Gehaltstransparenz: Wie das Offenlegen der Gehälter in bestehenden Teams gelingt und warum es dir bei der Mitarbeitergewinnung hilft – Deep Dive mit Annik Rauh auf der POW 2022

Am 15. November 2022 fand zum zweiten Mal die POW statt – das digitale Event von gastromatic rund um Themen, die die Branche bewegen. Dieses Mal ging es in der Leitfrage darum, wie man es trotz aktueller Herausforderungen schaffen kann, das eigene Business krisenfest zu machen. Vor dem Hintergrund der Energiekrise, des Personalnotstandes, des Digitalisierungs–Dschungels und stetig steigender Kosten haben unsere 30 Speaker*innen in Deep Dives und Panel Diskussionen gezeigt, wie wir’s gemeinsam anpacken und somit gestärkt aus den Krisensituationen herausgehen können! Kurz und Knapp „Mit Extra-POWer durch den Winter“ war das Motto des Tages – und der Zeitpunkt hätte nicht besser sein können, um eine Win-win-Situation sowohl für Arbeitgeber*innen wie Arbeitnehmer*innen zu schaffen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um Unternehmen krisenfest zu machen, ist das Personal und damit die Frage, wie wir das Arbeiten für alle effizienter, wirtschaftlicher, aber auch schöner machen können. Wir wollen erreichen, dass sich eure tägliche Arbeit fundamental verändert, ihr aus ihr Kraft schöpft. All das haben wir bei der POW zusammengebracht. Wir haben tiefe Einblicke in das Know-how unserer 30 Expert*innen und die Möglichkeit erhalten, mit ihnen und anderen Teilnehmenden in die Diskussion zu gehen – Best Practices mit Gleichgesinnten auszutauschen war noch nie einfacher. Unsere Teilnehmer*innen haben die Möglichkeit zum gemeinsamen Wachsen im Unternehmen genutzt und auch ihre Teammitglieder ins Boot geholt; so konnten alle das wertvolle Wissen miteinander aufsaugen und direkt im Nachgang umsetzen. Ihr habt die POW leider verpasst? Kein Problem! Heute steigen wir in unsere POW 2022-Recap ein und bereiten die Inhalte für euch in Blogformat auf. Im heutigen Deep Dive erzählt Annik Rauh, welche Vorteile es mit sich bringt, wenn man Gehälter im Unternehmen offenlegt und damit den Mitarbeitenden auf Augenhöhe begegnet. Es geht darum, dass euch ein transparentes Miteinander im Betrieb sowohl dabei hilft, das Verantwortungsgefühl und die Sinnhaftigkeit zu steigern wie auch die Wertschätzung und Gerechtigkeit untereinander zu erhöhen. Schaut euch den Deep Dive von Annik gerne in unserem Mitschnitt auf YouTube an, hier bekommt ihr noch mehr Hintergrundinformationen zu ihrem Ansatz: Über Annik  Annik hat die Gastronomie direkt von der Pike auf gelernt – sie hat eine Ausbildung als Hotelfachfrau und Köchin gemacht, ist ausgebildete Sommelière und war insgesamt fast 20 Jahre lang Geschäftsführerin zunächst einer Cocktailbar im Fontane-Klub und anschließend des Marienbad-Bistros in Brandenburg. Inzwischen ist Annik als Beraterin für Gastronom*innen tätig und entwickelt mit ihnen individuelle Lösungsansätze für eine gut laufende Gastro und vor allem einen starken Zusammenhalt im Team. Zusätzlich betreut sie gemeinsam mit Lisa Boje ihren eigenen Podcast „Salz inner Suppe“ – der erste deutschsprachige Business Podcast für die Hotelindustrie, den sie 2019 gestartet haben. Offenlegung der Gehälter Annik wollte zu ihren Zeiten als Geschäftsführerin immer eine gute Chefin sein; sie hat sich immer darum bemüht, dass es ihren Mitarbeitenden gut ging, sie war immer für sie da und hat dafür selbst regelmäßig bis zu 16 Stunden am Tag gearbeitet. In dieser Zeit hat sie sich dafür ins Zeug gelegt, eine Verbesserung der Arbeitssituation zu bewirken – zunächst waren die Verbesserungen auch ganz nett, aber irgendwie kam das Team immer wieder zur selben Ausgangssituation zurück: zu viel Arbeit, zu wenig Mitarbeitende. Die Initialzündung kam von einem ihrer Mitarbeiter, der das gängige System kritisierte, dass gesunde Mitarbeitende für Erkrankte einspringen müssten und somit dafür „bestraft“ würden, gesund zu sein. Eine weitere Mitarbeiterin hatte einen ähnlichen Gedanken, als sie Annik fragte: Muss ich denn erst schwanger werden, um hier frei zu bekommen?