Verwalter dürfen seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) mehr und sind mit erweiterten Befugnissen ausgestattet. In der Praxis soll das vor allem die Effizienz der Verwaltung steigern, da der Verwalter nunmehr ausdrücklich alltägliche Maßnahmen auch ohne Rücksprache mit den Wohnungseigentümern treffen darf. Doch bei Eigentümern herrscht vielfach noch Unsicherheit wie weit die neuen Befugnisse tatsächlich gehen: Vergibt der Verwalter Aufträge ohne Beschluss handelt er schließlich rechtsverbindlich für die Eigentümergemeinschaft! Daher ist es wichtig für Eigentümer und Hausverwalter die Möglichkeiten und Grenzen der Verwalterbefugnisse zu kennen. Der nachfolgenden Artikel, gibt daher einen Überblick, wann der Verwalter Aufträge ohne Beschluss vergeben darf. Welche Möglichkeiten hat der Verwalter in der Praxis und wo liegen die Grenzen. Inhalt: Verwalter vergibt Aufträge ohne Beschluss: Möglichkeiten und Grenzen I. Gesetzliche Grundlage der Verwalterbefugnis: § 27 Abs. 1 WEG II. Wann darf der Verwalter eigenmächtig Aufträge vergeben? Aufträge über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen Beauftragung von Dienstleistern Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Prozessführung Aufträge zur Ergreifung von Notmaßnahmen III. Welche Aufträge darf der Verwalter nicht ohne Beschluss vergeben? Grenzen der Verwalterbefugnis Rechtsfolgen einer Kompetenzüberschreitung des Verwalters IV. Fazit und Zusammenfassung Hausverwaltung gesucht? Hier kostenlose Angebote anfordern! I. Gesetzliche Grundlage der Verwalterbefugnis: § 27 Abs. 1 WEG Das WEG bestimmt die Reichweite und die Grenzen der Verwalterbefugnis in § 27 Abs. 1 WEG: Danach ist ein Verwalter berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung zu treffen, die entweder von untergeordneter Bedeutung sind und keine erheblichen Verpflichtungen nach sich ziehen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) oder die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). In § 27 Abs. 1 WEG findet sich somit ausdrücklich die Möglichkeit des Verwalters, Aufträge ohne Beschluss zu vergeben und unter den vorgegebenen Bedingungen eigenständig zu handeln. Wichtig ist hier, dass der Verwalter bei seinen eigenständigen Entscheidungen im Sinne einer ordnungsgemäßen Verwaltung handelt. Mehr dazu und den allgemeinen Aufgaben des Verwalters, finden Sie hier: WEG-Verwalter für Eigentümergemeinschaft: Aufgaben im Überblick Darüber hinaus bestimmt § 27 Abs. 2 WEG, dass die Wohnungseigentümer die Befugnisse des Verwalters durch Beschluss erweitern oder einschränken können. Das bedeutet, dass die Eigentümer die Handlungsspielräume des Verwalters aktiv bestimmen können. Um die Möglichkeiten und Grenzen der Verwalterbefugnisse zu definieren ist daher im Einzelfall nicht nur ein Blick in das Gesetz, sondern auch in den Verwaltervertrag notwendig. II. Wann darf der Verwalter eigenmächtig Aufträge vergeben? Wann der Verwalter Aufträge ohne Beschluss vergeben darf, folgt direkt aus § 27 WEG: Bei Maßnahmen bzw. Angelegenheiten, die von untergeordneter Bedeutung sind und keine erheblichen Verpflichtungen für die Eigentümergemeinschaft nach sich ziehen. Darunter fallen zum Beispiel folgende Beauftragungen: Aufträge über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen: Beauftragungen von Dienstleistern Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Prozessführung Notmaßnahmen 1. Aufträge über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen Der Verwalter ist befugt und verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu treffen, ohne hierfür einen Beschluss der Eigentümer einholen zu müssen. Selbstverständlich sind Beauftragungen ohne Beschluss hier nur in dem Umfang der „üblichen Instandhaltungen“ möglich. Typisches Beispiel sind hier die Beauftragung