Von Zeitmaschinen zur KI

Von der Film & Media Exchange FMX ist Ian Failles nicht mehr wegzudenken. Der Ex-Anwalt hatte schon immer eine Leidenschaft für visuelle Effekte, kam aber erst über abenteuerliche Wege zum Journalismus. Heute ist er gefragter Speaker und Moderator bei Siggraph, VES-Panels und FMX. Als Freelancer hat er sich zudem einen Podcast und ein Printmagazin aufgebaut. Wir sprachen mit ihm in unserer Ausgabe 7–8.2024 über seinen Werdegang, die Herausforderungen in der VFX-Welt und warum er künstliche Intelligenz auf lange Sicht für eine Bereicherung hält. Foto: Dominique Brewing 1985 saß ein siebenjähriger Australier in einem dunklen Kinosaal. Auf seiner Netzhaut flimmerte gerade die Flammenspur von Marty MacFlys motorisierter Zeitmaschine. Das Bild brannte sich in sein Gedächtnis, zusammen mit der Frage: „Wie haben die das gemacht?“ Seitdem ist der heutige VFX-Journalist Ian Failles von visuellen Effekten begeistert. Er sollte herausfinden, wie die Spur entstand, wie James Cameron in „The Abyss“ das Wasser formte und wie Steven Spielberg für „Jurassic Park“ Dinos zum Leben erweckte. Goldene Ära der VFX Die 51-minütige Dokumentation „The Making of ,Jurassic Park‘“ von Regisseur John Schultz war ein weiteres Erweckungserlebnis für den damals 17-jährigen Failles. Der Film zeigte erstmals im Detail, wie der Prozess von­ Effekteschmiede Industrial Light & Magic aussah. „Ich denke, diese Dokumentation hat buchstäblich mein Leben verändert“, sagt Ian Failles heute. „Das erste Mal sah ich, wie VFX Supervisors und VFX-Künstler in die erste Reihe geholt und interviewt wurden.“ Die Doku lief damals im Fernsehen und wurde auf VHS und später auf DVD veröffentlicht. Failles konnte so nicht nur verstehen, wie diese Effekte entstanden waren, er kannte auch plötzlich die Namen und Gesichter derer, die sie geschaffen hatten. „Die Filme der 1980er und 1990er Jahre, mit denen ich aufwuchs, waren die Goldene Ära der visuellen Effekte“, erinnert sich Ian Failles. Es folgte eine Ära das Umbruchs. „Jurassic Park“ beendete im Alleingang die Ära der Stop Motion, wenige Jahre später veräußerte Industrial Light & Magic seine Sparte für Miniaturen und praktische Effekte. Zu dieser Zeit beendete Failles die High School und entdeckte das Cinefex-Magazin für sich. Das englischsprachige Printmagazin für Spezialeffekte erschien von 1980 bis 2021 und widmete sich Spezialeffekten, visuellen Effekten, Spezial-Make-up, Props und Pyrotechnik in Filmproduktionen. Failles ersteigerte jedes Exemplar des Heftes, das er ergattern konnte. „Ich habe neben dem  Inhalt vor allem den Stil geliebt, wie Cinefex über die VFX geschrieben hat“, sagt er. „Zuerst den Film zu sehen und dann in der Cinefex die Behind-the-scenes zu lesen – das war das ultimative Erlebnis.“ Als Australier derart weit von der VFX-Industrie Kaliforniens entfernt, kam Failles damals nie in den Sinn, die journalistische Seite auch beruflich anzugehen. Auch als VFX-Artist hat er nie gearbeitet. „Das ermöglicht mir aber eine sehr wertschätzende, entdeckerische Art der Berichterstattung“, ist er sich sicher. Das aktuelle Printmagazin „befores & afters“ zum Thema „What happens on set“ (Fotos: Ian Failles) Vom Blog zum Magazin Denn als Karriereweg wählte er das Studium der Rechtslehre. Ab 1997 studierte er in Sydney Jura und Information Technology. Von 1998 an arbeitete er auch in einer Kanzlei und setzte diese ­ Jura-Arbeit auch nach seinem Abschluss in 2003 fort. Sein eigener „VFX-Blog“ entstand um die Zeit seines Jura-Abschlusses herum. „Es waren anfangs eigentlich nur meine Gedanken zu VFX in Form und Länge von Twitterposts, mit Links zu Artikeln und Clips“, sagt Ian Failles. Dann begann er, Kontakt zu Studios und Artists aufzunehmen und diese für seinen Blog per E-Mail oder Telefon zu interviewen. „Das war schon ganz schön zeitraubend, morgens um sechs vor der Arbeit ein Interview, abends transkribiert, aber ich habe das immer noch nicht als Karriereweg wahrgenommen“, sagt Failles. Etwa um 2010 herum sprach ihn dann das australische Team vom US-Blog VFX Guide um Mike Seymour an. Ihnen gefalle, was mache, ob er nicht für das Blog-Magazin schreiben wolle. So wechselte er den Job und wurde Vollzeitjournalist beim VFX Guide, wo er bis etwa 2015 blieb. Seitdem ist Ian Failles selbstständig und schreibt für Publikationen wie 3D World, VFX Voice und viele ­ andere. Zudem ist er Speaker und Moderator auf Veranstaltungen wie Siggraph, VIEW, SPARKFX oder eben der FMX in Stuttgart. 2019 gründete er sein eigenes Online- und später Print-Magazin „befores & afters“, inklusive Podcast. Das Printmagazin veröffentlichte zunächst einfach die Artikel aus dem Online-Magazin. Nach ein paar Ausgaben, dachte Ian Failles über das Alleinstellungsmerkmal des Hefts nach. Als Ergebnis begann er, den Printheften ein übergeordnetes Thema zu geben. So hatte er bereits Schwerpunkte über Miniaturen, digitale Kreaturen oder Performance Capture. Jemand, der ihm aus der frühen Zeit besonders im Gedächtnis blieb, war Phil Tippett. „Er und sein Team sagten gerade in meiner Anfangszeit oft ,Ja‘ zu Interviewanfragen. Das war sehr großzügig“, so Ian Failles. „2018 holte ich ihn dann zur FMX und durfte Tippet Studios besuchen. Er mag es, über seine aktuelle Arbeit zu sprechen und nicht immer auf ,Star Wars‘ und die Tauntauns angesprochen zu werden.“ Tippett war Teil des Teams von „Jurassic Park“ und war an der Animation der Dinosaurier involviert, als allen klar wurde, dass die CG-Inhalte Stopptrick schnell überflüssig machen würden. Möchten Sie mehr über den Blick von Ian Failles auf die VFX-Branche erfahren? Hier finden sie den Artikel!

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