“ In diesen Momenten wurde Annik klar, dass sie die ganze Zeit versucht hat, alles richtig zu machen, aber irgendwie lief trotzdem einiges total falsch. Nach 16 Jahren dieses immer wiederkehrenden Kreislaufs musste sie sich dann entscheiden: „Entweder wir schmeißen alles hin oder es wird alles anders.“ Es wurde dann letzteres. Auf ihrer Suche nach einem passenden Anfang, besuchte Annik ein NLP Seminar – NLP steht für neurololinguistische Programmierung. Die erste Frage dort war: wer hat denn hier keine Angst? Zunächst fühlte Annik sich angesprochen und dachte, sie sei furchtlos und würde sich alles trauen. Im nächsten Schritt musste sie aber revidieren: bisher konnte sie ihre Ängste bloß nicht als solche wahrnehmen. Sie merkte, dass sie sehr wohl Angst hatte. Beispielsweise im Gefühl, kontrollieren zu müssen – dass man den Dienstplan unbedingt selbst schreiben muss anstatt ihn an Mitarbeiter*innen abzugeben. Oder ganz dringend Mitarbeitende zu brauchen, aber ihnen im Vorstellungsgespräch nicht den Lohn zusprechen zu wollen, weil er etwas über dem Gehalt einer langjährigen Mitarbeiterin liegt. Annik hat erst in diesem Seminar begriffen, dass sie in vielen beruflichen Momenten aus der Angst heraus entschieden hat; unter anderem, weil sie Angst hatte, Mitarbeitende zu verlieren. Als sie in den Betrieb zurückkehrte, hat sie damit begonnen, ihre Entscheidungen bewusster wahrzunehmen und in sich reinzuhören, bevor sie sie traf. Dabei hat sie erst gemerkt, wie die täglichen Abläufe wirklich waren und dass es auch möglich war, nachhaltige Veränderungen im Betrieb umzusetzen. Zwischen Reiz und Reaktion liegt die Freiheit zu entscheiden. Und diese neu gewonnene Freiheit war für Annik die Realisierung, dass sie sich in bestimmten auch anders entscheiden könnte – wenn sie denn keine Angst hätte. Diese Überlegungen haben sie dann zum Gedankenexperiment gebracht, wie denn die Betriebsausführung aussähe, wenn sie keine Angst hätte. Wie könnte man einen Betrieb „richtig“ führen? Dabei kam auch die Frage nach den Gehältern wieder auf und das Dilemma, unfaire Entscheidungen zugunsten kurzweiligen Friedens im Unternehmen treffen zu „müssen“. Die Überlegungen, ein wertschätzendes und wirklich faires Klima für die Mitarbeitenden zu schaffen, führte Annik dazu, ihrem Team ein ordentliches Gehalt auszahlen zu wollen. Wir wissen alle, dass die Gehälter vor allem in der Gastro überwiegend gerade so den Mindestlohn erfüllen und auch Annik selbst zahlte sich als Geschäftsführerin nur ein geringes Gehalt aus. Der Wandel im Betrieb Annik und ihr Mann beschlossen also, die Gehaltsstrukturen komplett umzudrehen und waren sich auch der Risiken bewusst, damit in die Pleite laufen zu können. Aber wir erinnern uns an ihren Gedanken vom Anfang: entweder alles hinschmeißen oder alles ändern. Mit dieser Änderung geschah dann etwas, was sie selbst überraschte: der Gewinn im ersten Monat nach der Umstellung verdoppelte sich. Der Ablauf bei Annik und ihrem Mann war der folgende: Zuerst zogen sie den engsten Kreis der Mitarbeiter*innen ins Vertrauen und besprachen mit ihnen, wie sich eine gute Arbeit für sie anfühlen sollte. Gemeinsam konnten sie dann Entscheidungen treffen, die auf dieses Ziel hinarbeiteten. Das Offenlegen der Gehälter muss rechtlich abgesichert sein. Das bedeutet, dass ihr nicht einfach von euch aus alle Gehälter offenlegen dürft, sondern ihr das mit bestehenden Mitarbeitenden absprechen müsst und mit neu eingestellten Mitarbeitenden die Offenlegung direkt vertraglich festlegt. Der Kern dieses ganzen Prozesses beginnt aber immer erst bei euch selbst. Wie soll es sich anfühlen, wenn wir miteinander arbeiten? Was sind die Werte meines Betriebs und wie kann ich diese Werte zusammen mit meinen Mitarbeitenden umsetzen? Zusätzlich zum Offenlegen der Gehälter hat Annik auch eine Gewinnbeteiligung eingeführt; das hat dazu geführt, dass alle Mitarbeitenden angefangen haben, unternehmerisch zu denken – das große Ganze wurde ihnen dadurch greifbarer, sodass auch häufiger die Initiative ergriffen