Meine Lieblingsverse der Bhagavad Gita

Die Bhagavad Gita ist eines der wichtigsten spirituellen Bücher des Hinduismus und enthält viele Weisheiten und spirituelle Erkenntnisse. Es gibt uns Antworten auf viele Lebensfragen, die wir uns stellen können, und beschreibt den Sinn dessen, was es bedeutet, ein menschliches Wesen zu sein. In diesem Text schaue ich mir meine Lieblingsverse der Bhagavad Gita zu 7 verschiedenen Themen an und überlege mir, was sie uns über das Leben und darüber hinaus lehren können. Bhagavad Gita Meine Lieblingsverse der Bhagavad Gita Die nun folgenden Übersetzungen aus dem Sanskrit sind aus der Englischen übersetzung Swami Sivanandas von meinem verstorbenen Freund Sumitra ins Deutsche übertragen worden, ich habe sie noch etwas angepasst. 2.42 „Blumige Worte finden die Unweisen, die an den rühmenden Worte der Veden gefallen finden, und sich sagen: Es gibt nichts anderes!“ 9.18. „Ich bin das Ziel, der Erhalter, der Herrscher, der Beobachter, die Wohnstatt, die Zuflucht, der Freund, der Ursprung, die Auflösung, die Grundlage, die Schatzkammer und der unvergängliche Same.“ 9.26. „Wer mir ein Blatt, eine Blume, eine Frucht oder ein wenig Wasser mit Hingabe darbringt, dessen so hingebungsvoll und mit reinem Geist gegebenes Opfer nehme Ich an.“ 3.19 „Daher tue ohne Verhaftung stets das, was getan werden muss; denn durch verhaftungsloses Handeln erreicht der Mensch das Höchste“ 6.29. „Wenn sein Geist durch Yoga harmonisch geworden ist, sieht er das Selbst in allen Wesen wohnen und alle Wesen im Selbst. Er sieht überall dasselbe.“ 13.29 „Derjenige sieht, der sieht, dass alle Handlungen allein von der Natur ausgeführt werden, und dass das Selbst handlungslos ist.“ 2.46 „Für den Brahmanen mit Selbsterkenntnis sind alle Veden ebensoviel wert wie ein Wasserbehälter an einem überfluteten Ort.“ Es gibt auch eine traditionelle Weise die Bhagavad Gita in 7 Verse zusammenzufassen, die „Sapta Sloki Gita“: Es sind die Verse: VIII.13, XI.36, XIII.14, VIII.9, XV.1, XV.15 und XVIII.65 Jedoch gefällt mir diese Aufstellung nicht wirklich, daherhabe ich nun selbst meine Lieblingsverse herausgesucht. Meine Lieblingsverse mit kurzer Interpretation Die sieben Verse enthalten die Grundlegenden Konzepte der Bhagavad Gita, es geht in den Versen jeweils um: Statement gegen Dogmatismus Was ist Gott? Bhakti Yoga – Weg der Hingabe Karma Yoga – Weg des Handelns Jnana Yoga – Weg der Erkenntnis Gunas – Wirkkräfte der Natur Loslassen von Konzepten 1. Statement gegen Dogmatismus 2.42 „Blumige Worte finden die Unweisen, die an den rühmenden Worte der Veden gefallen finden, und sich sagen: Es gibt nichts anderes!“ Krishna schimpft in der Bhagavad Gita des öfteren über Dogmatiker und Anhänger des Ritualismus der alten Veden. Genau wie die Bibel gilt es auch die alten indischen Texte nicht immer wörtlich zu nehmen, sondern zwischen den Zeilen zu lesen und zu abstrahieren. Swami Sivananda sagt: „Auch Teufel können aus den Schriften Zitieren!“ Die Bhagavad Gita vermittelt viele verschiedene Ansichten und Wege zum spirituellen Ziel, für den Suchenden ist es sehr wichtig verschiedene Wege miteinander zu vergleichen und keinem blind zu folgen. Noch wichtiger ist es, seinen eigenen Weg nicht für den einzig wahren zu halten, denn das grenzt ab und trennt. Ich stelle diesen Vers an die erste Stelle, weil ich genau dies für eines der großen Probleme der Menschheit halte. Krishna sagt hier, das eben die „unweisen“ mit rühmenden Worten von ihrer Wahrheit sprechen und alles andere ausschliessen. Dieses ein klares Statement gegen jeglichen Fundamentalismus. 