zur Reparatur einer defekten Heizungsanlage, die Reparatur der Schließanlage oder die Reparatur der Beleuchtungsanlage im Hausflur etc., auch kleinere Malerarbeiten zur Ausbesserung von Verschmutzungen im Hausflur usw. kann der Verwalter ohne Beschluss in Auftrag geben (vgl. Ausführungen in BT- Drucksache 19/18791, S. 75). In der Praxis wird hier oft im Verwaltervertrag eine Kostengrenze bestimmt, bis zu welchem monatlichen bzw. jährlichen Betrag eine Auftragsvergabe zur Instandsetzung stattfinden darf. Größere Sanierungsarbeiten sind hiervon nicht erfasst. Lesen Sie dazu auch: Was darf der Hausverwalter ohne Beschluss? 2. Beauftragung von Dienstleistern Der Abschluss von Verträgen mit Dienstleistungsunternehmen ist Verwaltern nur dann ohne Beschluss nur erlaubt, wenn es sich um untergeordnete Vertragsabschlüsse handelt, wie z.B. Dienstleistungsverträge für die regelmäßige Reinigung oder Wartung von Gemeinschaftsanlagen, Versorgungsdienstleistungen usw. (vgl. Ausführungen in BT- Drucksache 19/18791, S. 75; Landgericht (LG) Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2021, Az.: 2-13 S 146/19). Typische Beispiele sind hier die Dachrinnenreinigung, die Fassadenreinigung aufgrund einer Graffitiverschmutzung etc. Der Verwalter kann den Auftrag für solche Dienstleistungen ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft vergeben, solange die Kosten im Rahmen bleiben und sich für die Eigentümergemeinschaft keine erheblichen Risiken aus dem Vertragsabschluss ergeben. Verträge mit sehr langer Vertragslaufzeit können daher z.B. nicht ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft abgeschlossen werden. ohne kann der Verwalter diese eigenständig abschließen, sofern die Kosten im Rahmen bleiben und keine erheblichen Risiken für die Gemeinschaft entstehen. 3. Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Prozessführung Der Verwalter kann in einigen Fällen auch ohne Beschluss der Eigentümer einen Rechtsanwalt beauftragen: So z.B. bei dringenden Angelegenheiten, wie beispielsweise der Abwehr von Klagen, um fristgebundene Forderungen zu wahren oder drohende Nachteile abzuwenden (vgl. Ausführungen in BT- Drucksache 19/18791, S. 75). Eine Beauftragung ohne expliziten Eigentümerbeschluss ist dem Verwalter auch zur Durchsetzung von Ansprüchen der Eigentümergemeinschaft möglich: So kann der Verwalter auch ohne Beschluss der Eigentümer ein Hausgeldklageverfahren gegen einzelnen Wohnungseigentümer einleiten (vgl. LG Dortmund mit Beschluss vom 19.03.2021, Az.: 1 S 263/20). 4. Aufträge zur Ergreifung von Notmaßnahmen Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG darf der Verwalter in Notfällen Aufträge ohne Beschluss vergeben. Dazu zählen typischerweise alle eilbedürftigen Gefahrenfällen, die weitere Schäden für Personen oder das Gemeinschaftseigentum herbeiführen können: Heizungsausfall, Feuerherde, Wasserschäden, Schäden an einer Gasleitung, Rohrbruch bei Versorgungs- oder Abwasserleitung, Überschwemmung(sgefahr), Einsturzgefahr usw. Liegt ein solcher Notfall vor, muss der Verwalter sogar sofort handeln und darf umgehend Handwerkern beauftragen, die die aktuell drohende Gefahr beseitigen und/oder erforderliche Arbeiten zur Verhinderung von Folgeschäden vornehmen (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 10.02.1997, Az.: 15 W 197/96; LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 02.10.2012, Az.: 16 S 11/12; Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25.09.2015, Az.: V ZR 246/14). Hausverwaltung gesucht? Hier kostenlose Angebote anfordern! III. Grenzen der Verwalterbefugnis: Welche Aufträge darf der Verwalter nicht ohne Beschluss vergeben. Verwalter dürfen keine Aufträge ohne Beschluss vergeben, die über ihren Kompetenzbereich des § 27 WEG gehen. Darüber hinaus dürfen sie auch keine Aufträge über Maßnahmen vergeben für deren Durchführung das Gesetz ausdrücklich einen Eigentümerbeschluss voraussetzt. Verstoßen Verwalter dagegen und vergeben Aufträge über den Kopf der Eigentümer hinweg ohne rechtliche Befugnis, sind sie zum Schadensersatz verpflichtet und müssen im Einzelfall sogar die Kosten der eigenmächtigen Beauftragung zahlen. 