wurde. Das wiederum erfordert natürlich, dass die Mitarbeitende auch selbst Entscheidungen treffen dürfen. Sobald man also diese Kugel ins Rollen bringt, wird Selbstbestimmung der Mitarbeiter*innen ein großes Thema im Betrieb und die größte Hürde ist dabei meistens die Chefin oder der Chef selbst. Denn aus eigener Erfahrung weiß Annik, dass wenn man als Chefin Angst bekommt, es könnte doch etwas schief gehen, reißt man die Kontrolle an sich, was den Mitarbeitenden wiederum das Vertrauen entzieht. Der alternative Vorgang wäre: die Verantwortung bei den Mitarbeitenden zu belassen und die Mitarbeiter*innen maximal in ihren Entscheidungen zu unterstützen. Das führte in Anniks Betrieb dann dazu, dass sie morgens um 9 Uhr auf die Arbeit kam und um 9:30 Uhr schon das Gefühl hatte, wieder nach Hause fahren zu können, weil alles in ihrem Team schon so gut lief und geplant wurde, dass sie quasi nichts mehr zu tun hatte. In dieser Zeit stieg nicht nur der Umsatz enorm, sondern auch die Mitarbeiterzufriedenheit. Gehälter miteinander verhandeln Auch Annik hatte zuvor Gehaltsungleichheiten unter dem Deckmantel der sogenannten Verschwiegenheit im Betrieb. Vielleicht habt ihr es selbst schon erlebt: das Getuschel über die Gehälter der Kolleg*innen und die angeblichen Boni, die sie von den Führungskräften erhalten. Oftmals ist es aber bloß genau das: Getuschel. Ein Vorteil der Offenlegung der Gehälter ist, dass genau so etwas nicht mehr passiert. Jede*r weiß genau, was die anderen verdienen. Und eine weitere Besonderheit hat sich in Anniks betrieblichem Alltag ergeben: Bei der Einstellung neuer Kolleg*innen nahm Annik ein Teammitglied ins Vorstellungsgespräch mit und ließ das (engere) Team im Nachgang gemeinsam bestimmen, welches Gehalt der Neuzugang erhalten sollte. Die Entscheidung, jemanden neu einzustellen, lag somit also nicht mehr bei der Führungskraft, sondern bei den Mitarbeitenden selbst – das macht in der Mitarbeiterzufriedenheit und Sinnhaftigkeit im Beruf einen enormen Unterschied. Stück für Stück hat sich in Anniks Unternehmen etabliert, dass auch Gehälter bestehender Mitarbeiter*innen neu untereinander festgelegt wurden. Als Faktor zur Bewertung ging nicht nur das Gehalt an sich mit ein, sondern auch Wünsche bezüglich Selbstbestimmung im Sinne von Einflussnahme auf den Dienstplan, Arbeitstage an Wochenenden oder Fortbildungsmöglichkeiten. Zusammen mit einer Vertrauensperson wurde das Gehalt dann besprochen; dabei floßen all die erwähnten Themen in die Gehaltsverhandlung ein und wurden priorisiert, sodass eine faire Lösung gefunden werden konnte. Das Besondere daran ist: Wenn Kolleg*innen in die Gehaltsverhandlungen involviert werden, sehen sie die Gesamtheit der Aufgabenbereiche und können eigene Privilegien anders bewerten. In Anniks Beispiel war die Sekretärin bei den Gehaltsverhandlungen des Kochs die Vertrauensperson: Sie sprach sich für ein höheres Gehalt für ihn aus, weil sie sah, dass er ihre Privilegien (Gleitzeit, keine Arbeit am Wochenende) nicht haben durfte und diesen Nachteil somit gerne durch den Lohn ausgleichen wollte. Fazit Die Mitarbeitenden in die Gehaltsverhandlungen zu involvieren, war für Annik ein Gamechanger: das Team hat gelernt, selbstwirksam und gerecht zu arbeiten und mehr Anerkennung für die Teammitglieder aufzubringen. Die Werte, die Annik in ihrem Betrieb mit ihren Mitarbeitenden gefunden hat, stehen für sie über dem monetären Gewinn. Menschen und ihre Individualität hauchen dem Unternehmen erst die nötige Seele ein und können den Betrieb aufs nächste Level heben. Traut euch, den Mitarbeitenden die Eigenverantwortung zuzusprechen und in offener Kommunikation auch ehemalige Tabu-Themen wie das Gehalt zu behandeln. Falls ihr noch Fragen zu dem Thema habt, dürft ihr euch gerne bei Annik melden. The post Gehaltstransparenz: Wie das Offenlegen der Gehälter in bestehenden Teams gelingt und warum es dir bei der Mitarbeitergewinnung hilft – Deep Dive mit Annik Rauh auf der POW 2022 appeared first on gastromatic.

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