2. Was ist Gott? 9.18. „Ich bin das Ziel, der Erhalter, der Herrscher, der Beobachter, die Wohnstatt, die Zuflucht, der Freund, der Ursprung, die Auflösung, die Grundlage, die Schatzkammer und der unvergängliche Same.“ Hier spricht Gott in Form von Krishna darüber, was er genau ist. Ähnlich wie im modernen Buch Gespräche mit Gott, spircht ja hier Krishna als verkörperung des Göttlichen zu uns. Es im Kontext des Hinduismus noch unzählige weitere Definitionen die Gott beschreiben, jedoch finde ich diese aus der Bhagavad Gita recht umfassend und klar. Diese 12 Punkte geben ein umfassendes Bild von Gott, wobei Gott natürlich jenseits aller Vorstellungen ist. Diese Worte sind wie Pfeile die auf etwas hindeuten, aber eben nicht die Wahrheit selbst. Um das Problem mit den Vorstellungen von Gott zu umgehen, gibt es im Christentum das Gebot „Du sollst dir kein Bild machen von Gott!“ Ich denke, dass „Gott“ keine Persönlichkeit ist, „es“ sich jedoch als solche offenbaren kann. Ich mag „Gott“ gerne als Variable „x“ benutzen, wo jeder sein eigenes Konzept einfügen kann. Hier die einzelnen Begriffe nochmals kurz erläutert: Ziel – Jeder Mensch möchte eins mit Gott sein oder es erkennen, ob man es weiß oder nicht. Erhalter – Gott ist die Kraft die das Universum erhält, dem können wir vertrauen. Krishna ist hier als Vishnu-Inkarnation der Aspekt des Erhalters innerhalb der Hinduistischen Trinität, den Trimurti. Herrscher/ Meister- Gott lenkt und kontrolliert alles, auch in uns in der Form des eigenen Selbst. Beobachter/ Zeuge- Gott ist reines Gewahrsein jenseits aller Manifestation. Wohnstatt/ Reich – Gott ist unser zuhause, das was wir wahrlich sind. Zuflucht – Gott ist unsere Zuflucht, das wo wir im inneren Trost finden. Freund – Gott ist unser liebster Freund, der immer für uns da ist. Ursprung/ Schöpfung – Gott ist die Kraft hinter dem Urknall, Schöpfer der Evolution. Auflösung/ Vernichtung – Gott ist nicht (nur) lieb, er ist auch für das vergehen zuständig. Grundlage allen Seins – Gott ist das Absolute, der Urgrund, das alldurchdringende. Schatzkammer/ Ruhestätte – Gott ist das allerinnerste und höchste in jedem Wesen. unvergänglicher Same – Gott hat unendliches Potential neues zu erschaffen. Wir finden in der Gita viele Verse die klar formulieren, dass Gott eine Wesenheit ist, nämlich Krishna. Zugleich gibt es aber auch Verse, die es als unpersönlich und gestaltlos beschreiben. Ich denke es ist wichtig den Begriff „Gott“ offen zu interpretieren und das Konzept nicht festzulegen, es hat wohl genug Kriege darüber gegeben! 3. Bhakti Yoga – Weg der Hingabe 9.26. „Wer mir ein Blatt, eine Blume, eine Frucht oder ein wenig Wasser mit Hingabe darbringt, dessen so hingebungsvoll und mit reinem Geist gegebenes Opfer nehme Ich an.“ Unabhängig davon was das Wort in jedem von uns für eine Bedeutung hat, also auch wenn wir atheistisch heran gehen und z.B. sagen Gott ist eine Energieform, die  Intelligenz hinter der Evolution o.ä., ist es aus spiritueller Sicht wichtig eine persönliche Beziehung zu diesem Göttlichen aufzubauen. In der Bhagavad Gita ist immer wieder die Rede von „Opfern und Dienen. Beide Worte haben in unserer Kultur einen faden beigeschmack, daher schlage ich vor statt „Opfern“ das Wort „Schenken“ zu nehmen, und statt „Dienen“ das Wort „Helfen“ einzusetzen. Krishna sagt also er nimmt jedes Opfer an, wenn es mit Hingabe „geschenkt“ wird. Swami Sivananda sagt in seinem Kommentar zu diesem Vers: „Du brauchst ihm keinen goldenen Tempel zu bauen, baue einen goldenen Tempel in deinem Herzen!