Der Kläger berief sich demgegenüber darauf, dass er erstmals im Sommer 2017 von der Notwendigkeit einer kieferorthopädischen Behandlung Kenntnis erlangt habe. Auf eine solche habe zuvor nichts hingedeutet; insbesondere auch nicht der Engstand der Backenzähne. Das Landgericht hatte die Klage auf Erstattung von Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung war vorm OLG überwiegend erfolgreich. Die Beklagte sei nicht zur Vertragsanpassung unter Aufnahme eines Risikoausschlusses für die Behandlung von Zahnfehlstellungen/Anomalien berechtigt gewesen, entschied das OLG. Der Kläger habe keine Anzei- gepflichten verletzt. Soweit bei seiner Tochter ein Engstand der Backenzähne vorgelegen und ihm bekannt gewesen sei, sei dies nicht anzeigepflichtig gewesen. Es handele sich nicht um eine „Krankheit“. „Krankheit“ im versicherungsvertraglichen Sinne sei „ein anormaler Körper- oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt“, führte das OLG aus. Dass der Engstand hier zu einer solchen Störung körperlicher Funktionen führte, habe auch die Versicherung nicht behauptet. Soweit die Versicherung meine, es liege eine „Anomalie“ vor, sei die Antragsfrage unklar. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht erkennbar, was unter einer Anomalie im Zahnbereich zu verstehen sei. Gemäß der Definition im Duden verstehe man unter einer Anomalie eine Abweichung vom Normalen, eine körperliche Fehlbildung. Darunter dürfte der durchschnittliche Versicherungsnehmer eher eine Missbildung, eine Behinderung verstehen, als eine Zahn- und Kieferfehlstellung. Dafür spreche auch der Klammerzusatz, der auf Implantate verweise. Hinzu komme, dass dem Begriff der Anomalie eine gewisse Dauerhaftigkeit immanent sei, der Zahnstatus der neunjährigen Tochter des Klägers aufgrund fortschreitenden Wachstums und Zahnwechsels aber naturgemäß Änderungen unterworfen gewesen sei. Die Frage ver- lange jedenfalls dem Versicherungsnehmer in unzulässiger Weise eine Wertung ab. Fragen, die eine Wertung des Versicherungsnehmers voraussetzten, seien grundsätzlich unzulässig. Sie könnten deshalb auch keine Anzeigepflicht begründen. Die Entscheidung ist rechtskräftig; die Revision ließ der Senat nicht zu. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 24.03.2021, Az. 7 U 44/20 (vorausgehend Landgericht Gießen, Urteil vom 07.02.2020, Az. 2 O 166/19, Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main,14.04.2021 Bild: pixabay

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