Laut dem Amtsgericht Prenzlau besteht seitens des Betroffenen eines Geschwindigkeitsvorwurfs ein Anspruch gegenüber der Bußgeldbehörde auf Übersendung des Beschilderungsplans an dessen Verteidiger Beschluss In derBußgeldsache gegenXXX Verteidiger:Rechtsanwalt Matthias Kiunka wegenVerkehrsordnungswidrigkeit Geschwindigkeitsüberschreitungaußerhalb geschlossener Ortschaften hat dasAmtsgericht Prenzlau durch den Richter am Amtsgericht XXX am 27.07.2018beschlossen: I. Der Zentraldienst der Polizei des Landes Brandenburg Zentrale Bußgeldstelle Gransee wird angewiesen, dem Verteidiger eine Kopie des für den Messtag 17.03.2018 gültigen Beschilderungsplans für die Messstelle auf der Bundesautobahn 11, km 87,4 in Fahrtrichtung Kreuz Uckermark durch Übersendung an die Kanzleianschrift zur Einsicht zur Verfügung zu stellen. II. DieKosten des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung und die notwendigenAuslagen des Betroffenen insoweit hat die Landeskasse zu tragen. Gründe I. Der zulässigeAntrag auf gerichtliche Entscheidung ist begründet. DerAntrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 Abs. 1 OWiG ist zulässig.Bei der Versagung von Akteneinsicht im Zwischenverfahren handelt essich um eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde, der eine selbstständigeBedeutung zukommt und nicht nur der Vorbereitung einer das Bußgeldverfahrenabschließenden Entscheidung dient (Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz,Aufl., § 62 Rn. 3). Die Akteneinsicht dient der Wahrnehmung der Rechtedurch den Betroffenen, nicht hingegen der Verfahrensfortführung durchdie Verwaltungsbehörde. Zwar kann gegen die Versagung der Akteneinsichtgemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 147 Abs. 5 S. 1 StPO nur dann gerichtliche Entscheidungbeantragt werden, wenn diese nach dem Vermerk der Verwaltungsbehördeüber den Abschluss der Ermittlungen in den Akten (§ 61 OWiG) erfolgteoder die Verweigerung die Einsicht in Niederschriften über die Vernehmungdes Betroffenen und über solche Untersuchungshandlungen, bei denendem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattetwerden müssen, sowie Gutachten von Sachverständigen betraf (KarlsruherKommentar Kurz, Ordnungswidrigkeitengesetz, 3. Aufl., § 60 Rn. 103).Doch ist vorliegend trotz des Fehlens eines aktenkundigen Vermerks nach §61 OWiG der Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung zulässig, da fürdie Verwaltungsbehörde durch den Erlass des Bußgeldbescheides die Ermittlungenin tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht abgeschlossen waren (vgl.Karlsruher Kommentar, ebd. § 61 Rn. 2) und die Rechte des Betroffenendann nicht dadurch eingeschränkt werden können, dass die Verwaltungsbehördeden von ihr angenommenen Abschluss der Ermittlungen nicht auch formalin der Akte vermerkte.DerAntrag ist begründet. Dem Betroffenen steht über seinen Verteidigergemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 147 Abs. 1 StPO ein recht auf Einsicht in den fürden Messtag geltenden Beschilderungsplan der Messstelle durch Übersendungeiner Kopie an den Verteidiger zu. a) DasRecht auf Akteneinsicht bezieht sich auf die Akten des Bußgeldverfahrens.Hierzu gehören sämtliche verfahrensbezogene Unterlagen der Verwaltungsbehörde,die zu den Akten genommen worden sind, auf die der Vorwurf in tatsächlicherund rechtlicher Hinsicht gestützt wird (Göhler, ebd., § 60 Rn. 49 m. w.N.). Die betrifft alle seit Beginn der Ermittlungen wegen des Verdachtseiner Ordnungswidrigkeit gesammelten be- und entlastenden Schriftstückebzw. solcher Unterlagen u. ä., die gerade für das Verfahren geschaffenworden sind oder dem Gericht vorzulegen wären (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, Aufl., § 147 Rn. 13 ff.m. w. N.). Auch beigezogene Akten anderer Behördensind von dem Einsichtsrecht erfasst. Aus dem Grundsatz derAktenvollständigkeit ergibt sich, dass Unterlagen (Schriftstücke sowieTon- und Bildaufnahmen), die für den Betroffenen als belastend oder entlastendvon Bedeutung sein können, den Akten nicht ferngehalten werden dürfen, dadies eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bedeuten würde.Nicht zu den Akten gehören dagegen Handakten und andere innerdienstlicheVorgänge, die im Fall des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid derStaatsanwaltschaft nicht vorzulegen wären (Göhler, a. a. O.). b) DemBetroffenen steht entsprechend dieser Grundsätze ein Anspruch auf Einsichtin den Beschilderungsplan durch seinen Verteidiger zu (vgl. AG BadKissingen ZfSch 2006, 706). Auch wenn dieser bislang kein Bestandteil derAkte ist, kann der Beschilderungsplan aus dem Grundsatz der Aktenvollständigkeitnicht ferngehalten werden. Aus dem Beschilderungsplan können der Verteidigerund der Betroffene entnehmen, welche zulässige Höchstgeschwindigkeitdurch die zuständige Behörde tatsächlich für den Messbereich angeordnetwar. c) Aufgrundder weiten räumlichen Entfernung des Kanzleisitzes des Verteidigers inMinden zu dem Sitz der Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburgin Gransee in Abwägung zu der geringeren Bedeutung der vorgeworfenenOrdnungswidrigkeit besteht aus Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen derAnspruch, dass der Beschilderungsplan in Kopie zur Einsicht dem Verteidigerübersandt wird. III. Die Kostenentscheidungberuht auf §§ 62 Abs. 2 S. 2 OWiG, 467 Abs. 1 StPO.The post Amtsgericht Prenzlau, Beschluss vom 27.07.2018, Az. 21 OWi 3422 Js-Owi 29660718 (721/18) first appeared on Rechtsanwalt Matthias Kiunka.
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