Der Einfluss auf die Meinungsbildung durch Medienintermediäre wie Google oder Facebook ist so gewachsen, dass sie im Medienstaatsvertrag erstmals in die Regulierung einbezogen worden sind. Das Ziel: die Sicherung von Meinungs- und Angebotsvielfalt. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, haben die Medienanstalten in der Medienintermediärssatzung konkretisiert, die seit 1. Januar 2022 gilt. Foto: Adobe Stock/BLM Die Satzung zur Regulierung von Medienintermediären konkretisiert die Vorgaben aus dem Medienstaatsvertrag, der im November 2020 den Rundfunkstaatsvertrag abgelöst hat. Ein Medienintermediär zeichnet sich dadurch aus, dass er journalistisch-redaktionelle Angebote aggregiert, selektiert und allgemein zugänglich präsentiert. Bezeichnet werden mit diesem Begriff Dienste wie Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Videoportale wie YouTube, deren Medieninhalte in der Regel von ihren Nutzern erstellt werden. Wie sich Medienintermediäre und Medienplattformen wie Vodafone unterscheiden, dazu haben die Medienanstalten ein Merkblatt entwickelt. Die neuen Regelungen im Medienstaatsvertrag dienen vor allem der Sicherung von Meinungs- und Angebotsvielfalt. Denn wie frei sind Meinungen tatsächlich, wenn Unternehmen wie Meta (Facebook und Instagram) oder Google darüber entscheiden, wer welche Nachrichten zu sehen bekommt oder gar, wer vom Netz genommen wird? Mit der algorithmengesteuerten Aggregation und Selektion von Inhalten übernehmen die Intermediäre eine Gatekeeper-Funktion, die früher den klassischen journalistischen Medien wie Zeitungen, Radio oder Fernsehen vorbehalten war. Wie die aktuelle Mediengewichtungsstudie der Medienanstalten zeigt, führt bei mittlerweile mehr als jedem Vierten ab 14-Jährigen in Deutschland der Weg zu den Online-Informationsquellen über Medienintermediäre (27,9 Prozent). BLM: Aufsicht u.a. über Amazon Video, Twitch und Twitter Für Medienintermediäre gelten die Vorgaben des Medienstaatsvertrags bereits dann, wenn ihr Angebot zur Nutzung in Deutschland bestimmt ist. Die überwiegend ausländischen Anbieter von Medienintermediären müssen einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen. Zuständig für die Aufsicht ist dann die Medienanstalt desjenigen Bundeslandes, in dem der Zustellungsbevollmächtigte seinen Sitz hat. So beaufsichtigt die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) zum Beispiel die Dienste der Anbieter Amazon (Alexa), Apple (App Store), Microsoft (Suchmaschine Bing), LinkedIn, Twitch, Twitter und Yahoo. Transparenz: Informationspflichten gegenüber Usern Foto: Fotolia/BLM Transparenzvorgaben und das Verbot der Diskriminierung sind der Kern der Medienintermediärsregulierung. Sie gelten für Medienintermediäre, die pro Monat von mindestens einer Million Menschen genutzt werden. Bei den Transparenzvorgaben handelt es sich um Informationspflichten gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern. Der Anbieter eines Medienintermediärs, z.B. der Google-Konzern, muss über die Kriterien informieren, die für den Zugang und Verbleib von Inhalten auf seiner Videoplattform YouTube entscheidend sind. Auch die zentralen Kriterien, nach denen Inhalte aggregiert, selektiert und präsentiert werden, müssen offenbart werden samt ihrer Gewichtung. Das bedeutet: Die Nutzerinnen und der Nutzer sollen zumindest nachvollziehen können, warum ihnen bestimmte Inhalte in einer bestimmten Reihenfolge angezeigt werden und andere nicht. In welcher Detailtiefe Informationen vorliegen müssen, um den Spagat zwischen Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit zu schaffen, ist in der Aufsichtspraxis zu erörtern. Warum die Transparenz so wichtig ist, haben die Medienanstalten in einem Positionspapier Ende 2021 erläutert. Im Rahmen der Transparenzpflicht müssen die Medienintermediärsanbieter formale Vorgaben beachten. So einfach wie durch die Impressumspflicht Kontaktdaten zur Verfügung gestellt werden, sollen auch die Informationen in puncto Transparenz abgerufen werden können. Erste Überprüfungen der Medienanstalten haben ergeben, dass die Transparenzangaben bei vielen Intermediären nicht so leicht wahrzunehmen sind. Sie sind entweder im „Hilfe“-Bereich zu finden oder die Nutzenden müssen erst bestimmte Suchbegriffe eingeben. Teilweise finden sich noch gar keine Transparenzangaben. Diskriminierungsverbot als Herzstück Das Herzstück der Medienintermediärsregulierung ist das Diskriminierungsverbot. Danach dürfen Medienintermediäre journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote nicht diskriminieren. Dies gilt jedoch nur, wenn sie besonders hohen Einfluss auf deren Wahrnehmbarkeit haben. Der Einfluss wird laut Satzung vor allem anhand von Daten wie Nutzungsreichweite, Nutzerzahlen, Verweildauer und Aktivität der Nutzer oder Anzahl der Views je Nutzer ermittelt. Eine Diskriminierung liegt beispielsweise dann vor, wenn von den transparent gemachten Kriterien zugunsten oder zulasten eines Angebots systematisch abgewichen wird. Außerdem können Kriterien per se unzulässig sein, weil sie bestimmte inhaltliche Angebote systematisch behindern. Wann werden die Medienanstalten tätig? Tätig werden die Landesmedienanstalten laut der Medienintermediärssatzung in der Regel aufgrund von Beschwerden. Sie können Angebote jedoch auch von sich aus überprüfen. Lediglich beim Diskriminierungsverbot können die Medienanstalten als Aufsicht nur agieren, wenn entweder der Anbieter eines journalistisch-redaktionell gestalteten Angebots sich beschwert oder ein offensichtlicher Verstoß vorliegt. Nachdem die Transparenzvorgaben und das Diskriminierungsverbot durch die Landesmedienanstalten in der Satzung konkretisiert worden sind, müssen sie diese Regelungen in der Aufsichtspraxis nun mit Leben füllen. Es gilt also zu überprüfen, in welchen Fällen Verstöße zu beobachten sind und somit Nachbesserungsbedarf vorliegt und in welchen Fällen die Ziele erreicht worden sind. Dafür sind Dialog und eine kooperative Aufsichtspraxis notwendig. Allerdings werden in einigen Fällen auch Aufsichtsmaßnahmen und wohl auch die Befassung der Gerichte nicht zu vermeiden sein. Weitere Informationen: Die Medienanstalten haben verschiedene Forschungsprojekte und Gutachten zum Thema Intermediäre initiiert. Außerdem veröffentlichen sie jährlich den Vielfaltsbericht, der sich mit der Sicherung von Vielfalt im digitalen Zeitalter beschäftigt. Dazu gehört auch die mediale Macht des Netzes durch Intermediäre. Mit der Messung von Meinungsmacht im Internet setzt sich das Pilotprojekt zur publizistischen Konzentrationskontrolle auseinander, das vom Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation in Kooperation mit der BLM entwickelt wurde. Der Beitrag Medienintermediäre auf dem Prüfstand erschien zuerst auf BLM plus Blog.
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