“ Gott oder das Göttliche wird sich uns nach und nach offenbaren, wenn wir immer wieder mit ihm in Verbindung treten und bereit sind zu schenken, zu opfern, etwas darzubringen. Wenn, und das ist entscheidend, es mit tiefer Hingabe und aus ganzem Herzen und mit reinem Geiste geschieht. Das bedeutet wir Opfern Gott etwas (Blatt, Blume, Frucht und Wasser sind nur Symbole) ohne dafür etwas zu erwarten. 4. Karma Yoga – Weg des Handelns 3.19 „Daher tue ohne Verhaftung stets das, was getan werden muss; denn durch verhaftungsloses Handeln erreicht der Mensch das Höchste“ In diesem Vers steckt die Essenz des Karma Yoga, des Weges über die geistige Einstellung im alltäglichen Handeln. Das Karma Yoga ist wohl eines der wichtigsten Themen der Bhagavad Gita. Im letzten Vers wurde Bhakti Yoga erklärt, was letztlich bedeutet, all sein Handeln Gott zu schenken und ihm zu helfen sich auszudrücken. Im Karma Yoga geht es nun vor allem darum, alles was man von Gott bekommt, also quasi jede Erfahrung die man macht, nicht als Frucht seines Handelns zu betrachten, sondern als Geschenk von Gott. So kommen wir zu einer Win-Win Situation: Wir schenken alles Gott und bekommen dafür alles von Gott zurück. Dadurch lösen wir uns nach uns nach von den Identifikationen die wir mit unserem Körper und vor allem unseren Gedanken haben. Wir lösen uns von den Identifikationen kommen mehr und mehr zum wahren Selbst. Verhaftungslos handeln bedeutet stets zu tun was vor der Nase liegt, unser bestes zu geben zum Wohle aller Beteiligten und dann eben zu akzeptieren und dankend anzunehmen was wir bekommen. Ich denke Karma Yoga ist für eine tiefgreifende spirituelle Transformation entscheidend, denn hierdurch wird das Ego transzendiert. 5. Jnana Yoga – Weg der Erkenntnis 6.29. „Wenn sein Geist durch Yoga harmonisch geworden ist, sieht er das Selbst in allen Wesen wohnen und alle Wesen im Selbst. Er sieht überall dasselbe.“ Nachdem in den letzten beiden Versen die Essenz von Bhakti- und Karma Yoga vermittelt wurde, wird hier das Ziel und der Weg des Jnana Yoga vermittelt. Wenn also durch die Praxis des Yoga im weitesten Sinne der Geist zur Harmonie gekomen ist, kann erkannt werden. Dann kann das Einehitsbewussstsein offenbart werden, welches Krishna hier so schön beschreibt. Aus der Sichtweise des Jnana Yoga ist alles eins, ist die Welt Nondual und überall das Selbe als höchste Wirklichkeit zu sehen ist das Ziel. Auch Srila Prabhupada übersetzt in diesem Sinne: „Ein wahrer Yogi sieht Mich in allen Wesen und alle Wesen in Mir. Wahrlich, die selbstverwirklichte Seele sieht Mich überall.“ Also das höchste Ziel ist die Verwirklichung dieses Einheitsbewusstseins, also zu erkennen das der Wesenskern des Selbst mit allem verbunden ist und man niemald  getrennt war. So formulieren es die Jnanayogis, wohingegen ein Bhakta nicht das Ziel hat eins mit allem (Gott) zu werden, sondern Gott in allem zu sehen und diesem zu dienen. Ich denke es ist beides das Selbe, nur eben eine andere Formulierung. Dorthin kommen wir durch die Praxis des ganzheitlichen Yoga. 6. Gunas – Wirkkräfte der Natur 8.29 „Derjenige sieht, der sieht, dass alle Handlungen allein von der Natur ausgeführt werden, und dass das Selbst handlungslos ist.