1. Grenzen der Verwalterbefugnis Für die Befugnisse des Verwalters existieren klare Grenzen, die vorgeben, welche Aufträge Verwalter nicht ohne Beschluss der Eigentümer vergeben können. Dazu zählen, Aufträge über Maßnahmen, die nicht von untergeordneter Bedeutung sind und erheblichen Verpflichtungen für die Eigentümergemeinschaft nach sich ziehen: Sanierungen des Daches; Sanierung der gesamten Hausfassade; Reparaturen bzw. Neuanschaffung der Fenster und Türen der Wohnungseigentumsanlage usw. Maßnahmen, die nicht im Interesse der Eigentümergemeinschaft liegen und nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen: z.B. unberechtigte Verwendung von Hausgeldern, Beauftragung offensichtlich überteuerter Dienstleister usw. Bei jeder Auftragsvergabe durch den Verwalter ist sicherzustellen alle erforderlichen rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte berücksichtigt werden. Maßnahmen, die durch Beschluss oder Vereinbarung im Verwaltervertrag dem Kompetenzbereich des Verwalters entzogen sind: Die Eigentümergemeinschaft hat die Möglichkeit die Grenzen, in denen der Verwalter ohne Beschluss Aufträge vergeben kann, vertraglich festzulegen und zu beschränken. An eine solche Vereinbarung muss sich der Verwalter halten, anderenfalls ist er zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. Amtsgericht (AG) Schwarzenbek, 02. November 2021, Az. 2 C 54/19 WEG). 2. Rechtsfolgen einer Kompetenzüberschreitung des Verwalters Überschreitet der Verwalter seine Kompetenz und vergibt Aufträge ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft, kann die Eigentümergemeinschaft den Verwalter für alle daraus entstehenden Schäden haftbar machen, einschließlich aller anfallenden Kosten (BGH vom 18. Februar 2011, Az.: V ZR 197/10) Problematisch ist in der Praxis allerdings, dass die Eigentümergemeinschaft im Regelfall an den Vertrag gebunden bleibt. Das folgt daraus, dass die Beschränkungen der Verwalterbefugnis nach § 27 WEG und dem Verwaltervertrag nur im Innenverhältnis zum Verwalter gelten. Die Vertretungsmacht des Verwalters im Außenverhältnis nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG bleibt davon unberührt. Das bedeutet, selbst wenn der Verwalter unbefugt einen Auftrag an Dritte, wie Firmen oder Handwerker, vergibt, ist die Eigentümergemeinschaft an den geschlossenen Vertrag gebunden, da der Verwalter als gesetzlich Bevollmächtigter gehandelt hat. Beschränkungen des Umfangs der Vollmacht gegenüber Dritten sind nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG unwirksam. IV. Fazit und Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es aufgrund der erweiterten Befugnisse gemäß § 27 WEG rechtmäßig ist, dass der Verwalter Aufträge ohne Beschluss vergibt. Entscheidend ist lediglich, dass es sich bei den Aufträgen nur um Maßnahmen handeln darf, die von untergeordneter Bedeutung sind und keine erheblichen Verpflichtungen für die Eigentümergemeinschaft nach sich ziehen. Zudem dürfen Sie nicht durch vertragliche Beschränkungen der Eigentümergemeinschaft dem Kompetenzbereich des Verwalters entzogen sein. Auch sog. Notmaßnahmen darf der Verwalter ohne Beschluss anordnen, wenn sie der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Ein weitergehendes eigenmächtiges Handeln ist allerdings nicht erlaubt. Der Beitrag Verwalter vergibt Aufträge ohne Beschluss: Möglichkeiten und Grenzen erschien zuerst auf Hausverwalter-Vermittlung.de.
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