“ Dieses ist auch wieder eine sehr vedantische Sichtweise, die letztlich auch der Samkhya-Lehre kommt und auch Grundlage anderer Philosphien Indiens ist. Es wird gesagt das wahre Selbst ist z.B. Stille, Frieden, Sein, Bewusstsein, Bewegungslos, Liebe, etc. und dadurch ist es auch alldurchdringend, unbeschreibbar, untätig und alles übersteigend. Das Selbst ist immer Subjekt und niemals Objekt, es ist das Gewahrsein an sich und ist nichts was man beobachten oder wahrnehmen kann. Also tut das Selbst nichts, sondern die Wirkkräfte oder Eigenschaften der Natur sind es die Handeln. Es sind diese Gunas, die das ganze manifeste Universum durchdringen und lenken. Das Selbst ist handlungslos und lediglich sehend, so sagt es Krishna hier, und nur dann sehen wir tatsächlich, wenn wir selbst nicht mit dem Geschehen identifiziert sind. 7. Loslassen von Konzepten Meinen Lieblingsverse kommen zum Abschluss mit meinem absoluten Favoriten. 2.46 „Für den Weisen mit Selbsterkenntnis ist alles Wissen ebensoviel wert wie ein Wasserbehälter an einem überfluteten Ort.“ Letztlich ist jede Praxis und jede Theorie im Sinne des Yoga nur Mittel zum Zweck. Jedes Konzept welches wir aus heiligen Texten oder von Meistern übernehmen sind wie eine Brücke um zum Ziel zu kommen, aber sie sind weder die Wahrheit noch die Wirklichkeit. Um zur höchsten Erkenntnis oder zur letzten Befreiung zu gelangen, müssen wir alle Vorstellungen, Konzepte, und Denkweisen loslassen, denn diese berschränken den Blick auf das Unbeschreibliche.Wenn wir die Selbsterkenntnis erlangt haben, wird alles andere wertlos, weil alles Eins ist.  Allerdings ist es gut auch dann gängige Konzepte und Terminologien zu benutzen, um damit nicht noch mehr Verwirrung zu schaffen. Meine Lieblingsverse kommen zu Ende, wieder mit einer Widmung an engstirnige Intellektuelle, die nicht zum Ziel kommen werden, wenn sie weiter an ihren starren Denkweisen festhalten. Noch mehr gute Verse Insgesamt gibt es 700 Verse in der Gita, die mehrzahl davon enthalten tiefe philosophische Botschaften, es wat wirklich schwierig, meine Lieblingsverse herauszusuchen! Die folgenden Bhagavad Gita Verse kamen auch in die engere Auswahl und sind aus meiner bescheidenen Sicht auch sehr wichtig, ich werde sie an anderer Stelle nochmals Kommentieren: 18.66. „Gib alle Vorstellungen von Dharma (Pflicht, Religion, Tugend, Gesetz) auf und suche Zuflucht nur bei Mir alleine: Ich werde dich von allen schlechten Taten befreien; sorge dich nicht“ 3.19 „Daher tue ohne Verhaftung stets das, was getan werden muss; denn durch verhaftungsloses Handeln erreicht der Mensch das Höchste.“ 7.24. „Die Törichten meinen, Ich, das Unmanifestierte, hätte Erscheinungsformen, da sie Mein höheres unveränderliches und überaus erhabenes Wesen nicht kennen.“ 6.35. „Zweifellos, Oh mächtig bewaffneter Arjuna, der Geist ist schwer zu beherrschen und ruhelos. Aber durch Abhyasa und Vairagya kann er bezähmt werden.“ 4.18. „Wer Akarma in Karma sieht und Karma in Akarma, ist weise unter den Menschen; er ist ein Yogi und führt alle Handlungen aus.“ 12.05. „Schwieriger ist es für Menschen, deren Geist auf das Nichtmanifeste gerichtet ist; denn das Ziel, das Nichtmanifeste, ist für den Verkörperten sehr schwer zu erreichen.“ Ich habe viele Versionen der Gita angeschaut und teils gelesen. Diese hier kann ich empfehlen. Allerdings ist sie auf hohem intellektuellem Niveau geschrieben, ich habe nicht alles verstanden.

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